37695.fb2 Das Testament der G?tter - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 49

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»Ich mag den Tod nicht.«

»Das war nur ein törichter Ägypter!« Er gab ihr eine Ohrfeige. Bestürzt warf sie ihm einen haßerfüllten Blick zu. »Niemand hat mich je derart behandelt.«

»Schade.«

»Schlägt man Frauen in deinem Land?«

»Sie haben dieselben Rechte und dieselben Pflichten wie die Männer. Bei näherer Überlegung verdienst du mehr als eine Tracht Prügel.« Er stand drohend auf. »Geh zurück.«

»Bereust du deine Worte?« Panthers Lippen blieben geschlossen. Der Lärm eines wilden Rittes schreckte ihn auf. Die Krieger hasteten aus ihren Zelten. Er ergriff seinen Bogen und seinen Köcher. »Wenn du gehen willst, verschwinde.«

»Du wirst mich wiederfinden und töten.« Er zuckte mit den Schultern. »Verflucht seien die Ägypter!« Es handelte sich jedoch nicht um einen Überraschungsangriff, sondern um das Eintreffen Heerführer Aschers und seiner Sondereinheit. Schon machten Neuigkeiten die Runde. Der ehemalige Freibeuter umarmte Sethi überschwenglich. »Ich bin stolz, einen Helden zu kennen! Ascher wird dir mindestens fünf Esel, zwei Bogen, drei Bronzelanzen und einen Rundschild zuerkennen. Du wirst nicht lange einfacher Soldat bleiben. Du bist mutig, Bursche, und das ist recht selten, selbst bei den Streitkräften.«

Sethi frohlockte. Endlich erreichte er sein Ziel. Nun war es an ihm, Erkundigungen in des Heerführers Umgebung einzuziehen und den wunden Punkt herauszubekommen. Er würde nicht scheitern; Paser würde stolz auf ihn sein. Ein behelmter Hüne rief ihn plötzlich an. »Bist du Sethi?«

»Er ist es«, bestätigte der ehemalige Freibeuter. »Er hat uns ermöglicht, die feindliche Feste einzunehmen, und er hat sein Leben gewagt, um einen Ertrinkenden zu retten.«

»Heerführer Ascher ernennt dich zum Streitwagenoffizier. Schon morgen wirst du uns dabei helfen, diesen Lumpen von Adafi zu verfolgen.«

»Ist er auf der Flucht?«

»Er gleicht einem Aal. Doch der Aufstand ist niedergeschlagen, und wir werden diesen Feigling schon noch zu fassen bekommen. Dutzende von wackeren Männern sind bei den Hinterhalten gefallen, die er gelegt hat. Er mordet bei Nacht wie der räuberische Tod, besticht die Stammesoberhäupter und trachtet nur danach, Unruhe zu sähen. Komm mit mir, Sethi. Der Heerführer legt Wert darauf, dich höchstpersönlich auszuzeichnen.«

Wenngleich es ihm vor derartigen Feierlichkeiten graute, bei denen die Eitelkeit der einen bloß die Prahlerei der anderen anstachelte, willigte Sethi ein. Den Heerführer von Angesicht zu Angesicht zu sehen, entschädigte für die eingegangenen Gefahren. Der Held schritt durch zwei Reihen begeisterter Soldaten, die mit ihren Helmen auf die Schilde klopften und den Namen des Siegreichen brüllten. Von fern besaß Heerführer Ascher nichts von einem großen Krieger; klein und gedrungen, erinnerte er mehr an einen in den Ränken der Verwaltung bewanderten Schreiber. Zehn Meter vor ihm hielt Sethi jäh inne. Man stieß ihn sogleich in den Rücken. »Los, geh, der Heerführer erwartet dich!«

»Hab keine Angst, mein Junge!« Der junge Mann ging mit aschfahlem Gesicht weiter. Ascher tat einen Schritt auf ihn zu. »Hocherfreut, den Bogenschützen kennenzulernen, dessen Tugenden jedermann rühmt. Streitwagenoffizier Sethi, ich zeichne dich mit der Goldenen Fliege[62] der Tapferen aus. Bewahre dieses Schmuckstück gut; es ist der Beweis deiner Kühnheit.«

Sethi öffnete die Hand. Seine Waffenbrüder beglückwünschten ihn; alle wollten die so sehr begehrte Auszeichnung sehen und berühren. Der Held jedoch wirkte abwesend. Man schrieb sein Verhalten der Gemütsbewegung zu. Als er dann nach einem vom Heerführer erlaubten Saufgelage sein Zelt aufsuchte, wurde Sethi das Ziel schlüpfrigster Anzüglichkeiten. Würde ihm die schöne Panther nicht Angriffe ganz anderer Art vorbehalten?

