37286.fb2 Alexander K?nig von Asien - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 36

Alexander K?nig von Asien - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 36

Am selben Abend versammelte der König seinen Befehlsstab im öffentlichen Versammlungssaal von Halikarnassos. Kal-listhenes, der gebeten hatte, an der Besprechung teilnehmen zu dürfen, war auch dabei. Während man heftig darüber diskutierte, was mit der Stadt geschehen sollte, ließ sich eine Delegation hoher Bürger anmelden, die mit dem König sprechen wollten. Doch der König zeigte sich abweisend.

»Denen traue ich nicht«, sagte er. »Ich will sie nicht sehen.«

»Aber du mußt die politische Ordnung dieser Stadt festlegen, die - wie wir alle wissen - zu den bedeutendsten in Asien gehört«, sagte Parmenion.

»Warum führst du nicht ein demokratisches System ein wie in Ephesos?« schlug Kallisthenes vor.

»Damit Onkel Aristoteles zufrieden ist?« spöttelte Ptolemaios.

»Was hast du dagegen?« erwiderte Kallisthenes gereizt. »Die Demokratie ist nun einmal die gerechteste und ausgewogenste Regierungsform für eine Stadt, sie .. .«

Ptolemaios ließ ihn nicht ausreden: »So viel hat diese Stadt überhaupt nicht verdient! Ist dir klar, daß wir vor ihren Mauern mehr Männer verloren haben als bei der Schlacht am Granikos? Also, wenn ihr mich fragt. . .«

»Ptolemaios hat recht!« schrie Leonnatos. »Es wird Zeit, daß diese Leute begreifen, wer hier am Ruder sitzt! Sie haben uns Schaden zugefügt - jetzt sollen sie gefälligst dafür bezahlen!«

Die Diskussion wäre bestimmt in einen Streit ausgeartet, hätte man in diesem Moment nicht seltsame Geräusche vor der Tür gehört - Stimmengemurmel und das Scharren von Füßen. Eu-menes ging nachschauen und flüsterte Alexander dann etwas ins Ohr. Der König lächelte.

»Hat jemand Lust auf Plätzchen?« fragte er und erhob sich. Die Versammelten verstummten mit einem Schlag und machten ratlose Gesichter.

»Soll das ein Witz sein?« fragte Leonnatos in die betretene Stille hinein. »Was fangen wir jetzt mit Plätzchen an? Ich würde auf der Stelle einen viertel Ochsen verdrücken!«

Er hatte kaum ausgesprochen, als sich die Tür öffnete und Königin Ada, Alexanders Adoptivmutter, mit großem Pomp Einzug hielt. Es folgte ihr eine ganze Prozession von Köchen mit riesigen Tabletts, auf denen sich knusprige Plätzchen türmten.

Leonnatos brachte vor Staunen den Mund gar nicht mehr zu; Eumenes griff nach einem Plätzchen und steckte es ihm zwischen die Zähne:

»Hier, iß und sei still!«

»Liebe Mutter, wie geht es dir?« fragte Alexander, indem er Ada mit ausgebreiteten Armen entgegeneilte. »Schnell, bringt einen Sessel für die Königin. Was für eine Überraschung! Ich hätte nie geglaubt, daß wir uns ausgerechnet heute wiedersehen.«

»Na ja, ich dachte, nach den Mühen der letzten Tage wirst du meine Plätzchen sicher nicht verschmähen«, erwiderte Ada halb scherzhaft, halb im Ernst. »Außerdem wollte ich mich persönlich davon überzeugen, daß du meine Stadt nicht gar zu schlecht behandelst.«

Der König nahm sich ein Plätzchen und begann daran zu knabbern.

»Die schmecken wunderbar, Mama; ich hätte sie das letzte Mal nicht zurückschicken sollen«, sagte er lächelnd. »Und was deine Stadt betrifft: Wir waren gerade dabei, über ihr Schicksal zu beraten. Aber jetzt, wo ich dich sehe, ist mir eine fabelhafte Idee gekommen .. .«

»Und die wäre?« fragte Ada.

»Ich ernenne anstelle von Orontobates einfach dich zum Satrapen von Karien, mit voller Befehlsgewalt auch über Hali-karnassos und das ganze umliegende Gebiet. Und meine Generäle werden dafür sorgen, daß man dir auch folgt.«

Kallisthenes schüttelte den Kopf, als wolle er sagen: »So ein Unsinn!«, doch Königin Ada war gerührt: »Vielen Dank für die Ehre, lieber Sohn. Ich weiß jedoch nicht, ob . . .«

»Aber ich weiß es«, fiel Alexander ihr ins Wort. »Ich weiß, daß du eine ausgezeichnete Herrscherin sein wirst und daß ich mich voll und ganz auf dich verlassen kann.«

Er ließ die alte Dame auf seinem Ehrensitz Platz nehmen und wandte sich dann an Eumenes:

»Jetzt kannst du die Stadtdelegation hereinlassen. Halikar-nassos muß ja schließlich erfahren, von wem es ab morgen regiert wird.«

Die Säuberung der Stadt war noch im Gange, als der Maler Apelles eintraf. Der große Meister hatte es eilig, dem jungen König zu huldigen und ihm einen Vorschlag zu unterbreiten:

»Herr, ich glaube, daß der Moment gekommen ist, dich so darzustellen, wie du es verdient hast: mit den Attributen eines Gottes nämlich.«

»Meinst du?« Alexander hatte Mühe, ein Grinsen zu unterdrücken.

