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6.

Tal des Kara Su, westlich von Dorylaeum

1. Juli 1097

Conn rannte, den Speer krampfhaft umklammernd, und er tat das, was auch die anderen Männer taten, die zusammen mit ihm den Hang hinaufstürmten, ihre blanken Waffen in den Händen.

Er schrie aus Leibeskräften.

So laut, dass es den donnernden Hufschlag der Pferde übertönte, die zur Rechten vorbeijagten, das Schwerterklirren, das von jenseits der Hügelkuppe drang, und den trommelnden Schlag seines Herzens.

Der Befehl zum Vorrücken war unvermittelt gekommen.

Eben noch war der Heerhaufen lothringischer Soldaten, dem Conn vorläufig zugeteilt worden war, in loser Ordnung marschiert. Ihr Ziel war das Feldlager gewesen, das oberhalb des Flusses aufgeschlagen werden sollte, der das Tal in nördlicher Richtung durchfloss. Im weiteren Verlauf dann bog er abrupt nach Westen ab, der Stadt Dorylaeum entgegen, die nach Nicaea das nächste Ziel des Feldzugs sein sollte.

Doch die Ereignisse hatten sich überschlagen.

Boten waren eingetroffen, die von einem türkischen Überfall auf die Vorhut des Heeres berichtet hatten, die sich aus byzantinischen Soldaten sowie aus normannischen Kämpfern unter Bohemund von Tarent und Stephen de Blois zusammensetzte. Die Anführer der Hauptstreitmacht, allen voran Godefroy de Bouillon und Raymond de Toulouse, hatten daraufhin beschlossen, ihren in Bedrängnis geratenen Waffenbrüdern sofort zur Hilfe zu eilen.

Ein gnadenloser Eilmarsch durch das Tal des Kara Su hatte sich angeschlossen, der Flussbiegung entgegen, wo erbittert gefochten wurde. Unterwegs waren die Kämpfer Christi auf die Überreste des Trosses gestoßen, über den die seldschukischen Krieger mit erbitterter Grausamkeit hergefallen waren. Die Bilder verstümmelter Leichen von Alten, Frauen und sogar Kindern, die den Zug als waffenlose Pilger begleitet hatten und die ohne Gnade niedergemacht worden waren, standen Conn noch vor Augen. Er war jedoch nicht in der Lage, Entsetzen, Trauer oder gar Hass auf den erbarmungslosen Feind zu empfinden. Zu anstrengend war der Sturmlauf, der durch die Furt des Flusses die breite Uferböschung hinaufführte, zu beschäftigt war er damit, seine Furcht zu beherrschen, die nagende Ungewissheit vor dem Kampf …

In diesem Moment erreichte seine Abteilung den Hügelkamm. Conns Atem stockte, als er über die Kuppe stürmte und zum ersten Mal einen Blick auf das wogende Chaos erhaschte, das sich in der weiten Senke vor ihnen abspielte.

Zur Linken, nach Westen hin, wurde sie von flachem Sumpfland begrenzt, im Norden erstreckten sich kahle Hügel, die zum Leben erwacht zu sein schienen: Unzählige Reiter, die auf gedrungenen, wendigen Rossen saßen, sprengten an den Ausläufern der Hügel entlang und ließen dabei unablässig Pfeile von den Sehnen ihrer kurzen Bogen schnellen. Von den Hängen strömten in großer Anzahl Fußsoldaten herab, die nur leicht gerüstet waren, jedoch mit Klingen bewaffnet, die so krumm waren wie die Sichel des Mondes. Flankiert wurden sie von Lanzenreitern, von Trommlern, die ebenfalls zu Pferde saßen und das Kommando zum Angriff gaben, und von Kamelen, auf deren hohen Rücken bunte Fahnen wehten.

