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Kapitel 22

Der Hautarzt schloß die Untersuchung mit einem Kopfschütteln ab.»Mir sind ja in meiner Praxis schon eine Menge Fälle vorgekommen, aber ein so schlimmer noch nie.«

Hal Baker nickte und kratzte sich am Kopf.

«Schauen Sie, Mr. Baker, wir haben drei Möglichkeiten: Ihr Ausschlag kann eine Pilzerkrankung sein, eine Allergie, oder es kann sich um Neurodermatitis handeln. Die Hautprobe von Ihrer Hand hat mir unter dem Mikroskop gezeigt, daß es keine Pilzerkrankung ist, und Sie hatten mir mitgeteilt, daß Sie beruflich nicht mit chemischen Stoffen in Berührung kommen…«

«Das stimmt.«

«Auf die Weise haben wir die Suche nach der Ursache einengen können. Sie leiden unter dem sogenannten lichen simplex chronicus beziehungsweise unter einer lokalen Neurodermatitis.«

«Das klingt ja furchtbar. Können Sie irgend etwas dagegen machen?«

«Glücklicherweise ja. «Aus einem Schrank in einer Ecke seines Behandlungsraums nahm der Arzt eine Tube, die er aufschraubte.»Verspüren Sie zur Zeit ein Jucken an Ihrer Hand?«

Hal Baker kratzte sich erneut.»Ja, es brennt wie Feuer.«

«Reiben Sie sich bitte etwas von der Salbe auf die Hand.«

Hal Baker rieb etwas Salbe in die Haut ein. Sie wirkte Wunder.

«Das Jucken hat aufgehört!«sagte Baker.

«Gut. Wenden Sie die Salbe regelmäßig an, dann werden Sie mit dem Jucken keine Probleme mehr haben.«»Vielen Dank, Herr Doktor. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, was für eine Erleichterung das bedeutet.«

«Ich schreibe Ihnen ein Rezept.«

«Danke.«

Auf der Heimfahrt sang Hal Baker laut vor sich hin — denn es war seit seiner Begegnung mit Richter Tyler Stanford das erste Mal, daß seine Hand nicht juckte. Er empfand ein herrliches Gefühl der Befreiung, und als er den Wagen in die Garage fuhr, pfiff er vor Glück. Helen wartete bereits in der Küche auf ihn.

«Da war ein Anruf für dich«, sagte sie.»Von einem gewissen Mr. Jones. Sei sehr dringend, hat er gesagt.«

Sofort juckte Hals Hand wieder.

Er hatte einigen Menschen weh getan — aber nur aus Liebe und Sorge für seine Kinder. Er hatte etliche Verbrechen begangen — aber nur im Interesse seiner Familie. Hal Baker war der festen Überzeugung, daß er bisher keine Schuld auf sich geladen und daß er sich nichts vorzuwerfen hätte. Aber diesmal lagen die Dinge anders. Was da von ihm verlangt wurde, war kaltblütiger Mord.

Hal hatte sich gewehrt.»Das kann ich nicht machen, Richter. Dafür werden Sie sich jemand anders suchen müssen.«

Auf seinen Protest hin folgte ein langes Schweigen, dann die Frage:»Und wie geht's Ihrer Familie?«

Richter Stanford hatte ihm genaue Anweisungen gegeben. »Sie heißt]ulia Stanford, und die Adresse und die Nummer des Apartments haben Sie. Sie weiß nichts von Ihrem Kommen, Sie müssen also einfach hingehen und die Sache erledigen.«

Als Hal Baker nach einem ereignislosen Flug auf dem Kansas City Downtown Airport gelandet war, nahm er ein Taxi zum Zentrum.

«Schöner Tag heute«, meinte der Taxifahrer.

«Ja.«

«Und von wo kommen Sie?«

«Von New York, ich bin hier zu Hause.«

«Schöne Stadt zum Leben.«

«Ja, stimmt. Könnten Sie mich bei einer Eisenwarenhandlung absetzen? Ich hab in der Wohnung ein paar kleine Reparaturen zu machen.«

«Natürlich.«

Bald darauf stand Hal Baker in einem Eisenwarengeschäft.»Ich brauche ein Jagdmesser«, sagte er zum Verkäufer.