»Ja, allerdings. Und da ich mir sicher war, daß du aus dem Kampf um Halikarnassos als Sieger hervorgehen würdest, habe ich bereits eine kleine Skizze angefertigt, die ich mir erlaube, dir vorzulegen. Das fertige Bild wird natürlich viel größer ausfallen - ich möchte es auf eine Tafel von zehn mal zwanzig Fuß malen.«

»Zehn mal zwanzig Fuß?« wiederholte Leonnatos in vorwurfsvollem Ton, denn es kam ihm wie ein Frevel vor, soviel Holz und Farbe zu verschwenden - vor allem, wenn man bedachte, daß Alexander von der Statur her alles andere als ein großer Mann war.

Apelles warf dem Tadler einen vernichtenden Blick zu: Er hatte den rothaarigen Leonnatos mit seinen Sommersprossen schon immer für einen ungebildeten Barbaren gehalten. Dann wandte er sich erneut an Alexander: »Herr, ich mache dir diesen

Vorschlag aus gutem Grund: Deine asiatischen Untergebenen sind es gewöhnt, von höheren Wesen regiert zu werden, von Herrschern, die den Göttern nahestehen und sich als solche darstellen lassen. Ich hatte also gedacht, dich mit den Attributen des Zeus darzustellen: Adler und Blitz.«

»Apelles hat recht«, meinte Eumenes, der ebenfalls im Raum war und zusammen mit Leonnatos die Skizze des Malers betrachtete. »Die Asiaten pflegen ihre Herrscher als übermenschliche Wesen zu betrachten. Warum sollten sie es mit dir anders machen?«

Alexander zuckte mit der Schulter. »Darf ich mal fragen, was mich diese Vergöttlichung kosten würde?« meinte er.

»Na ja«, erwiderte Apelles kopfwiegend, »ich denke, so um die zwei Talente .. .«

»Zwei Talente? Aber lieber Freund, mit zwei Talenten kaufe ich einen Monat lang Brot, Oliven und Salzfisch für meine Soldaten.«

»Herr, diese Art Erwägungen sollten einen großen König eigentlich nicht interessieren . . .«

»Einen großen König nicht«, wurde er von Eumenes unterbrochen, »aber seinen Sekretär sehr wohl. Wenn unsere Leute schlecht oder nicht genug zu essen bekommen, rücken sie nämlich mir auf den Leib!«

Alexanders Blick wanderte von Apelles zu Eumenes, dann zu der Zeichnung und schließlich wieder zu Apelles zurück. »Sicher. . .«

»Gefällt dir das Bild etwa nicht? Du mußt es dir in seiner ganzen Größe vorstellen, mit leuchtenden Farben, dem grellen Blitzstrahl in deiner rechten Hand . . . Wer würde es wagen, so einen jungen Gott je wieder anzugreifen?«

In diesem Moment kam Kampaspe herein, ging auf Alexander zu, umarmte ihn und küßte ihn auf den Mund. »Mein Herr«, hauchte sie, indem sie sich so fest an ihn drängte, daß ihre harten Brustwarzen gegen seine Brust drückten wie die eisernen Köpfe der Rammböcke gegen eine Stadtmauer. Ihr Blick sagte ihm außerdem, daß er nach wie vor völlig über sie verfügen konnte.

»Meine süße Freundin, es ist mir immer ein Vergnügen, dich wiederzusehen«, erwiderte Alexander etwas ausweichend.

»Ein Vergnügen, das du haben kannst, wann immer du möchtest«, flüsterte sie ihm ins Ohr und liebkoste es dabei mit ihrer feuchten Zungenspitze.

Der König, dem die Situation etwas peinlich war, löste sich von ihr und wandte sich erneut an den Maler: »Ich muß mir die Sache noch etwas durch den Kopf gehen lassen«, sagte er. »Eine so große Ausgabe will reiflich überlegt sein. In jedem Fall erwarte ich euch zum Abendessen.«

Beim Hinausgehen begegneten der Maler und seine Muse Ptolemaios, Philotas, Perdikkas und Seleukos, die kamen, um Alexanders weitere Pläne zu erfahren.

Der König ließ sie um einen Tisch herum Platz nehmen, auf dem er seine große Landkarte ausgebreitet hatte. »Hört, was ich vorhabe«, begann er. »Als erstes lassen wir unsere Belagerungsmaschinen zerlegen und auf Karren nach Tralleis schaffen, Parmenion wird sie dort vielleicht brauchen - er soll nämlich ins Landesinnere vordringen und sicherstellen, daß alle Gebiete entlang des Mäander und des Hermos sich uns unterwerfen; wenn eine Stadt Widerstand leistet, kann er die Maschinen einsetzen.«

»Und was ist mit uns?« fragte Ptolemaios.

»Ihr kommt mit mir. Wir ziehen an der Küste entlang durch Lykien nach Pamphylien.« Alexander fuhr mit einem Zeigestock die geplante Marschroute auf der Karte nach.

Eumenes starrte ihn entgeistert an; ein Blick in die Gesichter der anderen Kameraden sagte ihm, daß keiner von ihnen begriffen hatte, was sie da erwartete.

»Du willst allen Ernstes da runter?« fragte er.

»Ja«, erwiderte Alexander.