Sethi streckte sich mit offenen Augen auf dem Rücken aus. Er sah sie nicht, sie wagte nicht, ihn anzusprechen, und kauerte sich fern von ihm zusammen. Glich er nicht einem blutleeren bösen Geist, der nach dem Lebenssaft seiner Opfer gierte? Der Heerführer Ascher … Sethi vermochte sich nicht mehr zu lösen vom Gesicht des hochrangigen Offiziers, dieses selben Mannes, der wenige Meter vor ihm einen Ägypter gefoltert und ermordet hatte. Heerführer Ascher, ein Feigling, ein Lügner und ein Verräter.

Durch die Gitterstäbe eines hohen Fensters beschien das Morgenlicht eine der einhundertvierunddreißig Säulen des ungeheuren überdachten Saales, der dreiundfünfzig Meter in der Tiefe und einhundertzwei in der Breite maß. Die Baumeister hatten den Tempel von Karnak mit dem ausgedehntesten Steinwald des Landes beschenkt, der mit rituellen Darstellungen verziert war, in denen PHARAO den Gottheiten opferte. Die lebhaften und schillernden Farben offenbarten sich nur zu gewissen Stunden; man mußte ein ganzes Jahr dort verleben, um den Lauf der Strahlen zu verfolgen, welche die den Gemeinen verborgenen Riten enthüllten, indem sie Säule um Säule, Darstellung um Darstellung erhellten. Zwei Männer schritten plaudernd durch den Mittelgang, den steinerne Lotos mit geöffneten Kelchen säumten. Der erste war Branir, der zweite der Hohenpriester des Amun, ein Mann von siebzig Jahren, dem es oblag, die Heilige Stadt des Gottes zu verwalten, über deren Reichtümer zu wachen und die rechte Ordnung zu wahren.

»Ich habe von Eurem Ersuchen gehört, Branir. Ihr, der so viele junge Geschöpfe auf den Weg der Weisheit geleitet hat, Ihr wünscht, Euch aus der Welt zurückzuziehen und im Inneren Tempel zu wohnen?«

»So ist mein Wunsch. Meine Augen werden schwächer, und meine Beine wollen nicht mehr gehen.«

»Das Alter scheint Euch jedoch nicht in solchem Maße zu behindern.«

»Der Schein trügt.«

»Eure Laufbahn ist weit davon entfernt, beendet zu sein.«

»Ich habe all meine Wissenschaft Neferet weitergegeben und empfange keine Kranken mehr. Was meine Behausung in Memphis anbelangt, ist sie von nun an Richter Paser vermacht.«

»Neb-Amun hat Euren Schützling nicht gefördert.«

»Er unterzieht Neferet harter Prüfungen, kennt jedoch ihr wahres Wesen nicht. Ihr Herz ist so stark, wie ihr Gesicht lieblich ist.«

»Ist Paser nicht gebürtig aus Theben?«

»In der Tat.«

»Euer Vertrauen in ihn scheint vollkommen.«

»Ihn beseelt ein Feuer.«

»Die Flamme vermag zu zerstören.«

»Ist sie bezähmt, erleuchtet sie.«

»Welchen Rang möchtet Ihr ihn einnehmen sehen?«

»Das Schicksal wird darüber bestimmen.«

»Ihr habt ein sicheres Gespür für Menschen, Branir; ein verfrühter Ruhestand würde Ägypten Eurer Gabe berauben.«

»Ein Nachfolger wird sich einstellen.«

»Auch ich sinne darüber nach, mich zurückzuziehen.«

»Euer Amt ist eine schwere Bürde.«

»Jeden Tag mehr, das ist wahr. Zuviel Verwaltung, nicht mehr genügend Andacht. PHARAO und seine Räte haben mein Gesuch gebilligt; in einigen Wochen werde ich ein bescheidenes Haus am westlichen Ufer des Heiligen Sees bewohnen und mich der Erforschung der Alten Schriften widmen.«