«Da haben wir genau das Richtige für Sie. Würden Sie mir bitte folgen?«

Das Messer war ein Prachtstück, mit einer etwa fünfzehn Zentimeter langen Klinge, die spitz zulief und eine gezackte Schneide hatte.

«Entspricht das Ihren Anforderungen?«

«Da bin ich sicher«, erwiderte Hal.

«Zahlen Sie in bar, oder soll ich Ihnen eine Rechnung schicken?«

«Bar.«

Anschließend ging Hal in ein Papierwarengeschäft.

Fünf Minuten lang blieb Hal Baker vor dem Wohnblock Nummer 1425 an der Metcalf Avenue stehen, um ihn genau in Augenschein zu nehmen und sich alle Ein- und Ausgänge einzuprägen. Danach lief er weiter, um bei Anbruch der Dunkelheit gegen zwanzig Uhr zurückzukehren. Er wollte sichergehen, daß Julia Stanford, die ja möglicherweise einem Beruf nachging, auch bestimmt zu Hause war. Einen Portier schien es in diesem Wohnblock nicht zu geben. Er lief die Treppen hinauf, da es ihm unklug erschien, den Aufzug zu nehmen. Im dritten Stock stellte er fest, daß das Apartment 36 im Flur links lag. Das Messer hatte er im Innenfutter der

Jackentasche mit Tesafilm angeklebt. Er klingelte. Die Tür wurde prompt geöffnet, und er stand einer hübschen jungen Frau gegenüber.

«Hallo. «Sie hatte ein warmes Lächeln.»Kann ich Ihnen helfen?«

Sie war wesentlich jünger, als er erwartet hatte — weshalb sich ihm die Frage aufdrängte, warum Richter Stanford ihren Tod wollte. Aber das geht mich nichts an, dachte er und zog eine Visitenkarte aus der Tasche, die er der jungen Frau überreichte.

«Ich arbeite für die Firma A. C. Nielsen«, sagte er mit leiser Stimme.»Wir verfügen in dieser Gegend über keine TV-Testfamilie und sind auf der Suche nach Leuten, die an einer Mitarbeit interessiert sein könnten.«

Sie schüttelte den Kopf,»nein, danke«, und wollte die Tür wieder zumachen.

«Wir zahlen einhundert Dollar die Woche.«

Die Tür blieb ein Stück weit geöffnet.

«Einhundert Dollar pro Woche?«

«Jawohl, Ma'am.«

Die Tür stand wieder sperrangelweit offen.

«Sie müssen nichts weiter tun, als die Namen der Fernsehprogramme aufzulisten, die Sie sich anschauen. Wir würden Ihnen einen Jahresvertrag geben.«

Das hieße fünftausend Dollar!» Kommen Sie herein«, sagte sie.

Er betrat die Wohnung.

«Bitte nehmen Sie doch Platz, Mr…«

«Allen. Jim Allen.«

«Mr. Allen. Wie sind Sie bei Ihrer Auswahl denn auf mich gekommen?«

«Die Firma A. C. Nielsen verfolgt das Prinzip einer willkürlichen Auswahl, da wir unbedingt sicherstellen müssen, daß unsere Testfamilien auf keinen Fall Verbindungen zu den Fernsehanstalten haben, damit unsere Erhebungen objektiv ausfallen. Sie haben doch keine Beziehungen zu irgendwelchen Fernsehproduktionsfirmen oder TV-Anstalten, nicht wahr?«

Sie lachte laut auf.»Du meine Güte — ganz bestimmt nicht. Was genau hätte ich eigentlich zu tun?«

