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Zigarrenkauend und bedächtig ging Sam Dooth über die Ringstraße. Vor den Kinos blieb er minutenlang stehen und schüttelte mißbilligend den Kopf. Wien war eine rückständige Stadt. Es lief kein Film von John. »Sommersaison«, brummte er verärgert und ging weiter. Die Straßen waren sündhaft breit und die Häuser beschämend niedrig. Es war eine Kateridee, nach Europa zu fahren. Man hätte den Urlaub in Mexiko verbringen können oder auf Kuba. John sollte die Frauen in Ruhe lassen. Frauen haben dem Hause Osman stets nur Ärger gebracht.
Sam blieb stehen und schüttelte die Asche ab. Es waren nun sechs Jahre her, daß er den zerlumpten und verhungernden John in einer Spelunke in der Bowery entdeckt hatte. Sein kluges griechisches Herz hatte sofort eine Chance gewittert. Er gab dem Armen zu essen und taufte ihn John Rolland. Aber hinter dem gestärkten Frackhemd, hinter dem rötlichen Paßheft lebte eine labile osmanische Seele.
Er ist ein Säufer — dachte Sam — und er wird es so lange bleiben, bis er Ruhe gefunden hat. Er runzelte die Stirn und freute sich, daß Menschenliebe und Geschäft bei ihm so eng ineinander gingen. Wenn er noch drei Jahre säuft, wird er leberkrank. In fünf Jahren sieht er weiße Mäuse. Die Osmanen sind von zarter Gesundheit, und dann ist es aus mit den Filmen. Sam dachte an John mit der gleichen zärtlichen Besorgtheit wie eine Bäuerin an die beste Milchkuh. Vielleicht hilft ihm eine gute Frau — dachte er weiter —, eine Frau, die demütig und still ist und seine Abende ausfüllt. Er soll mit ihr hin und wieder an die Heimat denken können. Das inspiriert ihn. Er ist ja ein Wahnsinniger.
Sam Dooth zuckte mit den Achseln. Er selbst dachte nie an die Heimat. Er blieb stehen. Das Messingschild mit der Aufschrift »Dr. Alexander Hassa« blinzelte ihn an. Er ging die breite Treppe hinauf, klingelte und verlangte Asiadeh. Er wurde in den kleinen Salon mit dem Erkerfenster geführt.
Sam Dooth war ein erfahrener Agent und tüchtiger Geschäftsmann. Sein Herz war ausgeglichen, und sein Kopf war klar. Jetzt aber blieb er wie angewachsen im Salon stehen und blinzelte fassungslos.
Die temperamentvolle blonde Dame, die einen Hundertdollarschein zerriß, sah ihn lächelnd an. »Ah…«, sagte Sam Dooth und sah sich ängstlich im Salon um. Es waren aber keine schweren Gegenstände in der Nähe.
»Madame«, sagte er, und die vorbereitete Rede blieb ihm in der Kehle stecken, »Madame, verzeihen Sie, daß ich eindringe. Es gelang uns, an Hand Ihrer Autonummer Ihre Adresse zu finden. Mein Freund und ich sind trostlos, Ihre Mißgunst hervorgerufen zu haben.«
»Sie können mit mir türkisch reden«, sagte die blonde Dame und sah ihm böse ins Gesicht. »Sie haben bereits in dieser Sprache meinen Busen und meine Hüften lobend erwähnt.«
Sam blickte betrübt drein. Gleich würde sie eine Messingplatte nehmen und sie ihm an den Kopf schmeißen… Oder ihm die Augen auskratzen. Frauen, die Dollarnoten zerreißen, sind zu allem fähig.
»Hanum«, sagte er in dem weichsten Stambultürkisch, »wenn auch meine Sünden zahlreicher sind als die Sandkörner in der Wüste, Ihre Güte vermag sie in ein Nichts zu verwandeln. Entsinnt Euch, Hanum, als der Sultan den großen Saadi bei einer Sünde ertappte, rief Saadi: ›O Sultan, schau dir die Sünde an, und du wirst mir verzeihen.‹«
Sam Dooth war ein kluger Mann. Wahrscheinlich war er doch am Aristokratenhügel Phanar zur Welt gekommen. Asiadeh klatschte vergnügt in die Hände.
