37695.fb2 Das Testament der G?tter - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 30

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»Er ist vor allem Geschäftsmann.«

»Glaubt Ihr an die Aufrichtigkeit seines Sinneswandels?«

»Die meisten Menschen verhalten sich nach den Erfordernissen ihrer eigenen Belange.«

»Habt Ihr Neferet wiedergesehen?«

»Neb-Amun läßt sie nicht aus seinen Fängen. Er hat ihr die Vermählung vorgeschlagen.« Paser wurde bleich. Brav, der die Verwirrung seines Herrn sogleich wahrnahm, blickte zu ihm auf. »Hat sie … abgelehnt?«

»Neferet ist zart und sanftmütig, doch niemand wird sie zwingen, gegen ihren Willen zu handeln.«

»Sie hat es abgelehnt, nicht wahr?« Branir lächelte.

»Kannst du dir auch nur einen Augenblick Neb-Amun und Neferet als Eheleute vorstellen?« Paser verbarg seine Erleichterung nicht. Beruhigt schlummerte der Hund wieder ein. »Neb-Amun will sie niederzwingen«, fügte Branir hinzu. »Auf der Grundlage falscher Berichte hat er ihre Unfähigkeit verfügt und sie aus der Gemeinschaft der amtlich bestallten Heilkundigen gejagt.« Der Richter ballte die Fäuste. »Ich werde diese falschen Zeugenaussagen anfechten.«

»Da wirst du kein Glück haben; zahlreiche Heiler und Arzneikundler stehen in Neb-Amuns Diensten und werden ihre Lügen aufrechterhalten.«

»Sie muß verzweifelt sein …«

»Sie hat beschlossen, aus Memphis fortzuziehen und sich in einem Dorf nahe Theben niederzulassen.«

18. Kapitel

»Wir reisen nach Theben«, verkündete Paser Wind des Nordens.

Der Esel nahm die Neuigkeit zufrieden auf. Als der Gerichtsschreiber Iarrot die Reisevorbereitungen bemerkte, sorgte er sich deswegen. »Bleibt Ihr lange fern?«

»Das weiß ich nicht.«

»Wo werde ich Euch, falls nötig, erreichen können?«

»Ihr werdet die Vorgänge bis zu meiner Rückkehr zurücklegen.«

»Aber …«

»Versucht, pünktlich zu sein; Eure Tochter wird nicht darunter leiden.«

Kem wohnte nahe der Werft, in einem zweigeschossigen Gebäude, in dem man an die zehn Unterkünfte von zwei und drei Zimmern eingerichtet hatte. Der Richter hatte den Ruhetag des Nubiers zum Reisetag erkoren und hoffte, ihn im Hort anzutreffen. Mit starrem Blick öffnete der Babuin die Tür.

Der Hauptraum war mit Lanzen, Schleudern und Messern angefüllt. Der Ordnungshüter war gerade dabei, einen Bogen instand zu setzen.

»Ihr hier?«

»Ist Euer Beutel bereit?«

»Hattet Ihr die Reise nicht aufgegeben?«

»Ich habe meine Meinung geändert.«

»Wie Ihr befehlt.«

Schleuder, Lanze, Dolch, Keule, Knüttel, Streitaxt, rechteckiger Schild aus Holz, all diese Waffen hatte Sethi während dreier Tage mit großer Fertigkeit gehandhabt. Er hatte die Sicherheit eines kampfbewährten Soldaten bewiesen und sich so die Bewunderung der Offiziere erzwungen, denen die Betreuung der zukünftigen Jungkrieger oblag. Als Abschluß dieser Erprobungszeit waren die Anwärter zum Soldatenleben im großen Hof der Hauptkaserne von Memphis zusammengerufen worden. Zur einen Seite die Verschläge der Pferde, die das Schauspiel neugierig beäugten; in der Mitte ein riesiges Wasserbecken.

Sethi hatte die Stallungen besichtigt, die über von Rinnen durchfurchten Pflastersteinen errichtet waren, in denen die Schmutzwasser abflossen. Die Reiter und die Wagenlenker hätschelten ihre Pferde; gut genährt, sauber und gepflegt, wurden ihnen beste Bedingungen zuteil. Ebenso hatte der junge Mann die Unterkünfte der Soldaten gewürdigt, die eine Baumreihe beschattete.

An soldatischer Zucht und Ordnung jedoch fand er weiterhin keinerlei Gefallen. Drei Tage Befehle und Gebell der unteren Offiziere hatten ihm die Lust am Abenteuer im Wehrkleid ausgetrieben. Die feierliche Vereidigung fand nach genauen Richtlinien statt; sich an die Freiwilligen wendend, versuchte ein Offizier sie endgültig zu überreden, indem er ihnen die Freuden beschrieb, in deren Genuß sie in den Reihen der Streitkräfte kommen würden. Sicherheit, Achtbarkeit und ein behagliches Ruhegehalt fanden sich unter den wesentlichen Vorzügen. Bannerträger hielten die Standarten der wichtigsten Verbände hoch, die den Göttern Amun, Re, Ptah und Seth geweiht waren. Ein Königlicher Schreiber schickte sich an, die Namen der Verpflichteten in seine Verzeichnisse aufzunehmen. Hinter ihm stapelten sich große Körbe voller Lebensmittel; die Heerführer würden danach ein Festmahl ausrichten, in dessen Verlauf man Ochsenfleisch, Geflügel, Gemüse und Obst verspeiste …

