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Kapitel 24

Tyler musterte Clark mit einem Ausdruck blanken Entsetzens.»Julia Stanford… draußen an der Tür?«

«Ja, Sir. «In der Stimme des Butlers lag Verwirrung.»Es ist aber nicht die gleiche Miss Stanford, die vorher da war.«

Tyler zwang sich zu einem Lächeln.»Natürlich nicht. Es muß sich wohl um eine Betrügerin handeln.«

«Eine Hochstaplerin, Sir?«

«Ja, von der Sorte, wie sie jetzt haufenweise aus den Löchern kommen werden, Clark, um Anspruch auf einen Teil des Familienerbes zu erheben.«

«Eine entsetzliche Vorstellung, Sir. Soll ich die Polizei holen?«

«Nein!«erwiderte Tyler wie aus der Pistole geschossen; die Polizei wäre wirklich das letzte, was er jetzt brauchen könnte.»Ich werde die Angelegenheit selbst in die Hand nehmen. Führen Sie die Frau in die Bibliothek.«

«Jawohl, Sir.«

Tylers Gedanken überschlugen sich. Nun war also die echte Julia Stanford doch noch aufgetaucht. Welch ein Glück, daß seine Geschwister gerade nicht anwesend waren. Er mußte diese junge Frau unverzüglich wieder loswerden.

Tyler ging in die Bibliothek. Julia, die mitten im Raum stand, war in die Betrachtung von Harry Stanfords Porträt vertieft. Tyler blieb kurz stehen, um sie sich genau anzusehen: Die Frau war schön. Wirklich schade, daß sie…

Julia drehte sich um und sah ihn.»Hallo.«

«Hallo.«

«Sie sind Tyler.«

«Stimmt. Und wer sind Sie?«

Ihr Lächeln verblaßte.»Hat denn der Butler nicht… Ich bin Julia Stanford.«

«Wirklich? Verzeihen Sie meine Frage: Aber haben Sie dafür einen Beweis?«

«Einen Beweis? Nun ja… ich… das heißt… einen Beweis nicht. Ich hatte nur angenommen…«

Er trat auf sie zu.»Und aus welchem Grund sind Sie hierhergekommen?«

«Ich fand, daß es Zeit wäre, meine engsten Angehörigen persönlich kennenzulernen.«

«Nachdem Sie sechsundzwanzig Jahre damit gewartet haben?«

«Ja.«

Als Tyler sie genauer betrachtete und ihr zuhörte, gab es für ihn jedoch keinen Zweifel mehr daran, daß hier die echte Julia Stanford vor ihm stand — und mit ihr eine Gefahr, die er unverzüglich aus dem Weg räumen mußte.

Tyler zwang sich zu einem Lächeln.»Also, man kann sich wohl meinen Schreck vorstellen — ich meine, da steht plötzlich wie aus heiterem Himmel jemand an unserer Haustür, und…«

«Ich weiß, Entschuldigung, ich hätte vorher anrufen sollen.«

«Ganz allein in Boston?«erkundigte sich Tyler wie nebenbei.

«Ja.«

Seine Gedanken rasten.»Weiß jemand von Ihrer Reise hierher?«

«Nein. Das heißt, meine Wohngenossin Sally in Kansas City…«

«Und in welchem Hotel wohnen Sie?«

«Im Copley Square Hotel.«

«Ein hübsches Hotel. Und die Zimmernummer?«

«419. «

«Schön. Vielleicht wäre es das beste, wenn… ich zuerst allein mit Woody und Kendall spreche und sie auf die Situation vorbereite. Die beiden werden im ersten Moment bestimmt genauso überrascht reagieren wie ich. Wir könnten dann später kommen, ich meine, ins Hotel.«

«Entschuldigung, aber ich hätte wirklich vorher anru…«

«Kein Problem. Nachdem wir jetzt zueinandergefunden haben, wird alles gut — davon bin ich fest überzeugt.«

Sie zögerte kurz.»Ich danke dir, Tyler«, sagte sie dann mit fester Stimme.

«Gern geschehen…«, doch bei dem Gedanken, sie mit dem Vornamen anzureden, sie duzen zu müssen, wäre er fast erstickt,»Julia. Ich bestell sofort ein Taxi für dich.«

Fünf Minuten später war sie bereits wieder aus dem Haus.

