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ACHT - CERATIO

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»Um der Wahrheit die Ehre zu geben, Madame: In den zurückliegenden Monaten war ich nicht immer ganz sicher, ob ich noch Gelegenheit finden würde, diese Partie zu Ende zu führen. Aber ich bitte Euch, mir zu glauben, dass ich niemals aufgehört habe, unseren Sieg für möglich, ja für wahrscheinlich zu halten - la victoire pour les blancs.«

Ihr Lächeln wirkte matt, kein Wunder nach den erlittenen Verlusten. Das Dasein einer Schachkönigin hatte sie sich gewiss weniger zehrend vorgestellt.

Man schrieb den 27. Dezember 1607 A.D. den letzten Donnerstag des in den allerletzten Zügen liegenden Jahres. Die Welt vor d’Alemberts Fenstern war unter fingerdickem Eis versiegelt, das in der Wintersonne gleißte wie ein riesenhafter Spiegel. Und doch wissen wir beide, Markéta, dass diese Welt ganz etwas anderes ist.

Seit er den Weihnachtsabend im Großen Saal verbracht hatte, fühlte sich d’Alembert überraschend gekräftigt. Im Stillen führte er diese Wiedererweckung seiner Lebensgeister auf den Anblick des Mumienknäbleins zurück, das während des ganzen Weihnachtsfestes vor ihm durch seine Welt aus Spiritus geschwebt war, doch er scheute sich, davon zu sprechen, so wie er auch niemals irgendwem von seiner Begegnung mit dem Bändiger Bandinello berichtet hatte.

»Lasst uns methodisch vorgehen, Madame«, schlug er vor, »wie es einem guten Spieler geziemt.« Er richtete den Daumen seiner linken Hand auf und klopfte mit seinem Stöckchen dagegen. »Am Weihnachtsmittag ist der Bader Pichler verschwunden - im Hospizsaal, vor aller Augen, wie Ihr sagt.«

Aufmerksam sah sie ihn an, ein wenig vorgebeugt in dem Fauteuil sitzend, das Pavel extra für sie vor den Kamin gerückt hatte.

»Am Weihnachtsabend« - er hob den Zeigefinger - »ist der Nabellose abhanden gekommen, im Durchhaus, direkt von Eurer Seite, wie Ihr mir erklärt habt. Und die Rätselfrage lautet nun: Was hat diese vermeintlichen Wunder möglich gemacht? Da Ihr ja wohl so gut wie ich davon ausgeht, dass es sich nicht um wahrhaftige Wunder handelt, ungeachtet des Datums, das sich für übernatürliche Interventionen allerdings anbieten würde.«

Tatsächlich fühlte er sich mit jedem Satz, jeder eleganten Formulierung besser, den schönen Künsten zurückgegeben, wie er sich im Überschwang sagte. Für einen Moment erwog er sogar, sich von seinem Sofa zu erheben und zwischen Tür und Fenster auf und ab zu gehen, was auf seinen Geist immer sehr ermunternd gewirkt hatte. Doch er tat besser daran, seine Kräfte noch zu schonen. Überdies hockten Fabrio und Lenka auf dem Teppich zu seinen Füßen und wandten keinen Blick von seinem Antlitz.

»Aber ich fleh Euch an, Maître«, rief Markéta in seine Betrachtungen hinein, »sagt’s mir schnell und einfach, wenn Ihr’s wisst: Wo sind sie hin? Wo ist Vater Sigmund, wo Flor? Erzählt mir doch bitte nichts von echten oder falschen Wundern, ich verreck vor Angst und Schmerz!«

D’Alembert setzte eine reuige Miene auf, doch seine Gedanken waren von den Wunden ihrer Seele weit entfernt. »Ich habe ihn einmal unterschätzt, Madame, ein Fehler mit weitreichenden Folgen, wie ich heute weiß. Ich habe zugelassen, dass er in mein Terrain eingedrungen ist, dass er meinen Geist behext hat mit Bildern seiner Welt und Wirklichkeit. Das darf nie wieder geschehen, und mehr noch: Um die Scharte auszuwetzen, müssen nun auch wir zu ihm hinüber, in sein Terrain und ihn blenden, wie er uns verblendet hat.«

Ihre Augen öffneten sich weit und wurden im nächsten Moment zu blitzend grünen Schlitzen. Sie versteht kein Wort, dachte er.

»Ihr meint, wir sollen« - wie schon einmal deutete sie abwärts - »hinunter zu ihm?«

Still bat sie der Maître um Verzeihung. Auch Euch habe ich einmal unterschätzt, Madame, glücklicherweise mit weniger unheilvollen Folgen. Aber künftig will ich mich immer daran erinnern, dass Ihr eine Frau von fein verzweigter Herzensbildung seid.

Er nickte. »Mit dem übernächsten Zug, Markéta; bitte noch einen Augenblick Geduld. Einen weiteren Fehler können wir -Ihr und ich - uns nicht erlauben.«

Jetzt erst fiel ihm auf, dass er noch immer Daumen und Zeigefinger gespreizt hielt, das Stöckchen dazwischen wie der Pfeil auf straff gespanntem Bogen. Auch der Pfeil zielte abwärts, auf den verblassten Fleck in seinem Teppich, just zwischen den kalbsledern verhüllten Knien der Syrakuser.

»In den Wochen und Monaten, als ich hier lag, Madame, hatte ich hinreichend Zeit, über die Pläne des Magisters nachzudenken. Ich ahnte oder vielmehr träumte manchen Zug des Lumpenteufels - um Eurer trefflichen Bezeichnung zu gedenken - sogar im Voraus, und ich meine auch jetzt zu wissen, wie die Partie aus seiner Perspektive steht und welchen Ausfall er als Nächstes wagen will.«

Mit einiger Mühe erhob er sich nun doch von seinem geliebten Hirschsofa und stand einen Moment lang starr zwischen den Zwillingen, dann machte er eine rasche Folge unbeholfener Schritte auf den Winterhimmel zu.

Die Moldau tief unter seinen Fenstern war zugefroren, der Anblick bedrückte und tröstete ihn gleichermaßen, wie damals der niedergeschossene Bär. Langsam wandte er sich um, mit der Hüfte an die Fensterbank gelehnt, mit dem Stöckchen auf Markéta weisend. »Euer Vater Sigmund und der Nabellose sind unten in Hezilows Keller, Madame, daran gibt es für mich kaum einen Zweifel. Und dennoch müssen wir uns sorgsam vergewissern, ob diese Annahme zutrifft, ehe der entscheidende Vorstoß riskiert werden kann. Wenn meine Berechnungen auch nur einen winzigen Fehler enthalten, ist das Spiel verloren, deshalb sollten wir zunächst einen kleinen Zug zur Seite tun.«

Aufmerksam sahen Lenka und Fabrio von ihm zu Markéta. Das Feuer im Kamin fauchte, für einige Dutzend Herzschläge sagte niemand ein Wort.