»Hassa«, rief sie, »komm her!«
Die Tür öffnete sich. Der weißbekleidete Hassa trat ein.
»Dieser da«, sprach Asiadeh, »ist einer von den zwei Ausländern, die ich gestern angefahren und bespuckt habe. Er ist wohlerzogen, denn er ist aus Istanbul, und er bittet sehr, ich möge ihm verzeihen. Soll ich ihm verzeihen, Hassa?«
»Verzeih ihm«, sagte Hassa. Er sah einen dicken, schwarzhaarigen Mann, der schüchtern im Salon stand, und er wußte nicht, daß dieser Mann ihm die Frau nehmen, sein Haus und seinen Frieden zerstören wollte, alles eines Mannes wegen, der John Rolland hieß und vom Delirium bedroht war.
»Herr Doktor, verehrte Hanum«, Sam Dooth war ganz Demut, »mein Freund und ich wären glücklich, Sie heute unsere Gäste nennen zu dürfen. Wir treffen so selten Landsleute in Europa.«
Asiadeh sah fragend zu Hassa empor.
»Geh allein«, sagte Hassa, »heute ist Donnerstag, ich bin in der Ärztegesellschaft.«
Sam Dooth blickte ihn erstaunt an. Die Männer in Europa waren sehr dumm. Gott straft die Dummen und hilft den Klugen. Eine blonde Frau, eine schöne Frau, und er läßt sie allein mit zwei fremden Männern ausgehen. Er ist dumm. Man braucht keine Gewissensbisse zu haben.
Er verbeugte sich und verließ das Haus. Kuppelei war ein uralter ehrwürdiger Beruf. Die assyrischen Keilinschriften berichten bereits von Kupplern. Im heiligen Palast von Byzanz stritten die Kuppler der ganzen Welt um die Ehre, dem Kaiser die Basilisa ins Bett zu legen. Ganze Provinzen wurden als Kuppelpelz verschenkt. In alle Windrichtungen sandte der Großosmane von Istanbul die Kuppler hinaus. Fürsten und Paschas sandten ihm Frauen. Kuppler sein war ein alter, ein ehrwürdiger Beruf. Sam Dooth war sehr stolz.
Abends lachte Asiadeh. Heiterkeit erfüllte ihre Augen. Sie stand vor dem Spiegel des Ankleidezimmers, und der Lippenstift in ihrer Hand glich einem Zepter. Die Türken waren doch ein edles Volk. Sie wußten, was sich bei einer Dame gehört, auch wenn diese Dame sie beschimpft und angefahren hat. Sie spitzte die Lippen und fuhr vorsichtig mit dem Stift darüber. Sie wird heute den ganzen Abend türkisch sprechen. Es war ihr gleich, wer die Fremden waren. Es waren Landsleute. Klumpen Erde vom heimatlichen Boden. Sie öffnete den Parfumflakon und berührte mit dem Glasstäbchen ihre Schläfen. Sie wollte heute abend von anatolischen Dörfern sprechen und von den kleinen Booten, die an den Inseln des Marmarameeres kreisen und von rüstigen Arnauten geführt werden. Sie wollte den Staub der asiatischen Hügel spüren und die engen sonnengeschützten Gassen der fernen Städte.
Sie nahm eine schmale Bürste und fuhr über ihre weichen Wimpern. Sie wird im Ozean der heimatlichen Klänge baden, und die Fremden werden von Kamelen erzählen, die aus der Wüste kommen und gelbe Augen haben. »So«, sagte sie und blickte auf ihre rosigen Nägel. Sie wollte nett zu den Fremden sein, die sie beschimpft hatte und die den Staub der Heimat an ihren Fersen trugen.