Todesmutig und unter entsetzlichem Geschrei drangen die Türken zu Hunderten auf das Schlachtfeld vor und stürzten sich auf die Kreuzfahrer, die dort in arge Bedrängnis geraten waren. Soweit Conn es beurteilen konnte, waren Herr Bohemund und die Seinen wohl gerade dabei gewesen, das Lager zu errichten, als der Feind sie angegriffen hatte. Noch immer versuchten tapfere Kämpen, Zelte zu errichten und Wagen in Stellung zu bringen, die ihnen Schutz vor den unzähligen Pfeilen bieten sollten, die unablässig und mit der Gewalt eines Gewitterschauers auf sie niedergingen. Dutzende von Männern waren bereits getroffen und lagen tot oder verwundet im Staub, der sich dunkelrot unter ihnen färbte – und ohne Unterlass versuchten die herandrängenden Türken, den Kordon der gepanzerten Reiter zu durchbrechen, der sich nach Norden und Osten hin um das Lager gebildet hatte und erbittert Widerstand leistete.

Atemlos sah Conn, wie eine Gruppe normannischer Ritter, von Kopf bis Fuß in Kettengeflecht gehüllt, den Angreifern entgegenstürmte, wobei sie ihre Schilde hoch und die Lanzen mit dem Kreuzbanner gesenkt hielten. Einige Kämpen kippten von Pfeilen oder Speeren getroffen aus den Sätteln und wurden unter den Hufen der nachfolgenden Reiter zerschmettert; die Übrigen erreichten den Feind, der von den Spitzen ihrer Lanzen durchbohrt wurde. Sodann zogen sie ihre Schwerter, und dasselbe wüste Handgemenge entbrannte, das zu ihrer Linken bereits in vollem Gange war. Wohin Conn auch blickte, sah er sich wild aufbäumende Pferde, niedergehende Reiter, abgetrennte Gliedmaßen und Fontänen von rotem Blut.

Grauen packte ihn. Ein Instinkt riet ihm, sich zur Flucht zu wenden und diese Stätte grausamen Schlachtens so rasch wie möglich zu verlassen. Aber in diesem Moment erscholl der Angriffsbefehl und der Pulk der Fußsoldaten, dem auch Conn angehörte, setzte sich erneut in Bewegung. Wer nicht mitlief, der musste damit rechnen, niedergetrampelt zu werden.

Ihr markerschütterndes Gebrüll eilte den Franken voraus. Eine Abteilung türkischer Reiter, die den östlichen Höhenzug herabkam und sich in das Kampfgeschehen hatte stürzen wollen, änderte die Richtung ihres Angriffs und sprengte Conn und seinen Kameraden entgegen – und wenige Herzschläge später prallten die feindlichen Kämpfer aufeinander.

Es war, als hätte ein Blitz eingeschlagen.

Mit urtümlicher Gewalt begegneten sich die Klingen, wurden Kettenhemden durchbohrt und Knochen gespalten. Das Geklirr der Waffen, das Lärmen der Kriegstrommeln, das Gebrüll der Kämpfenden und die gellenden Schreie derjenigen, die verwundet niedergingen, ließen die Luft erzittern, die erfüllt war von Staub und vom ekelerregenden Gestank von Blut.

Conn stand unbewegt, wie erstarrt inmitten der nachdrängenden Massen, den Speer noch immer umklammernd. Einen flüchtigen Augenblick lang hatte er den Eindruck, nicht wirklich hier zu sein, an diesem Ort des Grauens, dann packte ihn jemand an der Schulter und riss ihn mit. Conn stolperte und wankte dem Feind entgegen, der ihm schon im nächsten Moment gegenüberstand.

In einem aus Messingplatten gefertigten Panzer gehüllt.

Einen spitz geformten Helm auf dem Kopf.

Das schwarze Haar zu einem Zopf geflochten.

Die sonnengebräunten, blutverschmierten Züge, aus denen ihn ein dunkles Augenpaar anstarrte, waren kaum älter als seine eigenen.

Conn zögerte noch, als der andere einen Ausfall unternahm. Der Türke warf sich nach vorn, die gekrümmte Klinge in einem engen Kreis gegen Conns Kehle führend – und in einem Reflex riss Conn den Speer empor, um den Streich abzuwehren.

Der Schaft aus Eschenholz fing die feindliche Klinge knapp oberhalb der Parierstange ab, wo die Wucht des Hiebes am geringsten war. Die Zähne gefletscht, die Muskeln zum Zerreißen angespannt, stieß Conn den Türken zurück, der über den leblosen Körper eines erschlagenen Kreuzfahrers fiel. Noch während er niederging, setzte Conn nach, und noch ehe er auch nur darüber nachdenken konnte, was er tat, hatte er die Spitze des Speeres bereits in den Leib seines überraschten Feindes gestoßen. Der Seldschuke schrie, und Conn, der den Speer wieder freizubekommen suchte, begriff, dass er genau den Fehler begangen hatte, vor dem Remy ihn stets gewarnt hatte: Seine Waffe hatte sich zwischen den Rippen des Gegners verfangen!