Hal Baker war eben in seinem Hotelzimmer in Boston eingetroffen, als auch schon das Telefon läutete. Er hob ab.

«Hal?«

«Tut mir leid, Richter, ich kann Ihnen noch nichts melden. Ich habe die ganze Stadt durchkämmt, bin zum Flughafen gefahren und… «

«Sie ist bereits da, Sie Idiot!«

«Was?«

«Sie ist schon in Boston und wohnt im Copley Square Hotel, Zimmer 419. Ich will die Sache heute abend erledigt haben. Und diesmal vermasseln Sie es mir nicht! Haben Sie mich verstanden?«

«Es war nicht mein Fehler, daß…«

«Haben Sie mich verstanden?«

«Ja.«

«Dann machen Sie sich an die Arbeit!«Tyler knallte den Hörer auf die Gabel und rief nach Clark.

«Clark — was diese junge Frau von vorhin angeht, die sich als meine Schwester ausgab.«

«Ja, Sir?«

«Ich möchte sie den anderen Familienmitgliedern gegenüber nicht erwähnen, das würde nur unnötige Unruhe verursachen.«

«Verstehe, Sir, sehr rücksichtsvoll von Ihnen.«

Zum Essen ging Julia zu Fuß zum Ritz Carlton, und sie fand das Hotel genauso wundervoll, wie ihre Mutter es geschildert hatte. Sonntags bin ich mit den Kindern oft zum Lunch dorthingefahren. Julia saß im Speisesaal und stellte sich ihre Mutter vor, wie sie mit Tyler, Woody und Kendall an einem Tisch gesessen hatte. Wie gern wäre ich mit ihnen zusammen groß geworden, dachte Julia, aber ich lerne sie ja jetzt kennen. Die erste Begegnung mit Tyler hatte sie allerdings doch ein wenig irritiert. Er war so kühl… nein, richtig kalt war er gewesen. Aber das ist doch natürlich, überlegte sie, wenn plötzlich eine Unbekannte mit der Behauptung, eine Halbschwester zu sein, vor der Tür steht. Da mußte er ja mißtrauisch reagieren. Aber ich werde ihn und die beiden anderen bestimmt überzeugen können, daß ich tatsächlich ihre Schwester bin.

Die Rechnung, die ihr der Ober brachte, versetzte ihr wegen der Höhe der Summe einen ziemlichen Schrecken. Ich muß aufpassen, sagte sie sich, damit ich für die Heimfahrt nach Kansas City noch genug Geld übrigbehalte.

Als sie beim Verlassen des Restaurants vor dem Hotel einen abfahrbereiten Citybus warten sah, stieg sie spontan ein, da sie den sehnsüchtigen Wunsch spürte, soviel wie möglich von der Stadt zu sehen, in der ihre Mutter einmal glücklich gewesen war.

Hal Baker schlenderte durchs Foyer des Copley Square Hotels, als ob er dort wohnen würde, ging die Treppe hinauf bis zur vierten Etage und schwor sich, daß diesmal wirklich alles plangemäß und fehlerlos laufen sollte. Das Zimmer 419 lag in der Mitte des Gangs. Hal Baker vergewisserte sich, daß sich auf dem Gang niemand aufhielt, und klopfte an. Keine Antwort. Er versuchte es noch einmal.»Miss Stanford?«Noch immer keine Antwort.

Er zog ein kleines Etui aus der Tasche, nahm einen Draht heraus und hatte das Schloß im Nu geöffnet. Er trat ein und zog die Tür hinter sich zu. Das Zimmer war leer.

«Miss Stanford?«

Er ging ins Bad — leer. Er ging wieder ins Zimmer zurück, zog sein Messer aus der Tasche, rückte einen Stuhl hinter die Tür und blieb wartend im Dunkeln sitzen. Nach etwa einer Stunde hörte er draußen Schritte näher kommen.

Sofort stand Hal Baker auf und nahm mit dem Messer in der Hand hinter der Tür seine Position ein. Er hörte, wie der Schlüssel im Schloß umgedreht wurde, sah, wie die Tür langsam aufging, hob das Messer und hielt es über seinen Kopf er war bereit zuzustoßen. Julia Stanford trat ins Zimmer und knipste das Licht an. Er hörte ihre Stimme —»Na gut, dann kommen Sie herein.«

Eine Horde von Reportern betrat das Zimmer.