»Einen kleinen Zug zur Seite«, wiederholte Markéta endlich, »was heißt das? Und wieso meint Ihr, dass Vater Sigmund und Flor grad dort unten schmachten?« Sie rieb sich mit den Fäusten über die Augen; eine anrührende Geste, dachte d’Alembert. »Wie sollen Hezilows Kerle den Bader denn dorthin geschafft haben«, fuhr sie fort, »am helllichten Tag vom unteren Burghof zum Gewölbetor hinauf? Und wie den armen Flor? Da war es zwar tiefe Nacht, aber nachdem die Kutsche vorbei war, hätt ich’s doch hören müssen, wenn da jemand durch den Schnee gegangen wär, und gar mit einer solchen Last?«

Er machte Fabrio ein Zeichen, und der Syrakuser sprang herbei. Schwer stützte sich d’Alembert auf seinen Arm und ließ sich zurück zu seinem Sofa führen. »Ihr vergesst die Gänge«, sagte er, »die geheimen Gänge und Treppen und Schächte überall in der Burg. Auch vom Hospizsaal müssen solche Röhren hinüber und hinab in Hezilows >Helle< führen, desgleichen vom Durchhaus. Jedenfalls scheint mir dies die eleganteste Erklärung für das wundersame Verschwinden der beiden Personen, und nebenbei die einzige.«

Seine Knie zitterten, als er sich in die weichen Polster zurücksinken ließ. O ihr Götter, dachte er, lasst mich auf dieser Erde bleiben, bis der Fiebertraum verblasst ist und ich in Fabrios Antlitz wieder nur ihn selbst erblicke, den geliebten Einzigen und nicht das Urbild von Millionen Spiegelfabrios.

»Geheime Gänge?« Sie war bleich geworden, mit angespannter Miene erhob sie sich von ihrem Sessel und machte einen Schritt auf ihn zu.

»Wisst Ihr übrigens, ma chère madame, wem ich das einzigartig weiche Hirschleder dieses Sofas verdanke?« Mit der flachen Hand fuhr er über die samtige Lehne.

»Julius’ Jagdfieber, nehm ich an.« Sie sagte es in sonderbar zerstreutem Ton, und ihr Blick ging an ihm vorbei, so als ob sie sich schon durch dunkle Röhren krauchen sähe. »Und der Zug zur Seite, den Ihr vorschlugt, Maître - zur Vergewisserung, bevor es in die Hölle runtergehen soll?«

»Nun, ma chère, dem Fegefeuer pflegt ein Schlummer in wurmigem Bett vorauszugehen. Versichert Euch der Hilfe einiger Männer aus der Stadt, kräftiger Burschen am besten, die den Mund halten können und deren Seele sich nicht allzu leicht verstören lässt. Sie sollen zwei bis drei Gräber auf dem Pestfriedhof vorm Budweiser Tor öffnen, aber Obacht: Kommandant Mular hat Befehl, den Rabenacker neben Schatzens Galgenstätte sorgsam zu bewachen.«

Er hielt inne, bis sie aufblickte wie jemand, der aus bösem Traum erwacht. Aber der Alb beginnt erst, dachte er und sagte: »Wenn die Körper der Begrabenen nicht wie gesotten aussehen, wenn ferner die Schädel nicht über der Nasenwurzel lotrecht gespalten wurden, dann, Madame, ist Magister Hezilow ein ehrenwerter Mann, dessen Lob wir zusammen bis zum Ende unserer Tage singen sollten.«

77

Den 28. Dezember 1607 A.D. im Hradschin zu Prag Mon cher maître, Vertrauter meiner geheimsten Hoffnungen und Sorgen, so lange schon bin ich ohne Nachricht aus Krumau. Die Furcht um Euch und meinen Sohn könnte kaum ärger an meinem Herzen nagen, wenn Ihr in die Neue Welt gesegelt wäret, um dort Pyramiden niederzurennen, den Urwald zu roden, ein eigenes Reich zu begründen, wie es Don Julius wahrhaftig einmal ausgesonnen hatte. Selbst die Größe der benötigten Flotte hatte er schon berechnet und den Blutzoll, den er im Kampf gegen die kakaobraunen Verteidiger entrichten müsste. Doch dann verfielt Ihr, werter Charles, auf die weit glücklichere Idee, die Bestien seines Ehrgeizes mit der Herrschaft von Krumau einzuschläfern.

Kein Abend, Monsieur, keine Nacht seit vielen Wochen, in denen der Schlaf nicht vor mir flöhe, weil meine Seele wie ein Heer von Burggespenstern um die Wahngemäuer meiner Ängste jagt. Ist Julius wohlauf? Kann Medikus von Rosert die Pestilenz niederwerfen? Wie ergeht es Euch selbst, mon ami? Wirkt sich der Einfluss, den die junge Markéta von Ludanice auf den Grafen nimmt, noch immer so besänftigend auf seinen Charakter aus?

Ah, mir tut’s jede Woche weher, dass ich damals im Herbst nur ein paar abgerissene Worte mit ihr wechseln konnte, auf dem Burghof vor dem Tor zur »alchimistischen Unterwelt«, wie schon der selige Wilhelm die moderfeuchten Gewölbe nannte. Ruhelos lief sie im Hof auf und ab, hübsche, hochgewachsene, eigensinnig dreinblickende Person im Herbstzeitlosenkleid. Doch der »Nabellose« war gerade von ihrem Busen gerissen worden, auf Befehl des Grafen und zum Frommen des alchymischen Prozesses, das zehrte offenbar an ihrer Contenance. Ich redete sie an, - »ah, seine Mutter«, bekam ich zurück, mit einem Lächeln, das mich in die Tiefe ihrer Seele blicken ließ. Sie ist stark und gut, cher maître, leidenschaftliche Geliebte und treue Gefährtin, von kraftvollem Blut und feinem Gefühl, regsamem Gewissen und hellem Geist. Nun, das alles wisst Ihr besser als ich selbst. Und ob ihre Mutter, jene Bianca da Ludanice, nun eine Hochstaplerin war, wie Ihr einmal anklingen ließet, oder eine siebenbürgische Adlige von sieben Generationen hinabreichendem Stammbaum, darf und muss uns herzlich gleich sein, hoch geschätzter Charles, wenn Madame Markéta nur die magmatischen Tiefen des gräflichen Charakters unter den Hainen der Sanftheit und den Rabatten der Wohlanständigkeit begraben hält.

Aber ich schweife ab, mon cher, mit niemandem ist tröstlicher zu plaudern als mit Euch.

Auch der Majestät wird das Warten immer saurer, es ist aber keine tiefere Sorge um Julius. »Wenn nur die Krumauer Pest bald abgetan wäre«, sagt er wieder und wieder, »auf dass ich den Magister endlich zu mir ziehen kann.« Im Übrigen lobt er Euch und Euren Medikus in warmen Worten: »Eine Pestwoge, die in acht Wochen keine siebzig Untertanen frisst, das mach dem Franzosen und seinem Feuerkopf mal einer nach.«

Warum nur kann ich nicht wie er empfinden? Warum will sich mein törichtes Mutterherz nicht beruhigen, warum pocht es wie ein kranker Vogel mir im Busen, wenn meine Gedanken nur ein wenig moldauabwärts schweifen?

Lasst von Euch hören, Maître, ich flehe Euch an. Julius’ Gardisten, die in vorbildlicher Strenge die Grenzen der Grafschaft verriegelt halten, sollen Euren Brief an meinen Boten übergeben, der in der Poststation vor Vargasz Tag und Nacht Eurer heiß ersehnten Zeilen harrt. Schickt einer verzweifelten Mutter ein winziges Zeichen, um ihre Seele zu besänftigen, verehrter Freund, und wenn der Kampf gegen die Pest Eure Kräfte ganz und gar beansprucht, so werft einfach ein paar hastige Lettern aufs Papier: »Wohlauf!«

Mit ergebensten, sehnsüchtigsten etc. etc. Katharina da Strada.

