37286.fb2 Alexander K?nig von Asien - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 51

Alexander K?nig von Asien - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 51

Der König grüßte sie gerührt mit der Hand und vor allem mit dem Blick.

»Wir kontrollieren jetzt halb Anatolien«, sagte Parmenion. »Kein Grieche hat je ein so großes Gebiet erobert - nicht einmal Agamemnon. Was mich jedoch mißtrauisch macht: Die Perser schauen tatenlos zu. Am Granikos waren es die Gouverneure von Phrygien und Bithynien, die uns aus eigener Initiative entgegengetreten sind - freilich wäre ihnen auch gar keine Zeit geblieben, den Großkönig vorher um Rat zu fragen.

Aber inzwischen muß Dareios eine Entscheidung getroffen haben, und deshalb verstehe ich diese Ruhe nicht: kein Angriff, kein Hinterhalt.. . nicht einmal ein Verhandlungsangebot.«

»Besser so«, erwiderte Alexander. »Ich würde sowieso nicht darauf eingehen.«

Parmenion schwieg; mittlerweile kannte er das Temperament des Königs. Es gab nur einen einzigen Feind, den er respektierte: Memnon, aber von dem wußte man schon lange nichts mehr. Nur der Umstand, daß die Truppenverstärkungen aus Makedonien nicht eintrafen, ließ ahnen, daß der gefürchtete Gegner alles andere als aufgegeben hatte.

Die Unterhaltung wurde in der Unterkunft des alten Generals fortgeführt; nun gesellten sich auch die andern Gefährten, Kleitos, Philotas und Krateros, zu ihnen, aber es war offensichtlich, daß alles Lust hatte, sich zu vergnügen und fröhlich zu sein, und so kam man von strategischen und militärischen bald zu anderen, weitaus angenehmeren Gesprächsthemen, wie dem Wein und schönen Mädchen - von denen es inzwischen recht viele gab; einige arbeiteten für geschäftstüchtige »Beschützer«, andere hatten sich dem Heer - von Geschenken und Versprechungen angelockt - ganz spontan angeschlossen, wieder andere waren den Händlern, die der Armee folgten wie Flöhe einem Hund, als Sklavinnen abgekauft worden.

Alexander blieb zum Abendessen, aber sobald das Fest anfing und eine Gruppe von Mädchen und Jünglingen sich anschickte, nackt zwischen den Tischen herumzutanzen, stand er auf und ging hinaus. Draußen schien der Mond, und die Nacht war klar und frisch. Er spazierte eine Weile alleine im Lager umher, dann trat er auf einen Mann zu, einen Offizier Parmenions, der die Wachtposten kontrollierte, und fragte: »Wo ist Prinz Amyntas gefangen?«

Der Offizier erschrak fast, als er den König erkannte, und begleitete ihn sofort zu einer der Holzhütten, die man hier und da errichtet hatte. Auf einen Wink zogen die Wächter den Türriegel zurück und ließen Alexander in einen kahlen Raum aus ungehobelten Baumstämmen treten.

Amyntas war wach. Er saß an einem primitiven Tischchen und las im Schein einer Öllampe in einer Papyrusrolle, die er auf beiden Seiten mit Steinen beschwert hatte. Er schaute auf, sobald er merkte, daß da jemand im Türrahmen stand, und rieb sich die Augen, um besser sehen zu können. Als er begriff, wen er vor sich hatte, erhob er sich und wich an die Wand zurück; auf seinem Gesicht standen Schmerz und Trauer geschrieben. »Hast du mich einsperren lassen?« fragte er.

Alexander nickte. »Ja.«

»Warum?«

»Hat Parmenion dir das nicht gesagt?«

»Nein. Er hat mich nur am hellichten Tag vor allen meinen Männern festnehmen und in dieses Loch stecken lassen.«

»Dann hat er meinen Befehl falsch interpretiert und aus übertriebener Vorsicht letzten Endes falsch gehandelt.«

»Und wie hat dein Befehl gelautet?«

»Dich bis zu meiner Ankunft unter Arrest zu stellen, nicht vor deinen Soldaten zu entehren.«

»Und der Grund?« hakte Amyntas nach. Er hatte sich seit Tagen weder gekämmt noch rasiert, noch umgezogen und machte einen völlig verwahrlosten Eindruck.

»Parmenions Leute haben einen Boten des Großkönigs mit einem Brief an dich abgefangen; darin werden dir zweitausend Talente Gold und der Thron Makedoniens angeboten, wenn du mich umbringst.«

»Ich habe diesen Mann nie gesehen, und wenn mir danach gewesen wäre, dich umzubringen, hätte ich das hundertmal tun können, seit dein Vater ermordet wurde.«

»Ich hatte keine andere Wahl.«

Amyntas schüttelte den Kopf. »Wer hat dir geraten, so zu handeln?«

»Niemand. Es war meine eigene Entscheidung.«

Amyntas senkte den Kopf und lehnte sich an die Holzwand. Der schwache Schein der Lampe beleuchtete nur seine untere Gesichtshälfte, die Augen waren nicht zu sehen. Er dachte in diesem Moment an den Tag zurück, an dem König Philipp ermordet worden war und er beschlossen hatte, Alexander zu unterstützen, um keinen Thronfolgekrieg auszulösen. Er war unter denen gewesen, die ihn bewaffnet in den Königspalast begleitet hatten, und von da an hatte er immer an seiner Seite gekämpft.

