37286.fb2 Alexander K?nig von Asien - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 35

Alexander K?nig von Asien - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 35

»Allerdings.«

»Sehnst du dich manchmal nach dieser Zeit zurück?«

»Nein, aber ich denke gern daran. Wir beide alleine gegen den Rest der Welt. . .« Alexander fuhr seinem Freund mit der Hand durchs Haar und zerzauste es. »Heute ist alles anders, und ich frage mich manchmal, ob wir so etwas wohl je wieder unternehmen werden.«

»Was?«

»Eine Reise wie damals, nur du und ich.«

»Wer kann das sagen, mein Freund?«

Hephaistion kniete nieder und stocherte mit seinem Schwert in der Glut, um das Feuer ein wenig anzufachen, und dabei sah Alexander den kleinen Gegenstand glänzen, den er an einer Kette um den Hals trug: es war ein winziger, in Gold gefaßter Zahn. Alexander konnte sich noch gut daran erinnern, wie er ihn Hephaistion als Pfand ewiger Freundschaft geschenkt hatte.

»Bis zum Tod?« hatte Hephaistion gefragt.

»Bis zum Tod«, hatte er geantwortet.

In diesem Moment hallte der Ruf eines Wachtposten durch die Nacht, der sein Losungswort an die Kameraden rechts und links von ihm weitergab. Hephaistion erhob sich, um seinen Rundgang fortzusetzen. Alexander sah ihn in der Dunkelheit verschwinden und hatte die deutliche Empfindung, daß, wenn sie beide in Zukunft noch einmal ganz alleine eine Reise unternehmen sollten, dies nur eine Reise in mysteriöse, von Finsternis umfangene Gefilde sein konnte.

Er versank erneut in Gedanken, bis die Rufe der zweiten Wachablösung erklangen. Gleichzeitig hörte er Schritte näher kommen, und wenig später stand Eumenes neben ihm. Es mußte kurz nach Mitternacht sein.

»Setz dich«, sagte Alexander und rieb sich den Schlaf aus den Augen.

Der »Generalsekretär« ließ sich am Feuer nieder und starrte in die Flammen.

»Was schaust du so?« fragte der König.

»Das Feuer gefällt mir nicht«, erwiderte Eumenes.

Alexander hob verwundert den Kopf: »Warum? Was ist damit?«

»Die Flammen züngeln jetzt in unsere Richtung. Der Wind hat gedreht, er bläst vom Meer her.«

»Wie jede Nacht, wenn ich nicht irre.«

»Schon, aber in dieser Nacht ist es anders.«

Alexander sah ihn an, als ihm plötzlich ein schrecklicher Gedanke durch den Kopf schoß, und da bestätigte ein gellender Alarmschrei zu seiner Rechten auch schon die böse Ahnung: Der große Holzturm brannte.

»Und dort drüben ist noch ein Feuer!« schrie Eumenes und deutete mit dem Finger auf ein Haus, ungefähr hundert Fuß von ihnen entfernt.

Von links kam die Stimme Perdikkas': »Alarm! Alarm! Feuer!«

»Die wollen uns rösten!« keuchte Lysimachos, der in diesem Moment angelaufen kam. »Sie haben alle Häuser hinter der Bresche und entlang der Backsteinmauer angezündet. Und der Holzturm brennt wie eine Fackel. Da, schaut!«

Alexander sprang auf: Memnon spielte im Vertrauen auf günstigen Wind seine letzte Trumpfkarte aus. »Schnell!« brüllte er. »Wir müssen verhindern, daß sie noch mehr Feuer legen. Laßt unsere Sturmtruppen, die Gardisten, die Thraker und die Agrianer ausschwärmen. Bringt jeden um, den ihr beim Zündeln erwischt!«

Unterdessen waren auch die anderen Kameraden - Seleukos, Philotas, Leonnatos und Ptolemaios - herbeigeeilt, um Alexan-ders Befehle entgegenzunehmen.