Den 28. Dezember 1607 A.D. in der Burg zu Krumau Chère madame, gleich einem gleißenden Fixstern schwebt Ihr hoch über mir am Himmel, um mich zurück auf den Siegesweg zu zwingen, wann immer ich abzuirren drohe. Verzeiht, dass ich Euch so lange ohne Auskunft ließ, und bitte seht mir nach, dass ich auch diesen Brief an Euch nicht absenden werde: Ich muss schweigen, noch ein paar Augenblicke die Lage begrübeln, wie jeder meisterliche Schachspieler es tun soll vor dem großen Stoß.

Oder habt Ihr jemals einen Virtuosen des Königsspiels rühmen gehört, der seinen Plan in allen Halb- und Winkelzügen vor den Augen des erfreuten Widersachers offen legte? Ich muss also schweigen, bald aber sollt Ihr von Krumau hören, so schallend, dass es Euch und der Majestät noch lange in den Ohren widerhallen wird.

Sie haben mir alles genommen, Madame, Schlüssel- und Befehlsgewalt über Burg und Gesinde, Beamte und Garde, Boten und Späher.

Nur aus Höflichkeit, oder aus einer geringfügigen Scheu, die von früher her noch in ihm zittern mag, lässt Julius mich nicht in den Hungerturm werfen, zu jenem kaiserlichen Boten, der die Nachricht vom Ritterschlag brachte und zum Dank seinerseits einen Faustschlag erhielt.

Nun, geprügelt wurde ich bisher nicht, fürs Erste haben sie wohl auf die Elixiere vertraut, die Hezilow für mich mischte und der Medikus mir mit allerbesten Genesungswünschen überbringen ließ. Ich goss sie in den Nachttopf und ließ mir stattdessen den Trank des Baders Pichler einflößen, eine Kur, die gegen den Löwen in der Brust gleichfalls wenig verschlug, der Bestie aber zumindest nicht noch die Flanken stärkte.

»Ihr seid krank, Maître, Ihr müsst Euch schonen.« Mit diesen rücksichtsvollen Worten hindern sie mich weiterhin, zu meinen angestammten Pflichten zurückzukehren. Die Schlüssel zu Geldtruhen, Schatz- und Vorratskammern halten Hasslach und Skraliçek in Händen, Julius’ kriecherisch Vertraute, und an die Spitze der Gardisten hat er eine tückisch hündische Kreatur gesetzt, namens Jan Mular, einen boshaften Burschen, der seine Zähne bereitwillig in jede Kehle schlägt, die sein Herr ihm bezeichnet.

Und Kasimir von Rosert, der mit der Pestilenz so heldenhaft ringt wie der Sensenmann beim Erntetanz mit der moderhüftigen Frau Welt? Ihr erinnert Euch vielleicht, Madame, an Kasimirs spezielle Narretei: Er ist ja besessen von dem Wahn, menschengestaltige Apparate zu erschaffen, nicht marmorne Bildwerke wohlgemerkt, sondern Machinationen aus Metall und Rädern, die seit Jahren vor seinem geistigen Auge auf und nieder stapfen, dabei mit schnarrender Stimme geistlose Sätze lallend. Da war es für den Puppenmacher leicht, ihn zum schwarzen Bündnis zu bewegen: Der Medikus schickt ihm die Befallenen ins Labor hinunter, auf dass der Magister den Spiritus vitae aus den todgeweihten Leibern dampfe und in seinen alchimistischen Apparaten neues Leben daraus destilliere: aus ihrem Stirnodem, aus spermium und Weiberblut.

Das ist unzart, grell, o ich weiß, chère madame, doch so sind die schwarzen Pläne nun einmal beschaffen. Um sie zu durchkreuzen, muss ich sie kennen, durchdringen, mich in ihr Innerstes versenken, wie es mir auch in der Kehle würgen, Magen und Herz mir verkrampfen mag.

Alles, wahrlich alles will ich tun, um ihn zu retten, Katharina. Denn Julius ist mein Sohn, mein Leben, Ihr wisst es, ich bin sein Vater, in jedem anderen als jenem einen, tierischen Sinn. Ich bin müde, Madame. Immer noch lauert der glühende Leu tief in meiner Brust. Ich werde das Spiel zu Ende bringen, das schwöre ich Euch, zum bestmöglichen Ende, und dann mich niederlegen.

Der Gedanke, Fabrio opfern zu müssen, treibt mir Tränen in die Augen, Madame. Aber selbst das werde ich tun, wenn der Lumpenteufel mir keinen besseren Zug erlaubt: Fabrio opfern, den Geliebten, um Julius zu retten, meinen Sohn.

Die ganze Welt, träumte ich letzte Nacht, wird in einer riesigen Feuersbrunst zerfallen. Und die Welt, die aus der Asche neu emporblüht, wird von Homunkeln und öden Machinationen bevölkert sein, fern jeder geistigen Feinheit und ästhetischen Raffinesse.

Erlaubt mir, die Feder aufs Pult zu werfen, Katharina. Erlaubt mir, diese Blätter gleich wieder zu zerrei ...

78

»Ich weiß ja, wovon Ihr träumt, Markéta: dass wir endlich nach Prag fahren, Ihr und ich in prachtvollem Zug moldauaufwärts, um den Segen der väterlichen Majestät zu erflehen.«

Sie erstarrte in seinen Armen. »Treibt nicht Euren Spott mit mir, ich bitt Euch, Julius. Ihr habt Recht, ich träum immer noch davon in manchen Stunden. Aber dann wieder wein ich vor Kummer, weil ich vorausseh, dass Ihr und ich ...«

»Was - wir beide? Was wolltet Ihr sagen, Markéta?« Er rollte sie auf den Rücken und schob sich über sie, die Fäuste zu ihren Seiten aufstützend.

Das Messingglöckchen am moldaublauen Samthimmel über ihnen begann schütter zu bimmeln. Das an den Glockenstrang gebundene Klatschmohnsträußlein schaukelte im Takt ihrer Gegenwehr.

»Lasst mich, Julius - nicht jetzt, nicht so!« Sie versuchte ihn von sich zu schieben, das gefiel ihm. Ihre kleinen braunen Fäuste drückten sich gegen seine nackte Brust.

»So nicht? Ja, wie denn sonst? Wollt Ihr mir wieder mit Eurem Nabellosen kommen? Der bleibt beim Magister, und basta. Hezilow braucht ihn fürs alchymische Gelingen, und jetzt kein Wort mehr von Flor, ich befehl’s! Aua! Was für eine Bestie Ihr doch sein könnt! Und wenn ich Euch nun versprechen würde, dass wir gleich nach Neujahr hochfahren nach Prag?«

»Ihr verspottet mich schon wieder! Wie sollte das denn gehen - noch lodert ja die Pest! Keiner kann in die Stadt hinein, keiner hinaus.«

»Aber ich bin der Herr.« Er nutzte ihre Verwirrung. »Voilà, madame: Für mich ist immer eine Pforte offen.«

Die Mohnblüten schaukelten heftiger, das Glöckchen bimmelte stürmischer.