Sie verließ das Haus. In der Hotelhalle erhob sich Sam Dooth. Neben ihm, die leeren, hellen Augen in die Ferne gerichtet, die Lippen zusammengepreßt, John Rolland. Er sah Asiadeh, seine Hand drückte ihre rosigen Finger. Die gebogene Osmanennase witterte den Geruch ihres Körpers, und er sagte gelassen: »Hanum, ich bin Euer Sklave.«
Sie saßen im Hotelrestaurant. Schweigsame Kellner servierten. Rollands Hände glitten über die Speisen. Gläser klirrten. Asiadeh sprach von ihrem Vater, der in Berlin lebte, von ihren Brüdern, die im Felde fielen, und von ihrem Hause, das am Bosporus stand.
»Sind Sie schon lange aus Istanbul weg?« fragte sie.
John sah sie an. Seine müden Augen glänzten matt unter den halb geschlossenen Lidern. Eine Frau! — dachte er — welche Frau! Zerreißt Geld und kann sich wehren. Eine richtige Osmanin, bester Istanbuler Schliff. Man soll eine Frau nie verstoßen, bevor man sie angeschaut hat. Ich war ein Narr. Aber jetzt bin ich klug. Das Gebet ist besser als der Schlaf. Und eine Frau ist besser als Wein. Sie wird meine Frau sein.
»Ja«, sagte er. »Wir sind schon lange aus Istanbul weg. Aber wir wissen: dem Volk geht es gut, die Heimat gedeiht, die Armee ist stark. Es gibt kein Leid mehr in Istanbul.«
»Und es gibt keine Osmanen mehr«, warf Asiadeh ein.
»Ja.« Johns Stimme klang sehr gleichgültig. Auch er war bester Istanbuler Schliff. »Es gibt keine Osmanen mehr. Es gibt nur noch Türken. Und es ist gut so. Die Osmanen waren wie alte Wölfe mit herausgefallenen Zähnen.«
»Sie hatten immerhin ihre Verdienste«, sagte Perikles, denn es war ihm bange vor Johns gleichgültiger Stimme.
»Ein Verdienst gibt keinen Anspruch auf ewige Dankbarkeit«, sagte John. »Alles war bemessen und alles abgewogen. Das Maß war voll!«
»Ich war mit einem Mitglied des Hauses Osman verlobt«, sagte Asiadeh. »Ein Diener soll nicht schlecht über seinen gestürzten Herrn sprechen.«
»Ich war nie Diener des Hauses Osman.« Rollands Wimpern hoben sich. »Aber Sie selbst, Hanum, zogen es vor, einen Wiener statt eines Osmanen zu heiraten. Das zeigt, daß das Maß voll war.«
»Er hat mich verlassen.« Asiadehs Stimme klang sehr kühl, und Sam Dooth entsann sich plötzlich, daß er noch telephonieren müsse und dann vielleicht noch ein Telegramm aufgeben wolle. Er ging und befahl dem Portier, eine Flasche Whisky auf Johns Nachttisch zu stellen. Er war ein kluger und vorsorglicher Mensch.
»Ich habe Ihren Vater in Berlin getroffen. Er hat mir aufgetragen, Sie zu grüßen.« John sprach leise, und seine Hände hingen schlaff herab.
»Sie haben meinen Vater gesehen? Sie kennen ihn?«
»Natürlich kenne ich ihn, sogar seit langer Zeit. Ich sah ihn zuerst am Babi-Saadet, an der Pforte der Glückseligkeit. Es war, als Memed-Raschid zum erstenmal den Mantel des Propheten küßte. Es ist schon eine Weile her. Wir traten durch das Tor des Kaisers ein. Es war am fünfzehnten Tag des Ramasan. Der Kaiser trug die Marschalluniform, und hinter ihm schritt der Großwesir. Wir gingen zum Saal des Heiligen Mantels. Er war ganz mit schwarzem Tuch ausgeschlagen. In riesigen Goldlettern waren Koranverse in das Tuch gestickt. In der Mitte stand die edelsteinbeschlagene Truhe, die den Mantel des Propheten barg. Aber ich langweile Sie mit diesen Erinnerungen. Es ist schon so lange her, und Sie sind eine moderne Frau.«
»Sprechen Sie weiter.« Asiadeh legte das Besteck weg. Ihre Wangen röteten sich. Es gab eine Zeit, in der ihr Vater neben dem Kaiser schritt, durch die Pforte der Glückseligkeit, zum Saale des Heiligen Mantels.