»Hört her!« brüllte der König, und er mußte sehr laut brüllen, um das Prasseln der Feuersbrünste zu übertönen, die der Wind inzwischen rings um sie herum angefacht hatte. »Seleukos und Leonnatos, ihr nehmt die Hälfte der Pezetairoi, durchquert mit ihnen das brennende Stadtviertel und stellt euch auf der anderen Seite davon auf: Wir müssen einen Gegenangriff verhindern. Denn es ist ja ganz offensichtlich, daß sie die Bresche wieder unter ihre Kontrolle bringen wollen. Ptolemaios und Philotas, ihr stellt die übrigen Truppen hinter der Bresche auf und besetzt sämtliche Stadttore! Ich wünsche keine bösen Überraschungen von hinten. Lysimachos, du bringst die Wurfgeschütze und Katapulte in Sicherheit, bevor sie unter dem zusammenstürzenden Turm begraben werden! Und jetzt, nichts wie los!«

Memnons Holzturm brannte mittlerweile lichterloh und das Feuer war mit dem immer stärker blasenden Wind bis an den östlichen Teil der Mauerbresche gewandert. Die Hitze wurde unerträglich, aber der Schein der riesigen Fackel erhellte die Dunkelheit jenseits der Mauer, so daß die agrianischen Bogenschützen es leicht hatten, die Brandstifter auszumachen und mit ihren Pfeilen zu durchbohren. Lautes Knacken im unteren Teil des Turmes kündete den bevorstehenden Einsturz an, und da fiel das riesige Holzgerüst auch schon wie ein Kartenhaus in sich zusammen - freilich unendlich viel lauter und vom Aufsteigen einer Rauchsäule begleitet, die höher war als alle anderen Türme und Gebäude der Stadt.

Alexander mußte sich aufgrund der Hitze von seinem Beobachtungsposten zurückziehen, aber er richtete sich im nächsten Turm der Stadtmauer, in der Nähe einer Pforte, ein, von wo er die Lage ebenfalls übersehen und kontrollieren konnte. Von hier schickte er Melder in alle Teile der Stadt aus und erhielt laufend Nachricht über den Stand der Ereignisse.

Er befahl Lysimachos, die Katapulte in Betrieb zu nehmen und die Häuser, in deren Nähe es brannte, zu zerstören, um das Feuer zu ersticken. Schon wenige Augenblicke später schleuderten die Kriegsmaschinen einen Hagel von Steinbrocken über die Mauer.

Das Chaos und der Lärm dieser infernalischen Nacht wurden noch schlimmer, aber Alexanders Maßnahmen stellten sich als richtig heraus. Seine Sturmtruppen und die Agrianer konnten nach und nach allen Brandstiftern das Handwerk legen, und das schwerbewaffnete Fußvolk, das jenseits des brennenden Stadtviertels Stellung bezogen hatte, verhinderte von vornherein jeden noch so schüchternen Angriffsversuch der persischen Truppen und der Söldner Memnons.

Eumenes hatte unterdessen Pioniere aus dem Lager kommen lassen, die zu Hunderten Sand, Staub und Kies auf die letzten Brandherde schaufelten; der Großteil von ihnen war längst eingedämmt und unter Kontrolle gebracht. Memnons Holzturm, der seine Erbauer soviel Schweiß gekostet hatte, war nur noch ein Haufen Glut und Asche, aus dem hier und da ein verkohlter Balken starrte.

Die ersten Sonnenstrahlen des anbrechenden Morgens trafen die goldene Quadriga auf dem monumentalen Grabmal von Karia Mausolo, während die übrige Stadt noch ganz im Schatten lag. Und je höher sich das glühende Gestirn über die umliegenden Berge erhob, desto weiter glitt sein Lichtkegel an dem herrlichen Bauwerk hinab, an seiner großen Stufenpyramide, an dem bunten Fries von Skopas und Bryaxis, an der prächtigen Kolonnade mit ihren vergoldeten ionischen Kapitellen und den golden und purpurrot bemalten Säulenschäften.

Inmitten dieser Licht- und Farbenpracht mutete die unheimliche Stille über Halikarnassos geradezu gespenstisch an. War es denn möglich, daß nicht einmal die Mütter ihre in der Schlacht gefallenen Söhne beweinten?

»Ist das möglich?« fragte Alexander seinen neben ihm stehenden Sekretär.

»Ja«, erwiderte Eumenes. »Einen Söldner beweint niemand. Er hat weder Vater noch Mutter, ja nicht einmal Freunde. Er hat nichts als seine Lanze, mit der er sich sein Brot verdient - härter und bitterer als irgend jemand sonst.«

30

»Alexander, wir warten auf deine Befehle«, sagte Ptole-maios, der sich in diesem Moment zu ihnen gesellte.

»Du, Perdikkas und Lysimachos, ihr teilt die Sturmtruppen und die Gardisten unter euch auf und durchkämmt systematisch die ganze Stadt. Die griechischen Hopliten und unsere Pezetairoi folgen euch nach. Stöbert alle bewaffneten Männer auf, die noch am Leben sind, vor allem aber Memnon!« »Was sollen wir mit ihm machen, falls wir ihn finden?« »Zu mir bringen, ohne ihm ein Haar zu krümmen!« »In Ordnung«, Ptolemaios nickte und ging, um seine Kameraden zu benachrichtigen.