Conn unternahm keinen zweiten Versuch, sie herauszuziehen, was ihm beide Hände rettete. Denn ein weiterer Türke war plötzlich heran und schlug nach seinen Armen. Nur mit knapper Not entging Conn dem Hieb. Er wich zurück, um sich außer Reichweite des Muselmanen zu bringen, der im nächsten Moment von einem verirrten Pfeil in den Hals getroffen wurde.

Hastig sah sich Conn nach einer neuen Waffe um. Lange zu suchen brauchte er nicht, der Boden war übersät mit den Körpern Erschlagener und Verwundeter, herrenlose Klingen lagen allenthalben umher. Er griff nach einem Schwert, das nach den endlosen Lektionen, die Baldric ihm erteilt hatte, ohnehin die Waffe seiner Wahl war, und sprang einem lothringischen Soldaten bei, der sich dem Angriff gleich zweier Gegner ausgesetzt sah. Conn fällte den einen, indem er die Klinge mit beiden Händen führte. Der Krieger war auf die Attacke nicht gefasst und kam nicht dazu, sich zu wehren, blutüberströmt ging er nieder. Der andere Kämpfer war schwer gepanzert, offenbar ein seldschukischer Edler. Sein goldfarbener Helm wurde von Kranichfedern geziert, sein Plattenpanzer war aufwendig gefertigt und mit einem Kragen aus Kettengeflecht versehen; aus seinem Blick jedoch sprach dieselbe Überheblichkeit, die Conn schon in den Augen normannischer Adeliger gesehen hatte. Und als gelte es, sich zu beweisen und für alle Schmach zu rächen, die er jemals von der Obrigkeit zu erdulden hatte, stürzte sich Conn unter wüstem Gebrüll auf ihn.

Der Edle hob seinen Rundschild und wehrte den Angriff ab, worauf Conn sofort zu einem zweiten Streich ansetzte. Die Klingen – Conns schwerfälliges Langschwert und der gekrümmte, sehr viel leichter zu führende Stahl des Seldschuken – trafen aufeinander. Ein wüstes Hauen und Stechen setzte ein, bei dem jeder dem anderen einen Vorteil abzuringen suchte. Dabei musste Conn sich vorsehen; der schäbige Kettenpanzer, den er trug und der von einem bei Nicaea gefallenen Lothringer stammte, war nicht dazu angetan, der vollen Wucht eines Schwerthiebs zu trotzen, und anders als bei seinem Gegner war sein Nacken ungeschützt. Eine falsche Bewegung, eine Unachtsamkeit oder auch nur ein verirrter Pfeil mochten genügen, um Conns Kampf – und sein Leben – jäh zu beenden.

Wieder griff der Türke an, nicht mit wuchtigen Schlägen, wie Remy es in unzähligen Übungen getan hatte, sondern schnell und mit einer Eleganz, wie Conn sie nie zuvor bei einem Schwertkämpfer gesehen hatte. Tödliche Erfahrung sprach aus jeder Bewegung. Als die Klinge erneut herabfiel und seine Kehle nur knapp verfehlte, begriff Conn, dass seine Kenntnisse nicht ausreichen würden, um diesen Gegner zu besiegen.

Der andere rief etwas in seiner Sprache, die Conn nicht verstand. Es mochte ein Ausruf des Triumphs sein oder eine Beschimpfung, mit der er zum tödlichen Streich ausholte. Die Klinge des Türken flog heran, und Conn ließ sich reaktionsschnell nach hinten fallen, um ihr zu entgehen. Er landete zwischen leblosen, blutigen Körpern, denen nicht mehr anzusehen war, für welche Seite sie gefochten hatten. Der Krieger wollte hinterher, um seinem Gegner den Todesstoß zu versetzen – da schwang Conn das Schwert, dessen Griff er noch immer beidhändig umklammert hielt, nach seinen Beinen.