»In einer Woche allerärgstens ist der Pestspuk vorbei. Auch Hezilow will bis dahin am Ziel sein: Einen ganzen Kristallballon voll hat er mir versprochen, zwei Dutzend Homunkel von den ungefähren Maßen dieses - dieses - Zauberstabs.«

»Oh, mein lieber Herr, oh, oh!« Ihre Beine schlangen sich um seine Mitte. »Herbei mit dem Homunkel! Und dann, sagt Ihr, fahren wir nach Prag?«

»Ich gelob’s.«

»Und Ihr bittet die väterliche Majestät, in unsre - in unsre Vermählung einzuwilligen?«

»Das Gold und die Homunkel, Markéta.« Er küsste sie auf die Spitzen ihrer tanzenden Brüste, links und rechts und links. »Goldströme, Homunkelfluten. Sie werden mich emporschwemmen, in die allerhöchsten Höhen!«

»Euch allein, Julius - oder uns zwei?«

Funkelnde Fluten schossen in ihm empor. »Ströme, Ströme, Ströme, Markéta!« Er keuchte. »Goldströme, Homunkelfluten, schimmernde Aquastergüsse, und dann mach ich dich zur Königin, ah!«

Markéta schloss die Augen und spürte, wie die Woge seiner Leidenschaft sie hoch und immer höher trug. Zugleich sah sie sich selbst und Julius wieder vor sich, wie sie durch einen Schlosssaal schritten, und diesmal nahmen sie auf den prachtvollen Thronen Platz. Am Ende bekommt er doch noch eine der väterlichen Kronen, dachte Markéta, dann werden wir wahrhaftig ein Königspaar - und dann dachte sie überhaupt nichts mehr, bis ins Innerste vor wollüstigem Glück erschauernd.

»Aber bis dahin heißt’s wachsam sein!«, stieß er hervor und ließ sich atemlos auf den Rücken fallen.

»Wachsam, Julius? Was meint Ihr?«

Er schloss die Augen und lauschte dem Tosen seines Pulsschlags.

»Noch haben wir nicht gewonnen.«

»Aber was hättet Ihr denn noch zu befürchten?«

Sie drehte sich neben ihm auf die Seite und sah ihn an, den Kopf in ihre rechte Hand gestützt. Seine Augen verengten sich, und er stieß einen wohligen Seufzer aus, als sie mit der linken Hand über seinen Bauch zu streichen begann, im Uhrzeigersinn seinen Nabel umkreisend.

»Letzte Nacht«, murmelte er, »hat sich jemand an den Pestgräbern zu schaffen gemacht. Die Wächter haben wohl das Ärgste verhindert, aber es zeigt, dass immer noch Gefahr droht.«

Zwei Gräber hatten sie geöffnet, die Särge herausgeholt, die Deckel aufgestemmt. Ehe sie allerdings mit den Leichnamen in der Nacht verschwinden konnten, waren die Gardisten herbeigestürmt und hatten die dreisten Räuber in die Flucht geschlagen.

Markétas Hand glitt sanft abwärts und packte dann so fest zu, dass er den Atem anhielt. Gleich darauf saß sie auf ihm, vorgebeugt wie eine Reiterin, die Hände auf seinen Schultern. »An den Pestgräbern? Aber wer macht denn so was, mein Herr?« Sie begann auf seiner Mitte auf und ab zu hüpfen.

»Einen der Kerle haben meine Soldaten geschnappt.« Julius öffnete die Augen und weidete sich am Anblick ihrer Brüste, die über ihm auf und nieder sprangen. »Er heißt Balthasar Kuckuck, glaub ich, und wurde heut bei Sonnenaufgang von meinem braven Schatz aufgeknüpft.«

Sie erstarrte über ihm, ihr Schoß zog sich so hart zusammen, dass er beinahe aufgeschrien hätte.

»Kennst du ihn etwa?«

Markéta sah auf ihn herunter, doch in diesem Augenblick nahm sie ihn kaum wahr. Nicht um diesen Preis, dachte sie, nicht von Hezilows Gnaden, nicht auf Kosten des armen Balthasar!

Sie krallte die Nägel in Julius’ Schultern und begann ihn erneut zu reiten, so wild jetzt, dass ihm das Blut in den Schläfen rauschte.

»Ob ich ihn kenne, mein Herr? Balthasar Kurusch - den Toten-, Totengräber von Krumau? Den Bruder von - von Melchior, den Eure Kutsche entzweigefahren hat, als Ihr im Frühjahr - zu uns kamt?« Unvermittelt sackte sie über ihm zusammen, und ihr Kopf sank auf seine Wange. Wenn ich denn für uns beide wählen muss, geliebter Herr, zwischen dem Teufelsglanz und -glück, mit dem Hezilow Euch lockt, und dem Zerschellen Eurer - unserer - Träume, so wähl ich das Scheitern, Julius, und wenn es mir das Herz zerdrückt.

Ihre Tränen rannen ihm auf Schulter und Hals. Er fühlte die warmen Tropfen und ein vages Erstaunen, dass jener Unselige vom letzten Mai und der gestrige Grabschänder Brüder waren. Und auf einmal fiel ihm wieder ein, was ihm damals durch den Kopf geschossen war, beim Anblick des Verunglückten unter seiner Kutsche: Schon wieder ein Toter; aber auch er soll nicht umsonst gestorben sein.

79

Zurück, zurück, wahrhaftig wieder dort, wo alles anfing. Nicht am selben Ort, vielleicht, aber alles ganz genau so eingerichtet, wie es damals war.

Sonderbare Starre, die ihn überkommen hatte, seit er wieder in der Hand des Höllenmeisters war. Nackt bis auf ein rußiges Lumpenhemd, um den Hals ein grobes Lederband, daran hängend die Kette, die bei jedem Schritt erklirrte, so tappte er in Hezilows Unterwelt umher. Flor selbst hätte nicht sagen können, was er so rastlos suchte. Seine Beine, seine Augen fanden keine Ruhe, unablässig lief er im Gewölbe umher. Dabei fühlte er weder Angst noch Schmerzen, weder Hoffnung noch Kummer, seine Seele wie unter Eis erstarrt.

Schau nur, schau, mein lieber Flor, alles wie damals.

Der Ofen an der Wand, die Tische davor, er erkannte alles wieder. Auf Tischen und Regalen die vertrauten Tiegel, Flaschen, Gläser. Zwei Gehilfen, die vorm Ofen knieten und aus voller Kraft den Blasebalg traten, obwohl der Athanor längst wie eine Doppelsonne glühte. Und dort hinten, im finstersten Winkel, erklang auch wieder jenes Winseln und Fiepen.

Welpen, warme, winzige Hundekinder, auch das Bild stellte sich gleich wieder ein. Dabei wusste er ja, dass keine Welpen, auch keine Kätzchen in den Gitterkästen hausten.

Keine Tiere, lieber Flor, du weißt ja.

Er war nicht allein, keinen Lidschlag lang, denn Markéta war bei ihm und redete in seinem Innern tröstlich auf ihn ein. Zur schwärzesten Weihnacht waren jene Hände aus dem Bodenloch gesprossen und hatten ihn in die Unterwelt hinabgerissen, derweil die Kutsche endlos durch den Tunnel getost war - und trotzdem war Markéta noch bei ihm.

Sorg dich nicht, mein armer, lieber Flor.

Und Flor tappte durch die Felsenräume, kaum beachtet von Hezilows Lumpenkerlen, die sich an Truhen und Särgen, Ballons und Becken, an Tiegeln und Pelikanen, Öfen und Zubern zu schaffen machten, die Metallblöcke zerfeilten und Holzklötze zerhackten, die Wurzelbrocken zersägten und Pflanzen häckselten, die in Töpfen rührten und Elixiere aus Flaschen schütteten, die Gläser schüttelten und fieberbunten Dampf entweichen ließen.