»Der Mantel des Propheten war in vierzig goldgestickte Gewänder gehüllt. Der Saal war mit Kerzen beleuchtet. Es war sehr heiß, und es dauerte sehr lange, bis die vierzig Gewänder abgestreift wurden. Der Kaiser war ein kranker Mann. Er stand da, auf das Schwert gestützt, seine Augen waren fast geschlossen. Er betete. Dann küßte er als erster den Mantel des Propheten. Nach ihm alle andern, der Reihe nach. Ihr Vater stand an achtunddreißigster Stelle. Er war damals noch ein junger General. Rechts vom Mantel stand der kaiserliche Hofmarschall. Er hielt ein Samtkissen auf ausgestreckten Händen. Auf dem Kissen lagen seidene Tücher. Nach jedem Kuß wischte er den Mantel mit einem seidenen Tuch ab. Jeder Würdenträger bekam ein Tuch. Dann kamen die Palastdiener. Sie trugen einen silbernen Wasserbehälter. Der Saum des Mantels wurde gespült. Das Wasser des Behälters wurde in kleine Flaschen gegossen. Jeder bekam eine Flasche, mit dem kaiserlichen Siegel versiegelt. Es war ein schöner Tag, als ich Ihren Vater zum erstenmal gesehen habe.«
Asiadeh starrte vor sich hin. Sie saß im großen hellerleuchteten Raum. Ein Ober im Frack verbeugte sich am Nebentisch. Auf einem Rollwagen wurden zahlreiche Hors d’њuvres vorbeigefahren. Der Mantel des Propheten war ein Gespenst, das unwirklich im Raume spukte, seltsam beschworen von den Worten des Fremden. Ein dunkles Zimmer, mit schwarzen Tapeten und ein kranker Kaiser, auf das Schwert gestützt. Die Bilder gingen ineinander über, sie durchkreuzten sich. Der Kranke saß am Tisch, und im silbernen Wasserbehälter schwammen die Forellen.
»War das das einzige Mal, daß Sie meinen Vater gesehen haben?«
»Nein, zehn Jahre später sah ich ihn wieder. In der Moschee des Fahnenträgers Ejub. Es war an dem Tage, als Wachdeddin sich mit dem Schwerte Osmans umgürtete. Neben dem neuen Sultan stand der dicke Talaat-Pascha. Enver trug volle Gala und hatte einen stachligen Schnurrbart. Ihr Vater war damals bereits Leiter des Privatkabinetts des Sultans. Wachdeddin hatte eingefallene Wangen und lange Hände. Er war der letzte, der sich mit dem Schwerte Osmans umgürtete.«
Er saß sehr ruhig da und trank Mokka. Jetzt runzelte er kaum merklich die Stirn. Er sah wie ein Automat aus, der mechanisch die Bewegungen vollführt, die ihm ein fremder Wille eingeprägt hatte.
»Wenn mein Vater der Achtunddreißigste im Gefolge Memed-Raschids war, an welcher Stelle standen dann Sie?« Asiadehs Stimme klang ganz harmlos.
»Ich? Ich war der Siebzehnte.«
Beide schwiegen. Am Nebentische gab ein Gast weitschweifig eine Bestellung auf.
»Sie sind ein Hochstapler«, sagte Asiadeh sanft. »Aber es macht nichts. Ich unterhalte mich gern über die alten Zeiten.«
»Ich bin kein Hochstapler.« Johns Stimme klang traurig. »Warum denken Sie, daß ich einer bin?«
»Weil… na ja. Es ist ja ganz einfach. Sie sind bestimmt nicht über vierzig. In der Zeit, als mein Vater der Achtunddreißigste im Gefolge des Kaisers war, konnten Sie noch keine zwanzig Jahre alt sein. Und Sie wollen an der siebzehnten Stelle gestanden haben?«
»Deshalb brauche ich noch lange kein Hochstapler zu sein.« Seine Stimme klang gar nicht beleidigt. Er schwieg eine Weile und sagte dann hart und die Worte abhackend:
»Kaiserliche Prinzen rangierten vor den Hofchargen und vor dem Militär.«
»Wie meinen Sie das?« Wilde Furcht zeigte sich in Asiadehs Augen. Der große Saal glich plötzlich einer Gefängniszelle. »Wie meinen Sie das?« wiederholte sie und verstummte. Sie brauchte keine Antwort mehr. Sie sah das schmale Gesicht, die hellen leeren Augen, die gebogene Nase. Sie sah die trockenen bösen Lippen und die kantige viereckige Stirn. Das Gesicht war regungslos, maskenartig, sogar die Augen standen still. Stachlig und starr blickten sie Asiadeh an.