»Du hast mich auf reinen Verdacht hin einsperren lassen, ohne jeden Beweis . . .«, murmelte er mit zitternder Stimme. »Und ich habe in der Schlacht so oft mein Leben für dich riskiert.«

»Ein König kann manchmal nicht anders«, erwiderte Alexander, »besonders in Augenblicken wie diesem.« Auch er sah nun wieder seinen Vater vor sich, wie er blutüberströmt in die

Knie ging und plötzlich kreideweiß wurde. »Vielleicht hast du recht, vielleicht ist an dieser ganzen Geschichte überhaupt nichts dran - aber ich konnte nicht einfach so tun, als wäre nichts geschehen. Du hättest an meiner Stelle genauso gehandelt. Das einzige, was ich jetzt tun kann, ist, dich so schnell wie möglich aus dieser demütigenden Situation befreien. Aber vorher muß ich der Sache auf den Grund gehen. Ich schicke dir einen Diener, damit er dich badet, und einen Barbier, damit er dir die Haare wäscht und dich rasiert. Du siehst entsetzlich aus.

Mit diesen Worten drehte er sich um, befahl den Wächtern, Leute zu besorgen, die sich um Prinz Amyntas kümmerten, und begab sich dann zum Zelt Parmenions, in dem das Festbankett stattfand. Schon von weitem hörte er es schreien und lärmen; Stöhnen, Grunzen und andere seltsame Geräusche mischten sich in das Geklapper von Geschirr, und über allem schwebten die ziemlich falsch klingenden Töne von Flöten und anderen barbarischen Instrumenten, deren Namen er nicht zu nennen gewußt hätte.

Er betrat das Zelt und durchquerte es, wobei er mehrmals über wahre Knäuel von nackten Körpern steigen mußte, die sich in jeder nur erdenklichen Stellung keuchend auf den ausgelegten Strohmatten wälzten. Alexander legte sich auf eine Kline neben Hephaistion und begann zu trinken. Und er trank in dieser Nacht bis zur Bewußtlosigkeit.

42

Kallisthenes betrat kurz vor Mittag, von einem Wächter begleitet, das Zelt des Königs. Alexander saß an einem Arbeitstisch. Die nächtliche Orgie war nicht spurlos an ihm vorübergegangen, er sah sogar ziemlich mitgenommen aus, war jedoch nüchtern und hellwach. Vor ihm, auf dem Tisch, lag ein ausgerollter Papyrusbogen, und er hatte einen Becher mit dampfendem Kräutertee in der Hand, den sein Leibarzt Philipp ihm wohl gegen den Kater verschrieben hatte.

»Komm her und schau dir mal dieses Schreiben an«, sagte er.

»Was ist das?« fragte Kallisthenes und trat neben ihn.

»Ein Brief an meinen Vetter Amyntas; wir haben ihn bei einem persischen Boten gefunden. Untersuche ihn genau und sag mir, was du davon hältst.«

Kallisthenes las den Brief, ohne sich irgendeine Reaktion anmerken zu lassen. »Was willst du wissen?« fragte er dann.

»Hm . . . zum Beispiel, wer ihn geschrieben haben könnte.«

Kallisthenes las den Brief ein zweites Mal aufmerksam durch. »Die Handschrift ist sehr elegant. Ich würde sagen, sie deutet auf einen gebildeten Menschen der Oberschicht. Papier und Tinte sind auch von erstklassiger Qualität. Laß mal sehen . . .«

Alexander verfolgte überrascht, wie Kallisthenes seinen Zeigefinger mit der Zungenspitze anfeuchtete, ihn dann auf die Schriftzeichen drückte und danach ableckte.

»Genau, wie ich vermutet habe: Diese Art von Tinte wird in Griechenland hergestellt, und zwar aus Ruß und schwarzem Holunderbeersaft. . .«

»In Griechenland?« unterbrach ihn der König.

»Ja, aber das heißt gar nichts. Die Leute nehmen ihre Tinte überallhin mit, ich benütze dieselbe Art und deine Gefährten vielleicht auch . . .«

»Andere Hinweise kannst du diesem Brief nicht entnehmen?«

Kallisthenes schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, nein.«

»Wenn dir doch noch was einfällt, laß es mich sofort wissen«, sagte Alexander, dankte und verabschiedete den Geschichtsschreiber.

Danach ließ er Eumenes zu sich rufen. Während er noch auf ihn wartete, tauchte er den Zeigefinger in sein eigenes Tintenfaß, leckte daran und wiederholte dann, was er Kallisthenes vorher hatte tun sehen. Die beiden Tinten schmeckten völlig gleich.

Der Sekretär war schnell zur Stelle. »Du hast mich gerufen?«

»Ja, du hast nicht zufällig den Ägypter von neulich irgendwo im Lager gesehen?« fragte Alexander.

»Nein, Parmenion hat mir gesagt, er sei nach Überbringung deiner Botschaft gleich wieder abgereist.«

»Das ist aber sehr seltsam - versuch bitte herauszufinden, warum, wenn du kannst.«

»Ich will mein Bestes tun«, erwiderte Eumenes. »Gibt es schon Nachricht von unserer Truppenverstärkung?« fragte er noch im Gehen.

Alexander schüttelte den Kopf. »Leider noch immer nicht.«

Als der Sekretär die Plane des königlichen Pavillons zurückschlug, um ins Freie hinauszutreten, fegte ein eisiger Windstoß herein und wirbelte alle Papiere auf Alexanders Tisch durcheinander. Leptine eilte sofort herbei und schüttete mehr Kohle in die Räucherpfanne, aber viel nützte das in dem großen Zelt nicht. Alexander nahm unterdessen einen Papyrusbogen zur Hand und begann zu schreiben: