37695.fb2 Das Testament der G?tter - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 26

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»Seid Ihr aufrichtig?«

»Ich bin es. Verzeiht mir, aber man erwartet mich.« Paser war ungeduldig und eitel gewesen; er hatte es allzu eilig gehabt, Recht zu sprechen, ohne nach dessen Buchstaben zu handeln. Zerknirscht sah der Richter seine Schritte jäh von einem Aufzug der Streitkräfte aufgehalten, den Heerführer Ascher mit großer Genugtuung leitete.

»Ich habe Euch herbestellt, Richter Paser, um Euch Neues von meiner Untersuchung mitzuteilen.« Monthmose war sich seiner sehr sicher. »Die Mumie ist die eines Jungkriegers, der bei einer Plänkelei in Asien fiel; von einem Pfeil getroffen, war der Soldat auf der Stelle tot gewesen. Wegen einer fast völligen Namensgleichheit sind seine Unterlagen mit denen des Oberaufsehers des Sphinx verwechselt worden. Die verantwortlichen Schreiber erklären sich für nicht schuldig; in Wahrheit hat niemand Euch in die Irre zu führen gesucht. Wir haben uns eine Verschwörung ausgemalt, wo es lediglich ein Versehen der Verwaltung gab. Noch mißtrauisch? Ihr tut unrecht. Ich habe jeden Punkt nachgeprüft.«

»Ich ziehe Euer Wort nicht in Zweifel.«

»Das freut mich.«

»Gleichwohl bleibt der Oberaufseher unauffindbar.«

»Befremdlich, das gestehe ich Euch zu; wenn er sich jedoch versteckte, um sich der Aufsicht des Heeres zu entziehen?«

»Zwei ehemals unter seinem Befehl stehende Altgediente sind bei einem Unfall gestorben.« Paser hatte diesen Begriff nachdrücklich betont; Monthmose kratzte sich am Kopf. »Was ist verdächtig daran?«

»Beim Heer müßte es irgendeinen Hinweis dafür geben, und Ihr wärt davon unterrichtet worden.«

»Gewiß nicht. Derartige Vorkommnisse betreffen mich nicht.«

Der Richter versuchte, den Vorsteher der Ordnungskräfte in die Enge zu treiben. Kem zufolge war er imstande, derlei Umtriebe anzuzetteln, um eine umfassende Säuberung in seiner eigenen Verwaltung vorzunehmen, in der manche Beamte seine Vorgehensweisen allmählich zu tadeln begannen. »Bauschen wir die Lage nicht etwas auf? Diese Angelegenheit ist eine Aufeinanderfolge unglücklicher Umstände.«

»Zwei Altgediente und die Frau des ehemaligen Oberaufsehers des Sphinx verstorben, er selbst verschwunden, so liegen die Dinge. Könntet Ihr die Obrigkeiten der Streitkräfte nicht ersuchen, Euch ihren Bericht über diesen … Unfall zukommen zu lassen?« Monthmose starrte auf die Spitze seines Binsenpinsels.

»Dieser Schritt würde als unziemlich angesehen werden. Das Heer mag die Ordnungskräfte nicht sonderlich, und …«

»Ich werde mich selbst darum bemühen.« Die beiden Männer verabschiedeten sich eisig.

»Heerführer Ascher ist gerade mit einem Auftrag in die Fremde aufgebrochen«, deutete der Schreiber des Heeres dem Richter Paser an. »Wann wird er zurückkommen?«

»Dienstgeheimnis.«

»An wen muß ich mich in seiner Abwesenheit wenden, um einen Bericht über den Unfall zu erhalten, der sich kürzlich nahe des Großen Sphinx zugetragen hat?«

»Ich kann Euch zweifellos helfen. Ach, das hätte ich fast vergessen! Heerführer Ascher hat mir ein Schriftstück anvertraut, das ich Euch in Kürze zustellen sollte. Da Ihr nun hier seid, übergebe ich es Euch eigenhändig. Ihr braucht es nur im Ausgangsverzeichnis abzuzeichnen.«

Paser löste die Leinenschnur, die den Papyrus zusammengerollt hielt.

Der Bericht schilderte ausführlich die bedauerlichen Umstände, die den Tod des Oberaufsehers des Sphinx von Gizeh und seiner vier Untergebenen in der Folge einer gewöhnlichen Begehung herbeigeführt hatten. Die fünf Altgedienten hätten den Kopf der riesigen Statue erklommen, um sich des guten Zustands des Gesteins zu versichern und mögliche, durch den Sandwind verursachte Beschädigungen zu melden. Einer von ihnen wäre ungeschickt abgerutscht und hätte seine Gefährten unseligerweise im Sturz mitgerissen. Die Altgedienten wären in ihren Geburtsorten, zwei im Delta, zwei im Süden, bestattet worden. Was die sterbliche Hülle des Oberaufsehers anbelangte, so wäre sie wegen der Würde seines Ehrenamtes in einer Nische des Heeres aufgebahrt und würde einer langen und sorgfältigen Balsamierung teilhaftig. Nach seiner Rückkehr aus Asien würde Heerführer Ascher höchstselbst die Begräbnisfeiern leiten.

Paser unterschrieb im Verzeichnis, um zu bestätigen, daß er das Schriftstück tatsächlich erhalten hatte. »Sind noch weitere Dinge in die Wege zu leiten?« fragte der Schreiber. »Nein, das wird nicht nötig sein.«

Paser bedauerte, Sethis Einladung angenommen zu haben. Bevor er sich bei den Streitkräften verpflichtete, wollte sein Freund dieses Ereignis in Memphis’ berühmtestem Haus des Bieres feiern. Der Richter dachte unablässig an Neferet, an dieses Sonnenantlitz, das seine Träume erleuchtete. Inmitten all der Zecher, die der Ort verzückte, fühlte Paser sich verloren und hatte kein Auge für die Nackttänzerinnen, junge Nubierinnen von schlankem Wuchs. Die Kundschaft saß auf weichen Kissen; vor sich Krüge mit Wein und Bier.

»Die Kleinen sind nicht zum Anfassen«, erklärte Sethi strahlend. »Sie sind nur da, um uns zu erregen. Sei beruhigt, Paser; die Wirtin versorgt uns mit einem Mittel von ausgezeichneter Güte, das aus zerstoßenen Akazienkernen, Honig und Datteln besteht und die Empfängnis verhütet.« Ein jeder wußte, daß die Akazienkerne Bestandteile enthielten, die die zeugende Kraft des Samens zerstörten; schon bei ihren ersten Liebestollereien benutzten die Jugendlichen dieses Mittel, um sich sorglos der Lust hinzugeben.

An die fünfzehn junge Frauen, mit durchscheinenden Leinenschleiern verhüllt, traten aus den rund um den Hauptsaal angeordneten Kämmerchen. Stark geschminkt, die Augen mit einem breiten Lidstrich umrahmt, die Lippen rot bemalt, eine Lotosblüte im gelösten Haar, schwere Reifen an den Handgelenken und den Fesseln, so näherten sie sich den hingerissenen Gästen. Paare bildeten sich ganz von selbst und verschwanden in den Kämmerchen, die durch Vorhänge voneinander abgetrennt waren.

Da Paser die Angebote zweier hinreißender Tänzerinnen abgewiesen hatte, blieb er allein in Sethis Gesellschaft zurück, der ihn nicht im Stich lassen wollte. Hierauf erschien eine Frau von ungefähr dreißig Jahren, deren einzige Bekleidung aus einem Gurt von farbigen Muscheln und Perlen bestand, welche aneinanderrasselten, während sie, die Leier schlagend, in langsamem Takt zu tanzen begann. Gebannt entdeckte Sethi ihre Tätowierungen: eine Lilienblüte auf dem linken Oberschenkel nahe dem Schamberg und über dem schwarzen Vlies ihres Geschlechts ein Abbild des Gottes Bes, um die Seuchen der Lust abzuwehren. Mit einer schweren, hell gelockten Perücke auf dem Haupt war Sababu, die Besitzerin des Hauses des Bieres, bestechender als das schönste ihrer Mädchen. Ihre langen, enthaarten Beine beugend, führte sie wollüstige Schritte aus, bevor sie schließlich auf den Zehenspitzen weiterwirbelte, ohne aus dem Takt zu kommen. Mit Ladanum[44] gesalbt, verströmte sie einen betörenden Duft.

Als sie sich den beiden Männern näherte, vermochte Sethi seine Leidenschaft nicht mehr zu beherrschen. »Du gefällst mir«, sagte sie zu ihm, »und ich glaube, daß ich dir gefalle.«

»Ich lasse meinen Freund nicht alleine.«

»Laß ihn in Frieden; siehst du nicht, daß er verliebt ist? Seine Seele ist nicht hier. Komm mit mir.« Sababu zog Sethi in das geräumigste Kämmerchen. Sie hieß ihn, sich auf ein niedriges, mit bunten Kissen bedecktes Bett zu setzen, kniete nieder und küßte ihn. Er wollte sie bei den Schultern packen, doch sie stieß ihn sanft zurück.

»Uns gehört die ganze Nacht, eile dich nicht. Lerne, deine Lust zurückzuhalten, sie in deinen Lenden anschwellen zu lassen, das Feuer auszukosten, das in deinen Adern fließt.«

Sababu nahm ihren Muschelgurt ab und streckte sich auf dem Bauch aus. »Streichle mir den Rücken.« Sethi gab sich diesem Spiel einige Augenblicke hin; der Anblick dieses bewundernswerten und mit größter Sorgfalt gepflegten Körpers, die Berührung mit dieser duftenden Haut machten es ihm jedoch unmöglich, sich weiter zu zügeln. Da sie der Stärke seiner Begierde gewahr wurde, widersetzte sich Sababu nicht länger. Sie mit Küssen bedeckend, liebte er sie mit Ungestüm.

»Du hast mir Wollust geschenkt. Du hast nichts gemein mit den meisten meiner Kunden; sie trinken zu viel, werden schlaff und weich.«

»Deinen Reizen nicht zu huldigen, wäre eine Sünde wider den Geist.«

Sethi streichelte ihre Brüste, auf jede ihrer Regungen bedacht; dank der kundigen Hände ihres Liebhabers fand Sababu vergessene Empfindungen wieder.

»Bist du Schreiber?«

»Bald schon Krieger. Bevor ich ein Held werde, wollte ich die süßesten Abenteuer kennenlernen.«

»In diesem Fall muß ich dir alles schenken.« Mit gespitzten Lippen und zarten Berührungen ihrer Zunge ließ Sababu Sethis Begierde von neuem erwachen. Sie umschlangen sich, und ein zweites Mal fanden sie gemeinsam, einen befreienden Schrei ausstoßend, zur höchsten Lust. Auge in Auge kamen sie wieder zu Atem.

»Du hast mich bezaubert, mein Widder, denn du liebst die Liebe.«

»Gibt es ein schöneres Wunschbild?«

»Du bist gleichwohl recht gegenwärtig.«

»Wie bist du Besitzerin eines Hauses des Bieres geworden?«

»Durch die Verachtung vermeintlich Edler und Hoher mit heuchlerischen Reden. Sie sind wie du und ich, den Zwängen ihres Geschlechts und ihrer Leidenschaften unterworfen. Wenn du wüßtest …«

»Erzähle mir.«

»Willst du mir etwa meine Geheimnisse entlocken?«

»Warum nicht?«

Trotz ihrer Erfahrung, trotz all der Körper schöner oder häßlicher Männer widerstand Sababu nur schlecht den Liebkosungen ihres neuen Liebhabers. Er weckte in ihr den Willen, sich an einer Welt zu rächen, in der sie so oft gedemütigt worden war. »Wenn du einst ein Held bist, wirst du dich dann meiner schämen?«

»Im Gegenteil! Ich bin mir sicher, daß du viele Berühmtheiten empfängst.«

»Da hast du nicht unrecht.«

»Das muß recht unterhaltsam sein …« Sie legte ihren kleinen Finger auf den Mund des jungen Mannes.

»Allein mein Tagebuch weiß darüber Bescheid. Wenn ich heiter und gelassen bin, dann nur seinetwegen.«

»Hältst du die Namen deiner Kunden fest?«