»Nein«, sagte Asiadeh. »Nein, bitte nein.«
Sie fuhr mit dem Handrücken über ihre Lippen. Das Gesicht Rollands blieb starr. Er sprach kein Wort. Er sah sie an und glich einer versteinerten Statue, die sich aus einer urzeitlichen Welt in den lichtübergossenen Saal verirrt hatte.
»Ihr Vater nannte mir Ihre Adresse«, sagte er endlich. »Der Kaiser hat Sie mir zugesprochen. Ich dachte nicht an Sie. Weder in Istanbul, noch in Amerika. Jetzt sehe ich Sie. Jetzt denke ich an Sie. Sie sollen Mutter von Prinzen werden.«
Asiadeh schwieg. Sie blickte Rolland fest an. Sie lächelte nicht. Da war er also. Der Landesverwiesene, der Verschollene. In seinem Palast wuchsen Pinien. Sie kannte die Äste und Kronen, die hinter der breiten Mauer sichtbar waren. Auf der Terrasse saß oft ein dicker Eunuch, wahrscheinlich sein Hofmeister. Er war der Siebzehnte, der nach Memed-Raschid den Mantel des Propheten küssen durfte, und der schmalschultrige Wachdeddin hatte sie ihm zugesprochen. Sie gehörte ihm, jede Faser ihres Körpers war ihm zugedacht, für ihn lernte sie einst Persische Gedichte und arabische Gebete, für ihn lauschte sie den wilden Klängen der barbarischen Worte.
»Hoheit«, sagte sie, und ihre Stimme stockte. Die Gegenwart war wirr und phantastisch wie ein wilder Traum. Irgendwo in der Ferne erscholl Marions hochmütiges Lachen, erscholl und verstummte. Das Haus am Bosporus, die Heimat, die blutroten Sonnenuntergänge am Goldenen Horn, all das war wieder da, verkörpert in dem fremden Mann, der schmale böse Lippen hatte und sie starr anschaute.
Sie wollte plötzlich aufstehen, die schmale, schlaff herabhängende Hand ergreifen, ihre Lippen an die eckigen Schultern pressen. »Hoheit«, wiederholte sie und beugte den Kopf. »Ich bin Eure Sklavin, Hoheit. Ich folge Ihnen, wohin Sie befehlen.«
Sie hob die Augen. Für einen Augenblick war sie von einem wilden, rasenden, beinahe schmerzlichen Glücksgefühl ergriffen. Johns Lippen lächelten.
»Ich danke Ihnen«, sagte er, »Ihr Vater hat Sie gut erzogen. Kommen Sie morgen um fünf Uhr ins Hotel, wir werden alles vorbereiten.« Er hob sich. Er begleitete sie bis zur Tür. Sie ging über den Ring, und der Asphalt glich einem weichen Teppich. Das Glück — das Einmalige, Unfaßbare —, da war es plötzlich. Es hatte helle Augen und schmale Lippen, es sprach den weichen Dialekt Istanbuls. Es war plötzlich in ihr — unzertrennlich, wie ein Körperteil — das Glück.
Erst vor ihrem Hause fiel es ihr ein, daß sie verheiratet war und Frau Dr. Hassa hieß. Sie blieb stehen. Ängstlich blickte sie sich um. Die Straße war leer. Wie angewurzelt stand sie da und schüttelte fassungslos den Kopf. Es gab wirklich einen Menschen, der Hassa hieß und der mit ihr verheiratet war.
Plötzlich wandte sie sich um und ging schnellen Schrittes in der Richtung des Stadtparks.