Der Seldschuke schrie entsetzlich, als der schartige Stahl knapp unterhalb des Knies in sein linkes Bein schnitt und bis auf den Knochen drang. Der Krieger brach ein und stürzte auf Conn, begrub ihn unter dem Gewicht seines schwer gepanzerten Oberkörpers.

Conn spürte den keuchenden Atem des Mannes, blickte in seine Augen, die weit aufgerissen waren vor Schmerz und Entsetzen. Der Türke brüllte und gebärdete sich wie von Sinnen, während unaufhörlich Blut aus der offenen Wunde pulsierte. Er war nicht mehr in der Lage, einen Schwertstreich zu führen, aber seine behandschuhte Linke fuhr wie das Maul einer giftigen Schlange an Conns Kehle, packte sie und drückte zu.

Verzweifelt rang Conn nach Atem.

Er versuchte, seinen Gegner von sich abzuschütteln, aber es gelang ihm nicht. Alles, was er sah, waren die Augen seines Feindes, die unheilvoll über ihm schwebten, nun nicht mehr überheblich wie zuvor, sondern vor Zorn und Blutdurst lodernd. Conn versuchte, sein Schwert zu heben, aber der Schild seines Gegners lag darauf, den der Türke mit seinem Körpergewicht niederdrückte. Immerhin gelang es Conn, die rechte Hand freizubekommen, die vom Sturz verstaucht, aber nicht gebrochen war, und schlug auf seinen Gegner ein. Die Hiebe prallten von den Metallplatten der Rüstung ab, und schon nach kurzer Zeit waren Conns Knöchel blutig. Seine Schläge ermatteten, während seine Lungen gleichzeitig wie Feuer zu brennen begannen. Noch immer sah er die glühenden Augen seines Gegners über sich, deren starrer Blick sich geradewegs in sein Bewusstsein bohrte. Verzweifelt schnappte Conn nach Luft, aber der Seldschuke drückte weiter zu, unbarmherzig und mit stählernem Griff.

Der von allen Seiten dringende Kampflärm trat in den Hintergrund, und Conn hatte das Gefühl, allein auf dem Schlachtfeld zu sein. Nur sein schwer verwundeter Widersacher war geblieben, der ihn mit in den Abgrund reißen wollte.

Noch einmal unternahm Conn einen Befreiungsversuch, wollte sich aufbäumen, aber er war bereits zu schwach dazu. Schlaff fiel sein rechter Arm herab – als seine Hand plötzlich etwas ertastete.

Es war der Griff eines kurzen, gekrümmten Dolchs, den der Seldschuke am Gürtel trug.

Den Edelsteinen nach, mit denen er besetzt war, handelte es sich um eine Prunkwaffe, ein Erbstück womöglich, das der fremde Kämpfer von seinem Vater erhalten hatte oder von seinem König – und das nun zu seinem Verderben wurde. In einem letzten, verzweifelten Entschluss umfasste Conn den Dolch, riss ihn aus der Scheide und trieb ihn zwischen den metallenen Platten hindurch ins Fleisch seines Gegners.

Sofort ließ der Seldschuke von ihm ab, tastete nach der Waffe, die in seinem Rücken steckte. Conn hustete und keuchte, war dankbar für die Luft, die in seine Lungen strömte. Mit einer Drehung zur Seite entwand er sich seinem zu Tode verwundeten Feind, stieß ihn zurück und kam schwankend wieder auf die Beine. Benommen packte Conn eine Lanze, die im Körper eines toten Kreuzfahrers steckte, und riss sie heraus, fuhr herum, um sich dem nächsten Angreifer zu stellen. Doch zu seiner Verblüffung war niemand mehr in seiner unmittelbaren Umgebung.

Das Kampfgeschehen hatte sich ein Stück nach Norden verlagert, wo das Gemetzel zwischen den Ausläufern der Hügel weiterging. Nur blutgetränkter Boden war geblieben, der mit den Leichen unzähliger Gefallener übersät war, Christen wie Muselmanen. Vom Kampfesfieber erfasst, das wild durch seine Adern wallte, wollte Conn zu seinen Kameraden eilen – als er aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm.

