37695.fb2 Das Testament der G?tter - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 65

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»Du täuschst dich wieder einmal.«

Scheschis Spur zu finden hatte nur einige Tage benötigt. Am Morgen arbeitete er in der Wirkstätte des Palastes im Beisein der besten Forscher des Reiches. Am Nachmittag begab er sich in eine ausgegliederte Kaserne, die er vor der Morgendämmerung nicht wieder verließ. Über ihn selbst hatte Sethi nur Lobreden gesammelt: arbeitsam, sachkundig, unaufdringlich, bescheiden. Man hielt ihm bloß seine Schweigsamkeit und Zurückgezogenheit vor. Panther langweilte sich bald. Weder Bewegung noch Gefahr, sich mit Warten und Beobachten begnügen. Der Auftrag war völlig belanglos. Selbst Sethi verließ der Mut. Scheschi sah niemanden und verschloß sich in seiner Arbeit.

Der Vollmond erhellte den Himmel über Memphis. Panther schlief, an Sethi geschmiegt. Es sollte ihre letzte Spähernacht sein. »Da ist er, Panther.«

»Ich bin müde.«

»Er wirkt aufgeregt.« Schmollend schaute Panther hin. Scheschi durchschritt das Tor der Kaserne, schwang sich auf das Hinterteil eines Esels und ließ seine Beine schlaff hängen. Der Vierhufer setzte sich in Bewegung.

»Bald wird es dämmern, er kehrt in seine Wirkstätte zurück.«

Panther schien verdutzt.

»Für uns ist die Sache beendet. Scheschi ist eine Sackgasse.«

»Wo ist er geboren?« fragte sie.

»In Memphis, glaube ich.«

»Scheschi ist kein Ägypter.«

»Woher weißt du das?«

»Nur ein Beduine reitet seinen Esel auf diese Weise.«

Sethis Streitwagen hielt im Hof der Grenzfeste, die nahe den Sümpfen der Stadt Pithom gelegen war. Er vertraute seine Pferde einem Stallknecht an und befragte eilends den Schreiber der Einwanderung.

Hier nämlich mußten sich die Beduinen, die sich in Ägypten niederzulassen wünschten, einem strengen Verhör unterziehen. Zu gewissen Zeiten wurde keinerlei Einreise gestattet. In zahlreichen Fällen wurde das von dem Schreiber bei den Obrigkeiten in Memphis eingereichte Gesuch abschlägig beschieden.

»Offizier der Streitwagentruppe Sethi.«

»Ich habe von Euren Großtaten gehört.«

»Könntet Ihr mir über einen Beduinen Auskunft geben, der zweifellos vor langer Zeit schon Ägypter wurde?«

»Das ist nicht sehr vorschriftsgemäß. Aus welchem Grund?«

Sethi senkte verlegen die Augen. »Eine Herzenssache. Wenn ich meine Verlobte davon überzeugen könnte, daß er kein gebürtiger Ägypter ist, so glaube ich, wird sie zurückkehren.«

»Gut … wie heißt er?«

»Scheschi.«

Der Schreiber nahm Einsicht in seine Schriftenkammer.

»Ich habe hier einen Scheschi. Er ist tatsächlich Beduine, von syrischer Herkunft. Er hat sich vor nunmehr fünfzehn Jahren in der Grenzfeste vorgestellt. Da die Lage damals eher ruhig war, haben wir ihn einwandern lassen.«

»Nichts Verdächtiges?«

»Keine Unklarheiten beim Vorleben, keine Teilnahme an irgendeiner kriegerischen Handlung gegen Ägypten. Der zuständige Rat hat nach dreimonatiger Untersuchung ein günstiges Urteil abgegeben. Der Beduine hat den Namen Scheschi angenommen und Arbeit in Memphis als Gießer gefunden. Die während der ersten fünf Jahre vorgenommenen Überprüfungen seines neuen Daseins förderten nichts Unregelmäßiges zutage. Ich fürchte, Euer Scheschi hat seine Herkunft völlig vergessen.«

Brav schlief zu Pasers Füßen. Mit letzter Kraft hatte der Richter Branirs Vorschlag abgelehnt, obwohl dieser sehr darauf beharrte. Sein Haus zu verkaufen, wäre zu traurig. »Seid Ihr Euch sicher, daß der fünfte Altgediente noch immer am Leben ist?«