Der König zog sich unter das Schutzdach einer Kasematte entlang der Mauer zurück, von der aus man einen ganz guten Blick auf Halikarnassos hatte. Hier wartete er in Gesellschaft Eumenes' auf Nachricht. Schon wenig später schickte Ptole-maios ihm durch einen Melder folgende Botschaft:

»Der Satrap Orontobates, der Tyrann Pixodaros und die persische Garnison haben sich in den beiden Festungen am Hafen verschanzt. Da es dort keinen Platz für unsere Belagerungsmaschinen gibt, können wir die Festungen nicht einnehmen. Von Memnon bislang keine Spur. Ich warte auf weitere Order.«

Alexander ließ sich Bukephalos bringen und ritt auf Straßen mit verrammelten Türen und Fenstern durch eine menschenleere Stadt. Die Bewohner von Halikarnassos hatten sich aus Angst in ihre Häuser eingeschlossen. Als er schon die beiden Festungen rechts und links der Hafeneinfahrt sehen konnte, kam Perdikkas ihm entgegen.

»Was sollen wir machen, Alexander?«

Der König betrachtete die beiden mächtigen Bollwerke und drehte sich dann nach der Stadtmauer um.

»Wir schaffen Platz für unsere Belagerungsmaschinen: Zerstört alle Häuser auf der linken Seite dieser Straße und ebenso sämtliche Gebäude im Hafengebiet; danach plaziert ihr die Maschinen hinter den beiden Festungen. Die Perser müssen lernen, daß es keine Mauer und keine Bastion gibt, die sie vor uns schützen kann. Vielleicht begreifen sie dann, daß es endgültig Zeit ist abzuziehen.«

Perdikkas nickte, sprang auf sein Pferd und ritt in den niedergebrannten Stadtteil, um sich dort Pioniere zu holen, die noch in der Lage waren zu arbeiten. Er mußte sie mit Trompetengeschmetter wecken, denn die meisten waren vor Erschöpfung an Ort und Stelle eingeschlafen.

Der oberste Kriegsbaumeister - ein Thessaler namens Diades -ließ die beiden obersten Plattformen eines Belagerungsturms abmontieren, um sie als Unterlagen für Rammböcke benützen zu können, und Eumenes ließ gleichzeitig die Gebäude räumen, die zerstört werden sollten.

Als den Bürgern von Halikarnassos klar wurde, daß Alexander weder Blutbäder noch Vergewaltigungen oder Plünderungen erlaubte, kamen sie nach und nach aus ihren Häusern -zuerst die Kinder, neugierig, was der große Aufruhr in ihrer Stadt wohl zu bedeuten habe, dann die Frauen und zuletzt die Männer.

Das Zerstörungswerk fiel jedoch schlimmer aus als geplant, denn die meisten Gebäude waren dicht aneinander gebaut, so daß ein Haus beim Einsturz meistens auch die Nachbarhäuser mit sich riß. Möglich, daß sich aus diesem Grund später das

Gerücht verbreitete, Alexander habe Halikarnassos dem Erdboden gleichmachen lassen.

Innerhalb von vier Tagen wurde ein schmaler Streifen Land von Trümmern geräumt; er war ausreichend breit, um die Belagerungsmaschinen unmittelbar an die Mauern der Festungen am Hafen heranzuführen. Alexanders Männer begannen sofort mit der Zertrümmerung der Bollwerke, doch in der Nacht gelang es Memnon, Orontobates und Pixodaros, mit einer Schar Soldaten auf Schiffen zu entkommen und sich der persischen Flotte anzuschließen, die weiter nördlich vor Chios kreuzte. Die überlebenden griechischen Söldner hingegen verschanzten sich auf der Akropolis, die aufgrund ihrer Lage praktisch uneinnehmbar war.

Alexander wollte keine Zeit damit verschwenden, sie dort aufzustöbern, zumal er wußte, daß sie letztendlich gar keine andere Wahl hatte, als sich zu ergeben, denn seine Truppen umzingelten die Akropolis von allen Seiten. Vorsichtshalber ließ er rings um die Zitadelle noch einen Schützengraben ausheben. Dann beauftragte er ein paar Offiziere niedrigeren Ranges damit, den Graben zu bewachen und die Kapitulation der eingeschlossenen Griechen abzuwarten.