Auch sie alle erkenn ich wieder, Markéta: Oblion, Fondor, Täkie.

Manchmal sah einer von ihnen auf und versetzte ihm eine Backpfeife, wenn er vorüberklirrte, oder ein anderer riss an seiner Kette, dass es ihm die Kehle zusammenzog.

Ruhig, ganz ruhig, lieber Flor, solange ich bei dir bin, soll dir nichts geschehen.

Das stete, langsame Tropfen, dort ganz hinten, führte ihn zurück zum entlegensten Gemach. Alles wie damals, Markéta. Sieh nur, die riesigen Glaskugeln über den Becken voll glühender Kohlestücke. Und sieh nur, die Armen dort, über den Kristallballons aufgeknüpft, oder dort gar, wie furchtbar, das Kindlein im Glas.

Wie es mich anschaut, mich anschaut, Markéta.

Sieh nicht hin, mein lieber, kleiner Flor.

Aber es ist am Leben, schau doch, es hockt in der brodelnden Brühe, Markéta, und seine Augen starren uns an.

Sieh nicht hin, sieh nicht hin, mein armer Flor.

Fügsam schweiften seine Augen ab, suchten wieder nach einem Pfad durch die glühende Kohle, zu den vergitterten Kästen hinter den Kristallballons, dem Quell jenes Winselns, Wimmerns, Fiepens. Und fand wie damals keinen Pfad, keine Lücke im Glutmeer, durch die sich hinüberschlüpfen ließe.

Wie sonderbar, dabei haben sie uns da drüben auch bemerkt. Hörst du nicht, Markéta: Sie winseln und fiepen lauter, damit wir zu ihnen hinüberkommen, sie aus dem grässlichen Käfig befreien. Siehst du nicht: wie bleich ihre Haut, die im Dunkeln herüberblitzt, wie flehentlich der Glanz ihrer Augen?

Komm jetzt, es ist nicht gut hier, lieber Flor.

Nein, nicht gut, Markéta. Hörst du: das Rauschen und Schleifen in der Luft, siehst du: wie rot seine Augen dort droben im Finstern glühen? Das ist der Drach’, der alte Drach’! Ma-markéta, hilf, Markéta!

Wie damals warf er sich flach zu Boden, die Beine angewinkelt, die Arme über den Kopf gelegt.

Sieh dich um zu ihm, mein lieber Flor. Keine Angst, er hat dich nicht bemerkt.

Ganz langsam hob er den Kopf, nur ein wenig, und sah über die Schulter zurück. Im schwarzen Lumpenumhang stand Hezilow mitten im Gewölbe, den Kopf in den Nacken gelegt, in den Händen ein dickes Seil, das offenbar von der Decke herabhing und sich wenig über ihm in der Dunkelheit verlor.

Da oben, Markéta, sieh doch, unter der Decke, wo die Finsternis so dick wie Tinte ist: Da lauert er, der alte Drach’!

Auch die Verse wurden ihm gleich wieder lebendig - »Ich flieg hinweg, es sei denn, dass man mich anbind gar wohl mit Maß« -, so lebhaft, dass er sie laut aufgesagt hätte, wäre Markéta ihm nicht mahnend in die Rede gefahren.

Still, still, bei allen Heiligen, lieber Flor!

Aber er schwieg ja schon still - »Ich hab viel Form, Farb und Gestalt/führ in mir Manns und Weibs Gewalt« -, leise rappelte er sich auf, seine Kette geistesgegenwärtig straffend, um ihr Klirren zu einem rostigen Gewisper zu dämpfen. Er wagte kaum zu atmen, noch weniger seinen Blick zur Decke zu erheben, während er sich hinter einer Säule verbarg - »Wer also bin ich, schweb unterm Dach; kein andrer als Ourob, der alte Drach’.«

Nur ruhig, ganz ruhig, ich bin ja bei dir, lieber Flor.

Von Hezilows gewölbten Händen umschlossen, stieg das Seil langsam in die Höhe, unter misstönendem Kreischen einer Winde, die sich droben unter der Decke befinden musste, auch wenn dort nichts zu sehen war, nur Finsternis, worin die dunkelroten Augen glühten.

Ebenso langsam, unter puppenhaftem Rucken und metallenem Kreischen, schwebte am anderen Seilende der riesenhafte Drache hernieder.

Flor begann zu zittern, seine Kehle voll zerquetschter Schreie.

Sieh doch, Markéta, sieh doch: der schwarze Vogel der Nacht! Seine Federn sind Menschenhaar, Leib und Schwingen von Lederhaut umschlossen, Markéta, und sieh doch - seine Augen!

Funkelnde Karbunkeln, ich seh’s ja, mein kleiner Flor.

Die Zähne aufeinander gebissen, um sich nicht durch knöchernes Klappern zu verraten, stand Flor im Schatten der Säule und sah unverwandt zu, wie der Magister, geschäftig auf und ab humpelnd, einige verschobene Knochen in der linken Schwinge richtete, dann einen prall gefüllten Sack und eine Schüssel voll Knochenleim herbeiholte. Mit hölzernem Löffel verstrich er Leim auf schütteren Stellen im Bestiengefieder, dann zog er Büschel schwarzen Menschenhaars aus dem Hadersack und füllte die Lücken damit auf.

Das ist sein Geheimnis, sein tiefstes Geheimnis, armer Flor.

80

Die Brust des Maître hob und senkte sich wie ein Blasebalg, und sein Atem ging stoßweise. Er fühlte sich prächtig wie seit vielen Jahren nicht mehr. Unter ihm wand und bäumte sich der Syrakuser, nahezu nackt wie er selbst. Schulmäßig hatte er Fabrio auf den Rücken geworfen, mit einem raschen Griff um seine Hüften, und ehe der Knabe sich von seiner Verblüffung erholt hatte, hockte d’Alembert auf ihm, die Schenkel gegen Fabrios Flanken pressend und seine Handgelenke mit eisernen Fäusten umfassend.

D’Alembert genoss die Bewunderung in Fabrios Blick, hingerissen sah er auf den Jungen hinab, dessen Brust glänzte wie ein Bronzeschild. »Fünf ... sechs ... sieben ...«, stieß er keuchend hervor und musste sich Schweiß aus den Augen blinzeln.

Noch einmal versuchte sich Fabrio aus dem Griff seines Bezwingers zu befreien. Seine Brust- und Armmuskeln schwollen eindrucksvoll an, seine Hüften bäumten sich empor, und sein Teint nahm einen nahezu violetten Ton an. Aber der Maître ließ sich den Sieg nicht mehr entreißen.

»Acht ... neun ... und aus!« D’Alembert löste den Zangengriff seiner Fäuste und Schenkel und erhob sich, schweißüberströmt und schwindlig vor Anstrengung, aber mehr noch vor Stolz. Seine Lunge brannte bei jedem Atemzug, und er musste sich die Fäuste in die Seiten drücken, wie in jüngeren Jahren, wenn er auf seinem Schimmelhengst über den Turnierplatz galoppiert war.

»Ihr seid mir über, Maître«, japste Fabrio, der immer noch am Boden lag, wie d’Alembert ihn hingeworfen hatte, mit bewunderndem Lächeln und geröteten Wangen.

Am liebsten wäre d’Alembert neben ihm niedergekniet, um ihn auf die vorgestülpten Lippen zu küssen, aber das kam nach wie vor nicht in Betracht. Ohnehin waren sie nicht allein in diesem notdürftig entrümpelten Saal im entlegensten Burgflügel.