Am Fuß eines Hügels, unterhalb eines Abbruchs von rotem Gestein, lag ein totes Schlachtross, das mit Pfeilen gespickt war. Sein Reiter jedoch, ein normannischer Kreuzfahrer, war noch am Leben.

Der Ritter saß noch im Sattel des Pferdes, sodass sein rechtes Bein darunter begraben war. Seinen Helm hatte er verloren, kupferfarbenes Haar quoll unter der Kapuze aus Kettengeflecht hervor, die sein fleischiges Gesicht umrahmte. Vergeblich versuchte er, sich aufzurichten. Das Gewicht seines toten Tieres hielt ihn unnachgiebig am Boden, während vor ihm ein türkischer Reiter den Hang herabsprengte, der schweren Panzerung nach ein ghulam, wie die besten Krieger des Sultans sich nannten.

Der Normanne sah den Feind näher kommen und versuchte noch verzweifelter, sich zu befreien, doch es gelang ihm auch diesmal nicht. Conn jedoch handelte.

Die gesenkte Lanze in den blutigen Händen, eilte er von der einen Seite auf den Ritter zu, während der Seldschuke von der anderen Seite heranjagte. Conn erreichte den Normannen zuerst, aber die Zeit reichte nicht aus, um ihn zu befreien. Kurzerhand ließ sich Conn auf die Knie fallen und richtete die Lanze auf, nur einen Lidschlag ehe der Seldschuke heran war.

Der ghulam war so überrascht von der plötzlichen Gegenwehr, dass er sein Pferd weder zügeln noch der Waffe ausweichen konnte. Die Lanzenspitze durchstieß die Brust des Tieres und drang in sein Herz. Wiehernd brach das Pferd in den Vorderläufen ein und kam zu Fall. Sein Reiter wurde kopfüber aus dem Sattel geschleudert, schlug hart gegen den Felsen und brach sich das Genick. Reglos blieb er liegen.

Conn, am ganzen Körper bebend und gleichermaßen entsetzt wie erleichtert, wandte sich dem Normannen zu.

»Seid Ihr verletzt, Herr?«

»Glücklicherweise nicht, und das verdanke ich wohl dir«, stieß der Ritter zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Die geröteten Züge mit der krummen Nase und den buschigen Brauen kamen Conn entfernt bekannt vor. Sicher hatte er den Mann bereits einmal gesehen, womöglich im Winterlager. »Aber dieser verdammte Gaul liegt auf mir, ich kann mich nicht bewegen.«

Conn kam ihm zu Hilfe. Obwohl beide erschöpft waren und dem Zusammenbruch nahe, gelang es ihnen, den Kadaver so weit anzuheben, dass der Normanne sein Bein darunter hervorziehen konnte. Schwerfällig richtete sich der Ritter auf, wobei Conn ihn stützen musste, damit er nicht gleich wieder niederging.

»Wird es gehen, Herr?«, fragte Conn.

»Du hast mir das Leben gerettet«, sagte der Normanne, der außer einigen Schrammen und Blessuren keine Verletzungen davongetragen zu haben schien. »Dieser Sarazene hätte mich getötet, wenn du nicht gewesen wärst.«

»Ich habe nur getan, was jeder getan hätte«, wehrte Conn ab, während er sich bückte, um ein herrenloses Schwert an sich zu nehmen. Die Schlacht hatte sich weiter nach Norden verlagert, und allem Anschein nach hatte das Geschehen eine Wendung genommen. Die Türken befanden sich auf dem Rückzug, die Kreuzfahrer setzten ihnen erbittert nach.

»Du hast weit mehr als das getan, Bursche«, war der Normanne überzeugt, streifte seinen linken Handschuh ab und zog einen goldenen, mit kunstvollen Ziselierungen versehenen Ring vom Finger. »Nimm dies als Zeichen meines Dankes.«

»Aber Herr, ich …«, wollte Conn verblüfft erwidern, als ihm der andere das Kleinod auch schon in die blutige Hand drückte.

»Nimm es. Es ist nur ein kleiner Teil dessen, was ich dir schulde.«

»Danke, Herr«, erwiderte Conn – dann wandte er sich ab, um sich wieder in den Kampf zu stürzen.

»Wie ist dein Name?«, rief der Normanne ihm hinterher.

»Conwulf«, rief Conn zurück.

Und die Schlacht ging weiter.