»Wenn er gestorben wäre, hätte ich es mit meiner Wünschelrute gespürt.«

»Da er heimlich untergetaucht ist und somit auf seinen Ruhesold verzichtet hat, ist er genötigt, für sein Überleben zu arbeiten. Kanis Nachforschungen waren planvoll und gründlich, jedoch ergebnislos.« Von der Terrasse aus schaute Paser auf Memphis. Mit einem Mal schien ihm der lautere Frieden der großen Stadt bedroht, als legte sich eine heimtückische Gefahr über sie. Falls Memphis betroffen war, würde Theben bald erliegen, und schließlich das ganze Land. Von einem Unwohlsein übermannt, setzte er sich.

»Auch du nimmst es wahr.«

»Welch grauenhaftes Gefühl!«

»Es verstärkt sich.«

»Sind wir nicht Opfer einer Täuschung?«

»Du hast das Übel tief in deinem Innern gespürt. Zu Anfang, es ist schon einige Monate her, glaubte ich an einen Wahntraum. Es ist zurückgekehrt, immer häufiger und immer bedrückender.«

»Worum handelt es sich?«

»Eine Geißel, deren Wesen uns noch unbekannt ist.« Der Richter schauderte. Sein Unwohlsein ließ nach, doch sein Körper bewahrte die Erinnerung daran. Ein Wagen hielt vor dem Haus. Sethi sprang heraus und stieg zum ersten Stock hinauf. »Scheschi ist als gebürtiger Beduine vor Jahren Ägypter geworden! Ich verdiene doch wohl ein Bier? Vergebt mir, Branir, ich habe es versäumt, Euch zu begrüßen.«

Paser bediente seinen Freund, der sich ausgiebig erfrischte. »Während ich von der Grenzfeste zurückfuhr, habe ich nachgedacht. Qadasch ist Libyer; Scheschi ein Beduine syrischer Herkunft, Hattusa eine Hethiterin! Alle drei sind Fremde. Qadasch ist ein ehrbarer Zahnheilkundiger geworden, gibt sich jedoch wollüstigen Tänzen mit seinen Landesgenossen hin; Hattusa mag ihr neues Dasein nicht und bewahrt ihre ganze Zuneigung für ihr Volk: Scheschi, der Einzelgänger, betreibt befremdliche Forschungen. Da haben wir die Verschwörung! Hinter ihnen steht Ascher und lenkt sie.«

Branir hüllte sich in Schweigen. Paser fragte sich, ob Sethi nicht soeben die Lösung des Rätsels geliefert hatte, das sie so ängstigte. »Du gehst zu schnell zu Werke. Wie könnte man sich irgendeine Verbindung zwischen Hattusa und Scheschi, zwischen ihr und Qadasch vorstellen?«

»Haß auf Ägypten.«

»Sie verabscheut Ascher.«

»Was weißt du schon?«

»Sie hat es mir versichert, und ich habe ihr geglaubt.«

»Leg deine Arglosigkeit ab, Paser, deine Einwände sind kindisch! Sei unvoreingenommen, und du wirst ohne Zögern deine Schlüsse ziehen. Hattusa und Ascher sind die denkenden Köpfe, Qadasch und Scheschi die Ausführenden. Die Waffen, die der Metallkundler fertigt, sind nicht für unser Heer bestimmt.«

»Eine Empörung?«

»Hattusa wünscht einen feindlichen Einfall, Ascher setzt ihn ins Werk.«

Gespannt, sein Urteil zu vernehmen, wandten Sethi und Paser sich Branir zu.

»Ramses’ Macht ist nicht geschwächt. Ein Versuch dieses Ausmaßes wäre zum Scheitern verurteilt.«

»Und dennoch bahnt er sich an!« meinte Sethi. »Wir müssen handeln, diesen Aufruhr im Keim ersticken. Wenn wir auf dem Rechtswege ein Verfahren gegen sie einleiten, werden sie Angst bekommen, da sie sich enttarnt wüßten.«

»Falls unsere Beschuldigungen als unbegründet und verleumderisch bewertet werden, würden wir schwer bestraft, und sie hätten freie Bahn. Wir müssen zielgenau und hart zuschlagen. Wenn wir den fünften Altgedienten zur Hand hätten, wäre Heerführer Aschers Glaubwürdigkeit zutiefst erschüttert.«

»Willst du erst das Unheil abwarten?«