Die Morgensonne drang durch Ritzen und Löcher in den morschen Fensterläden und überzog Boden und Wände mit einem Netz bleicher Strahlen. Im Hintergrund des Saals lauerte eine ganze Horde teuflischer Bestien, übermannsgroß und mit dämonischer Detailtreue auf die Eichwand gemalt. Neben Fabrio aber, der sich nun aufrappelte und seinen verrutschten Schurz zurechtschob, standen ihre drei Mitstreiterinnen, immer noch starr und stumm vor Erstaunen.

Man schrieb den 29. Dezember 1607 A.D. Gestern früh waren zwei Pestgräber geöffnet worden, und die hastige Beschau hatte ergeben, dass Hezilow durchaus kein ehrenwerter Mann war.

Seit Tagen bereitete sich d’Alembert unermüdlich auf den »vorletzten Schachzug« vor, ihren Abstieg in Hezilows Hölle. So heimlich wie beharrlich hatte er mit Fabrios Hilfe seinen vom Fieber ausgeglühten Leib gestählt. Glücklicherweise hatte sich der Syrakuser als passabler Ringer erwiesen - als so listig und geschmeidig sogar, dass d’Alembert anfangs wieder und wieder zu Boden geworfen worden war, mit beschämender Raschheit und einmal mit solcher Gewalt, dass ihm der Schädel wie eine Kriegstrommel gedröhnt hatte.

Voller Zufriedenheit sah er nun in die Gesichter ihrer kleinen Streiterschar, von den beiden Syrakusern zu Lisetta und schließlich zu Markéta. Besonders die Baderstochter konnte sich offenbar nicht fassen vor Erstaunen über die Verwandlung des Maître, der barfüßig vor ihr stand, die sehnige Brust entblößt und noch immer tropfnass vor Schweiß.

Nun machte er Fabrio ein Zeichen, und der Syrakuser sprang zum Fenster, wo ihre Gewänder hingen, warf sein eigenes Hemd über und kehrte mit d’Alemberts Mantel nebst Futteral eilends zurück. »Höchste Zeit für den vorletzten Zug«, sagte der Maître und ließ sich von Fabrio in den Mantel helfen, mit dem Rücken zu den drei anderen, die schweigend warteten, bis er weitersprach.

Nur den wenigsten Menschen wird jemals bewusst, dachte d’Alembert, dass es hinter der spiegelnden Schauseite ihrer Welt noch mindestens eine weitere Wirklichkeit gibt. Tatsächlich lebten die meisten Personen im tölpelhaften Stil jener Theaterbesucher, die sich vom Schein der Bühnenwelt ganz und gar bannen ließen. Dabei werkten zur gleichen Zeit Dutzende unsichtbarer Illusionisten auf dem Schnürboden über der Bühne und im Machinationenkeller darunter. Der Kulissenmaler, Maskenbildner, Kostümschneider nicht zu gedenken oder gar des Mannes, der die Theaterwelt erdichtet hatte und allen Akteuren bis aufs i-Tüpfelchen vorschrieb, wann und wo sie welche Worte zu schreien, zu singen, zu deklamieren hatten. Und wann es ans Sterben ging.

»Das erste Dutzend Partien habe ich schmählich verloren«, sagte er, indem er sich wieder zu den Frauen umwandte, die Arme vor der Brust verschränkt. »Immerhin habe ich mit einem Gegner gerungen, der weniger als halb so viele Jahre zählt wie ich und in den zurückliegenden Wochen auch keinen wütenden Löwen in seiner eigenen Brust bekämpfen musste. Aber ich bin rasch wieder zu Kräften gekommen - nicht zuletzt durch Euer stärkendes Specificum, Madame«, fügte er mit einer Verbeugung in Markétas Richtung hinzu.

»Und seit gestern früh hat dieser wilde Bursche hier« - er versetzte Fabrio einen Rippenstoß - »nicht einen Ringkampf mehr gegen den alten d’Alembert gewonnen. Habe ich Recht?«, fragte er den Syrakuser, der sogleich beteuerte: »Keinen einzigen, Maître! Und dabei dacht ich immer, mich könnt keiner aufs Kreuz legen - außer wenn ich’s selber will.« Er bedachte d’Alembert mit einem glühenden Blick.

»Ah, Monsieur«, mischte sich Markéta ein, »jetzt begreif ich, worauf Ihr hinauswollt, aber ich beschwör Euch: Ihr wärt wahnsinnig, Euer Leben ...«

D’Alemberts erhobene Hand brachte sie zum Verstummen, auch ohne das gewohnte Stöckchen. »Hört mich an, Madame, ich bitte Euch.« Wieder sah er ihre kleine Schar einen nach dem anderen an, ehe er weitersprach: »An manchen Tagen, wenn ich fiebernd darniederlag, fürchtete ich, dass mein Ich aus den glühenden Wüstenwelten nicht mehr zurückfinden würde. An solchen Tagen zwang ich meinen Geist, mir Schritt für Schritt vor Augen zu führen, wo überall in diesen Gemäuern verborgene Gänge, Treppen, Schächte verlaufen müssen.«

Er fasste unter seinen Mantel, wo er Bandinellos hirschledernes Futteral auf der bloßen Haut trug, und zog mit beiläufiger Geste ein Wurfmesser hervor. »Ich bedachte die Grundrisse der Gebäude und ihre Anordnung zueinander, Schnitt und Größe der Säle, Zimmer und Gemächer, die Dicke der Mauern, den Verlauf von Fluren und Treppenhäusern. Nach und nach zeichnete sich vor meinem inneren Auge eine komplexe Gegenwelt ab. Immer wenn ich mir einen Ausschnitt der sichtbaren Seite ins Gedächtnis rief, sah ich gleichzeitig, wie einen Schatten, auch die normalerweise unsichtbare Rückseite vor mir.« Er spähte an Markétas linker Schulter vorbei. Die Eichwand mit den aufgemalten Höllenkerlen war etwa zwanzig Schritte entfernt. Er kniff die Augen zusammen und ließ das Messer mit einer eleganten Handbewegung davonwirbeln. Markéta zuckte zusammen und sah dem Wurfgeschoss mit entgeisterter Miene hinterher.

»Durch diesen Kunstgriff«, fuhr er fort, »hinderte ich meine fiebernde Seele, in menschenwidrige Gefilde zu entfliehen, und gewann zugleich ein immer klareres Bild vom steinernen Irrgarten im Innersten dieser Burg.« Ohne sich nochmals zu unterbrechen, zog er nun Messer um Messer aus dem Etui und warf eins nach dem anderen in Richtung der Teufelswand. »Was mich jetzt in die Lage versetzt, Euch, Madame, einen unbewachten Weg in Hezilows Hölle zu weisen - Euch und uns allen, denn ich werde mit Euch gehen, und wie Ihr seht, bin ich gut gerüstet.« Er zückte das siebte Wurfmesser und schleuderte es den Teufeln entgegen, fast ohne hinzusehen. »Bisher, Madame, kanntet Ihr nur den Obersthofmeister d’Alembert. Heute sollt Ihr den Bestienbändiger kennen lernen - Ihr und vor allem die Bestie selbst.«

Lächelnd bot er ihr seinen Arm, und Markéta hängte sich nach kurzem Zögern bei ihm ein und ließ sich quer durch den leeren Saal zur Eichwand führen. Das kolossale Ölgemälde war vom Alter gedunkelt, der hölzerne Untergrund mit Rissen überzogen. Dennoch waren die sieben Teufelsfiguren, die der mäßig begabte Künstler wie im Puppentheater nebeneinander aufgereiht hatte, deutlich zu erkennen: ihre feixenden Fratzen, die obszönen Hörner, die Bocksfüße, Satansschwänze. Und die sieben blitzenden Messer, die in sieben Teufelsstirnen steckten und die d’Alembert nun mit gelassenem Lächeln eines nach dem anderen aus dem Holz zog und wieder in seinem Etui verstaute.