»So werden wir Nachbarn sein.«

»Ich fürchte nein. Eure Wohnstatt wird weit prunkvoller sein.«

»Was wollt Ihr damit sagen?«

»Ihr seid mein auserkorener Nachfolger, Branir.«

Denes und seine Gemahlin, Dame Nenophar, hatten die Einladung Bel-ter-ans angenommen, obwohl dieser ein Neureicher von allzu sichtbarem Ehrgeiz zu sein schien. Die Bezeichnung Emporkömmling, hatte Nenophar unterstrichen, stünde ihm bestens zu Gesicht. Gleichwohl war dieser Papyrushersteller keine zu vernachlässigende Größe; seine Gewandtheit, seine Arbeitskraft und seine Sachkenntnis machten ihn zu einem Mann mit Zukunft. Hatte er nicht das Wohlwollen des Palastes erwirkt, in dem er einflußreiche Freunde zählte? Denes konnte sich nicht erlauben, einen Kaufmann von solcher Bedeutung zu mißachten; daher auch hatte er seine äußerst verstimmte Gattin überredet, diesem Empfang beizuwohnen, den Bel-ter-an ausrichtete, um die Einweihung seines neuen Lagerhauses in Memphis zu begehen.

Die Nilschwelle kündigte sich spürbar an; die Pflanzungen würden angemessen bewässert werden, jeder würde seinen Hunger stillen können, und Ägypten würde Korn in seine Besitzungen in Asien ausführen. Memphis, die Erhabene, strotzte vor Reichtum.

Denes und Nenophar legten den Weg in einer herrlichen Sänfte zurück, die mit hohen Rückenlehnen und einem Bänkchen ausgestattet war, auf das sie ihre Füße legten. Geschnitzte Armlehnen begünstigten das Wohlgefühl und die Anmut der Haltung. Ein Himmel schützte sie vor Wind und Staub, zwei Schirmträger vor der bisweilen gleißenden Helligkeit des Abendlichts. Vierzig Träger eilten unter den Blicken der Gaffer vorwärts. Die Tragstäbe waren derart lang und die Zahl der Beine derart hoch, daß man das Ganze den »Tausendfüßer« nannte; und zu alledem sangen die Diener: »Wir mögen die Sänfte lieber voll denn leer«, wobei sie wohl an die hohe Entlohnung dachten, die sie als Gegenleistung für diese außergewöhnliche Mühsal einstrichen.

Andere zu blenden rechtfertigte die Ausgabe. Denes und Nenophar stachelten die Begehrlichkeit der um Bel-ter-an und Silkis versammelten Runde an. Seit Menschengedenken hatte man in Memphis keine so schöne Sänfte gesehen. Denes wischte die Schmeicheleien mit dem Handrücken beiseite, und Nenophar beklagte das Fehlen von Vergoldungen.

Zwei Mundschenke boten den Geladenen Bier und Wein an; alles, was Rang und Namen in der Memphiter Welt des Handels besaß, feierte Bel-ter-ans Aufnahme in den engen Kreis der Männer von Macht. Nun war es an ihm, die halb geöffnete Tür aufzustoßen und seine Fähigkeiten dadurch zu beweisen, daß er endgültig Fuß faßte. Denes’ und seiner Gemahlin Urteil würde dabei ein beachtliches Gewicht haben; niemand war zu den Besten der Kaufleute aufgestiegen ohne ihre Billigung. Fahrig begrüßte Bel-ter-an sogleich die Neuankömmlinge und stellte ihnen Silkis vor, der befohlen worden war, den Mund nicht zu öffnen. Nenophar musterte sie verächtlich. Denes betrachtete sich die Räumlichkeiten. »Lager oder Verkaufsstelle?«

»Beides«, antwortete Bel-ter-an. »Sofern alles gut verläuft, werde ich mich ausweiten und die beiden Geschäftszweige trennen.«

»Ehrgeiziges Vorhaben.«

»Sollte es Euch mißfallen?«