»Jetzt beginnt das schöne Leben«, murmelte einer von Sethis Gefährten. »Nicht für mich.«

»Du verzichtest?«

»Ich ziehe die Freiheit vor.«

»Du bist irre! Dem unteren Offizier zufolge bist du der beste der ganzen Einberufung; man hätte dir auf Anhieb eine gute Stellung zuerkannt.«

»Ich suche das Abenteuer, nicht die Anwerbung.«

»An deiner Stelle würde ich es mir überlegen.« Ein Bote des Palastes, einen Papyrus in der Hand, überquerte den großen Hof mit hastigen Schritten. Er zeigte das Schriftstück dem Königlichen Schreiber vor. Letzterer erhob sich und gab einige kurze Befehle aus. In weniger als einer Minute waren alle Tore der Kaserne verriegelt. Unter den Freiwilligen erhob sich Gemurmel. »Ruhe«, forderte der Offizier, der die werbende Ansprache gehalten hatte. »Wir haben soeben Anweisungen erhalten. Durch PHARAOS Erlaß seid ihr alle verpflichtet. Die einen werden zu den Kasernen im Lande aufbrechen, die anderen schon morgen gen Asien ausrücken.«

»Das bedeutet Notstand oder Krieg«, merkte Sethis Gefährte an. »Das ist mir einerlei.«

»Sei kein Dummkopf. Falls du zu fliehen versuchst, wirst du als Abtrünniger angesehen werden.« Dem Einwand mangelte es nicht an Gewicht. Sethi versuchte, die Aussichten einzuschätzen, die Mauer zu überwinden und in den benachbarten Gäßchen zu verschwinden: Es war hoffnungslos. Er befand sich nicht mehr in der Schule der Schreiber, sondern in einer von Bogenschützen und Lanzenwerfern bevölkerten Kaserne.

Einer nach dem anderen gingen die zwangsweise Ausgehobenen am Königlichen Schreiber vorüber. Wie die anderen Krieger hatte er sein zuvorkommendes Lächeln gegen einen nichtssagenden Gesichtsausdruck eingetauscht.

»Sethi … ausgezeichnete Ergebnisse. Du wirst als Bogenschütze an der Seite eines Streitwagenoffiziers dem Asien-Heer zugeteilt. Aufbruch morgen früh in der Dämmerung. Nächster.« Sethi sah seinen Namen auf einem Täfelchen erscheinen. Nunmehr war es ihm unmöglich, abtrünnig zu werden, es sei denn, er würde in der Fremde bleiben und Ägypten und Paser nie wiedersehen können. Er war nachgerade dazu verdammt, ein Held zu werden. »Stehe ich etwa unter dem Befehl von Heerführer Ascher?«

Der Schreiber hob erzürnt den Blick. »Ich sagte: der nächste.«

Sethi erhielt ein Hemd, ein Kleid, einen Überwurf, einen Brustpanzer, lederne Beinschienen, einen Helm, eine kleine doppelschneidige Axt und einen Bogen aus Akazienholz mit deutlicher Verdickung in der Mitte. Die ungefähr einen Meter sechzig hohe und schwer zu spannende Waffe schleuderte die Pfeile sechzig Meter weit bei geradem und hundertachtzig Meter bei angewinkeltem Schuß. »Und das Festmahl?«

»Hier hast du Brot, ein Pfund Dörrfleisch, Öl und Feigen«, antwortete der für die Verpflegung zuständige Offizier. »Iß, schöpfe Wasser aus dem Wasserspeicher und schlafe. Morgen wirst du Staub kosten.«

Auf dem gen Süden segelnden Schiff sprach man nur über den Erlaß von Ramses dem Großen, den zahllose Boten im ganzen Land verbreitet hatten. PHARAO hatte befohlen, alle Tempel zu reinigen, alle Schätze des Landes zu zählen, den Inhalt der Kornspeicher und der öffentlichen Vorratshäuser aufzunehmen, die Opfergaben für die Götter zu vervielfachen und für einen Feldzug nach Asien zu rüsten. Das Gemunkel hatte diese Maßnahmen noch aufgebauscht; man sprach von einem bevorstehenden Unheil, bewaffneten Unruhen in den Städten, Aufständen in den Gauen und einem bevorstehenden hethitischen Einfall. Paser sollte, wie die anderen Richter, über die Einhaltung der öffentlichen Ordnung wachen.

»Wäre es nicht besser gewesen, in Memphis zu bleiben?« fragte Kem. »Unsere Reise wird von kurzer Dauer sein. Die Vorsteher der Ortschaften werden uns erklären, die beiden Altgedienten wären Opfer eines Unfalls, einbalsamiert und beigesetzt worden.«

»Ihr seid nicht sonderlich zuversichtlich.«

»Fünf tödliche Stürze: Das ist die amtliche Wahrheit.«

»Ihr glaubt sie nicht.«

»Und Ihr?«

»Welche Bedeutung hat das noch? Falls es zu einem Krieg kommt, werde ich zurückberufen.«

»Ramses predigt den Frieden mit den Hethitern und den Fürsten Asiens.«

»Sie werden der Eroberung Ägyptens niemals abschwören.«