Endlich zog er seinen Ringermantel abermals über der Brust zusammen und blickte Markéta fragend an. »Nun, Madame -besteht Ihr noch immer darauf, ohne mich in Hezilows Hölle hinabzusteigen?«

Die Baderstochter trug wieder jenes einfache, hellbraune Kleid, das sie während ihrer ersten Tage auf der Burg bevorzugt hatte. Einen Moment lang erwiderte sie starr seinen Blick, dann schüttelte sie sichtlich widerstrebend den Kopf. Charles überlief ein Frösteln. O ja, er fühlte sich nahezu gesund und stark wie seit langem nicht mehr, allerdings bei weitem nicht so gefestigt und seiner selbst gewiss, wie jemand sich fühlen sollte, der in die Hölle hinabzusteigen gedachte. Und lebend wieder emporzuklettern.

»In einer Stunde«, sagte er, »in meinem Salon.«

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»Eine der geheimen Röhren verläuft parallel zu dem Kaminschacht hinter dieser Wand«, sagte d’Alembert. »Ich habe gestern einen Blick hineingeworfen. Schmale, schlüpfrige Stufen, aber man gelangt wohl hinab.« Er deutete auf die Wand neben seinem Kamin, in dem zuckende Flammen wie blau gewandete Mönche um einen glühenden Scheiterhaufen tanzten.

Ein letztes Mal schweifte sein Blick über ihre klägliche Schar. Er hatte angeordnet, die Haare der Zofe und der Zwillinge in Flors goldblondem Ton zu färben, Lisettas Schopf zusätzlich in Locken zu legen und jeden sichtbaren Zoll syrakusischer Haut so mondbleich zu färben, wie die Leiber Flors und Lisettas von Natur aus waren. Im Halbdunkel des Kellergewölbes mochten die drei notfalls als Doppelgänger des Nabellosen durchgehen, zumal sie kurze, zerlumpte Hemden trugen und zumal Hezilow wenig Gelegenheit zu bedächtigen Nachprüfungen bliebe. »Sei jetzt so liebenswürdig, Fabrio«, bat er schließlich, »und nimm die Verblendung weg.«

Der Syrakuser tat wie geheißen. Mit seinen goldenen Locken und der mehlbleichen Haut unter dem Lumpenhemd bot er einen absonderlichen Anblick. Seine Finger glitten unter das mit weißer Seide tapezierte Eichenbrett, das sie gestern nur noch lose an seinem alten Ort befestigt hatten. Dahinter kam eine schmale Tür zum Vorschein, der schwarze Lack stellenweise abgeblättert, doch auch das Holz darunter war, vor Ruß oder Alter, nahezu schwarz.

Ein Schauder lief d’Alembert über den Rücken, als er zu Fabrio trat und die leise knarrende Tür aufzog. Neben dem Kamin lag der Sack voller Fackeln und anderer Hilfsmittel, die die Zwillinge gestern auf sein Geheiß zusammengetragen hatten. Er bedeutete Fabrio, die Last zu schultern, und warf einen letzten Blick zu Markéta. Die Baderstochter war dicht hinter ihn getreten und spähte aus grünen Augenschlitzen in den finsteren Schacht.

»Kein Licht«, flüsterte er, »höchstens in der ärgsten Not.«

Auf Filzsohlen machten sie sich an den Abstieg, d’Alembert vorneweg, die Zwillinge zum Schluss, die den leise klappernden Hadersack schleppten, zwischen ihnen Markéta, die an einer Hand Lisetta mit sich zog.

Der Schacht war so eng, dass selbst d’Alemberts schmale Schultern immer wieder an die Mauern streiften, die Wände unerwartet glatt und klamm, wie schweißfeuchte Haut. Dunkelheit umschloss sie, so vollkommene Nacht, dass er nicht einmal einen Schatten von Markéta sah, als er sich zu ihr zurückwandte; dabei lag ihre Hand auf seiner linken Schulter. Hinter den Mauern hörte er hin und wieder leises Murmeln, so als ob sie in einem riesenhaften Schädel abwärts stiegen, durch rieselnde Gedanken hindurch.

Wie ärgerlich, dass uns das Offenkundige meist zuletzt auffällt: Das hatte er in den letzten Tagen oft gedacht, nicht nur der verborgenen Röhren und Gänge halber, mehr noch im Hinblick auf den »alten Drach’«, von dem der Nabellose so hartnäckig gestammelt hatte.

Warum nur hatte er dennoch lange Zeit geglaubt, dass Flors verstörte Seele sich den »schwarzen Vogel« nur eingebildet habe? Immer wieder hatte er hin und her gesonnen und war doch jedes Mal zum selben Schluss gekommen: Selbst wenn man unterstellte, dass der Magister möglicherweise Blei in Gold verwandeln konnte, die Annahme, dass er einen lebendigen Drachen zu erschaffen vermochte, war eine Beleidigung des menschlichen Geistes.

Und dabei hatte d’Alembert die Winden und Seile, mit denen Hezilow seine Apparatur aus Spiegeln bewegte, ja mit eigenen Augen gesehen! Dennoch war ihm erst am Weihnachtsabend gedämmert, beim Anblick des lederhäutigen Mumienknäbleins, dass seine Gedanken fehlgegangen waren.

Wie ein Engel schwebte Lenkas Satansfrucht in ihrer Welt aus Spiritus, obwohl sie weder Flügel besaß noch überhaupt lebendig war. Und ebenso brauchte der riesenhafte Vogel, um in Hezilows Unterwelt umherfliegen zu können, durchaus kein leibhaftiger Drache zu sein, natürlich nicht.

Hinter der Baderstochter schlich Lisetta leise wimmernd dahin, gefolgt von den miteinander flüsternden Syrakusern.

»Schscht«, machte d’Alembert, »der Schacht verstärkt jeden Laut!«

Sie verstummten. Nur leiser Atem aus fünf Kehlen war noch zu hören, dazu tappende Schritte und gelegentliches Murmeln im Mauerwerk.

Bei dem vermeintlichen Drachen, dachte d’Alembert, musste es sich also um eine Machination handeln, einen Apparat, den Hezilow aus vielerlei Gründen in seinem Labor installiert haben konnte: um die Gefangenen, die in seinen Kellern schmachteten, einzuschüchtern und jeden Fluchtversuch zu vereiteln; um in Knäblein wie dem kleinen Flor, die er einer unseligen Mutter vor langen Jahren abgelistet hatte, den Glauben einzupflanzen, dass er sie wahrhaftig in seinen Tiegeln erschaffen habe; weil er einem satanischen Wahnsinn verfallen war - oder aus allen diesen Gründen zusammen und einigen weiteren dazu.

Schritt um Schritt stiegen sie auf schlüpfrigen Stufen, in tintendicker Schwärze weiter hinab. Wenn Julius von unserem Verrat erfährt, dachte d’Alembert, lässt er uns alle fünf hinter Jakob Schatzens Hurenhaus aufknüpfen.