«Etwas total Einfaches. Wir liefern Ihnen ein Blatt mit einer kompletten Programmübersicht, und Sie müssen nur das von Ihnen jeweils eingeschaltete Programm ankreuzen — das ist alles. Auf der Basis kann unser Computer dann die Einschaltquote aller Programme errechnen, da die NielsenTestfamilien über das ganze Gebiet der Vereinigten Staaten verteilt sind, so daß wir ein klares Bild von der Popularität der Programme nach Regionen und Bevölkerungsschichten erhalten. Hätten Sie Interesse an einer Mitarbeit?«

«O ja.«

Er zog Formulare und einen Stift aus der Tasche.»Wie viele Stunden sehen Sie täglich fern?«

«Nicht besonders viel. Ich habe eine Ganztagsstelle.«

«Aber Sie sehen fern?«

«Klar. Ich schaue mir immer die Abendnachrichten an, manchmal auch einen alten Film. Ich bin ein Fan von Larry King.«

Er machte sich eine Notiz.»Verfolgen Sie das Bildungsfernsehen?«

«An den Sonntagen.«

«Und Sie wohnen hier allein?«

«Ich teile die Wohnung mit einer Freundin, sie ist aber zur Zeit nicht da.«

Also war er jetzt mit ihr allein.

Seine Hand begann wieder zu jucken. Er wollte gerade in die Tasche greifen, um das Klebeband vom Messer zu lösen, als er draußen im Flur Schritte hörte.

«Und dafür bekäme ich jährlich fünftausend Dollar? Das haben Sie doch gesagt.«

«Richtig. Übrigens habe ich ganz vergessen zu erwähnen, daß Sie außerdem einen neuen Farbfernseher erhalten würden.«

«Das ist ja fantastisch!«

Die Schritte waren verhallt, und er griff erneut in die Tasche und spürte den Handgriff des Messers.»Könnte ich wohl bitte ein Glas Wasser bekommen? Es war ein langer Tag.«

«Selbstverständlich. «Als sie zu der kleinen Bar in der Ecke des Zimmers gegangen war, klappte er das Messer auf und trat von hinten an sie heran.

«Meine Wohngenossin schaut die Bildungsprogramme im Fernsehen viel öfter an als ich«, hörte er sie sagen.

Er hielt das Messer hoch und war bereit zuzustechen.

«Aber Julia ist überhaupt stärker an kulturellen Dingen interessiert.«

Bakers hoch erhobene Hand verharrte plötzlich unbeweglich in der Luft.

«Julia?«

«Meine Wohngenossin, sie war zumindest meine Wohngenossin, sie ist nämlich fort. Als ich heute von der Arbeit heimkam, fand ich einen Zettel mit der Nachricht, daß sie verreist und nicht weiß, wann sie wieder…«Sie drehte sich um, das Glas Wasser in der Hand, und bemerkte das Messer in der erhobenen Hand des Mannes, der hinter ihr stand.»Was…«

Sie begann gellend zu schreien.

Hal Baker drehte sich um und floh.

Hal Baker sprach mit Tyler Stanford am Telefon.»Ich bin in Kansas City, aber die junge Frau ist verschwunden.«

«Was meinen Sie damit — verschwunden?«

«Ihre Wohngenossin behauptet, sie sei verreist.«

Tyler schwieg einen Moment.

«Ich habe das Gefühl, daß sie nach Boston gefahren ist. Kommen Sie bitte sofort hierher.«

«Ja, Sir.«

Tyler Stanford knallte den Hörer auf die Gabel und begann im Raum auf und ab zu laufen. Bisher war alles reibungslos und perfekt gelaufen! Diese junge Frau mußte unbedingt gefunden und aus dem Weg geräumt werden. Sie war unberechenbar und stellte eine Gefahr für ihn dar. Und selbst wenn er den Konzern einmal übernommen hatte, würde er sich von ihr bedroht fühlen, solange sie am Leben war. Ich muß sie einfach finden! dachte Tyler. Auf alle Fälle! Aber wo?

Clark betrat den Raum.»Verzeihung, Richter Stanford. Draußen vor der Tür steht eine Miss Julia Stanford, die Sie sprechen möchte.«