Nach seinen Berechnungen führte der Schacht bis auf das Fundament der oberen Burg hinunter, so nämlich, dass die Treppe genau über Hezilows großem Gewölbesaal endete. Dort würden sie eine Falltür oder eine andere Art von Durchschlupf vorfinden, davon war er überzeugt. Denn einen geheimen Treppenschacht über drei Geschosse hinabzuführen, der dann blind auf den Fundamenten endete, das wäre ja so, als würde man einen Schachbauern kurz vor der Ziellinie aufgeben, anstatt ihn mit dem nächsten Schritt in eine Königin umzuwandeln.

Verehrte Königin, dachte d’Alembert, ma chère Madame Katharina, mit dem nächsten Zug schicke ich den Bauern aus; o ihr Götter, lasst es nicht Fabrio sein.

Im nächsten Moment fand er immerhin in einem Punkt seine philosophische Zuversicht belohnt: Der Treppenschacht endete über einer kreisrunden Falltür. D’Alembert bückte sich und zog den Deckel empor. Sein Blick fiel in schwindelnde Tiefe, in den riesigen Felsensaal wohl zwanzig Schritte unter ihnen, wo sich zwergische Gestalten an Tischen und Öfen zu schaffen machten. Ein Wirrwarr leiser Geräusche drang zu ihnen empor, doch einzelne Laute waren aus dieser Höhe nicht zu unterscheiden. In Wandnischen, auf Tischen und Borden brannten wiederum Hunderte Fackeln und Kerzen, und dennoch hatte d’Alembert Mühe, die Szenerie dort unten in den Blick zu fassen.

Etwas Gewaltiges versperrte ihm die Sicht. Zwanzig Zoll unter seinen Füßen schwebte der riesenhafte »Vogel der Nacht«, groß wie drei Löwen, aus roten Karbunkelaugen glotzend und gefiedert mit schwarzem Menschenhaar.

D’Alembert atmete tief ein, dann machte er einen Schritt ins Leere und hockte im nächsten Moment rittlings auf dem Drachen, der unter dem Anprall heftig ins Schwanken geriet.

82

Im Gleitflug schwebte der schwarze Riesenvogel durch die Halle, auf die glühende Doppelsonne des Athanor zu, wo der Puppenmacher eben einen milchig weißen Saft ins Kupferbecken gab. Die Winden über ihnen kreischten zum Erbarmen, die Seile ächzten und bebten, der Drache selbst schien sich zu schütteln, wieder und wieder, wie eine lebendige Bestie, die nach langem Schlaf erwacht.

D’Alembert fühlte sich prachtvoll, wie beseligt von feinstem Champagner. Deshalb musste ich den Bändiger Bandinello treffen, vor zwanzig Jahren, dachte er, deshalb Don Julius treulich begleiten, bis zum heutigen Tag, bis an diese Stätte, wo die Bestie meiner harrte, das Untier, das ich bezwingen muss, ich, Charles d’Alembert, niemand anders.

In seinem Rücken spürte er Markéta, an seine Schultern geklammert, hinter ihr Lisetta und die Syrakuser rittlings aufgereiht. Anfangs hatte der Maître Mühe gehabt, den schwarzen Vogel zu steuern, dabei war das Prinzip denkbar einfach. An Ringen und Drähten aufgehängt, glitt der Apparat unter armdicken Seilen dahin, die sich wie ein Spinnennetz über die Hallendecke spannten. Je zwei Seile hingen links und rechts von den Lefzen der künstlichen Bestie hinab, so nämlich, dass sich durch Anziehen und Lockern die Fahrt beschleunigen oder verzögern, der gewaltige Leib seitwärts, geradeaus oder auch abwärts lenken ließ.

Unterdessen hatten die Lumpenkerle unten am Ofen bemerkt, dass der Apparat auf sie zugesegelt kam, mit glotzenden Karbunkelaugen und wehender, pechschwarzer Mähne. Noch mochten sie glauben, dass allenfalls ein Seil gerissen war und nicht etwa eine ganze Schar weißer Himmelsreiter auf sie herniederkäme. D’Alembert sah sie gestikulieren, Blicke wechseln, mit rußigen Händen zum Drachen emporfuchteln, der in diesem Moment über sie hinwegschwebte, auf jenen finsteren Gewölbewinkel zu, wo die drei Glasballons über dem Kohlemeer hingen.

Alles war aufs Genaueste geplant, und dennoch verspürte d’Alembert mit einem Mal leises Unbehagen. Auf sein Zeichen hin zog Fabrio das Seil aus dem Hadersack, zurrte das eine Ende um den Schwanz des Drachen und warf das andere hinab. Unter ihnen glühte das Kohlemeer, hingen die Aufgeknüpften über den Kristallballons, in denen die blasphemische Brühe brodelte. D’Alembert hob eine Hand, und der Syrakuser sauste in die Tiefe, die Beine ums Seil geschlungen, zwischen seinen Zähnen das Messer, das er auf d’Alemberts Geheiß im gräflichen Schlachthaus entwendet hatte.

Einen hastigen Herzschlag später landete Fabrio auf dem Käfig hinter den Glasballons. Dutzende Augenpaare spähten zum Drachenapparat empor, der unter grässlichem Ächzen und Beben über ihnen innehielt. Der goldgelockte Syrakuser sprang hinab, sprengte mit seinem Messer Riegel und Türen auf. Schon krauchten die Elenden aus dem Kasten hervor, einem Käfig für menschliches Schlachtvieh.

Markéta und der Maître beugten sich vom Drachenrumpf hinab, Äxte in den Händen, die Lenka in der gräflichen Schmiede stibitzt und Lisetta ihnen zugereicht hatte. Die Kristallballons schwebten über der Kohleglut, mit dicken Seilen an eisernen Galgen befestigt. Mit ihren Äxten hieben d’Alembert und Markéta auf die Seile ein, die den rechten und den linken Glasballon fixierten, der eine mit dunkelrotem Saft gefüllt, der andere mit einer sämig weißen Flüssigkeit, durch die sich rote Schlieren zogen.

Vergebens beschwor sich d’Alembert, nicht auf das schaurige Trio entblößter Frauenleiber zu achten, die neben ihm kopfüber in der Luft schaukelten, über dem rechten Glasballon: die Augen aufgerissen, während das rote Blut aus ihren Kehlen rann, über Kinn und Wangen, aus den Haaren in die Kugel unter ihren Häuptern tropfte. Ungeheurer noch schien ihm der Anblick der Gepeinigten über dem Kristallballon, auf deren Seil Markéta einhieb, drei junge Burschen, deren Lebenssäfte aus der klaffenden Leibesmitte troffen. Verzweifelt hackten sie beide auf die Seile ein, endlich krachten die Kugeln hinab, in Myriaden Splitter zerberstend. Die im Glas gestauten Fluten ergossen sich auf den Boden und löschten die Kohleglut. Im nächsten Moment rannten die Befreiten aus ihrem Käfig hervor, funkelnde, wirr gezackte Scherben in den Händen.

An Fabrios Seil glitten nun auch Lisetta und Lenka nach unten, dann beschrieb der Apparat, von d’Alembert gesteuert, eine Kurve und schwebte unter schaurigem Stöhnen zur Mitte des Felsensaals zurück. Drunten liefen Hezilows Lumpenkerle wild durcheinander, schreiend und gestikulierend. »Der Nabellose - da, fang ihn ein!«, hörte d’Alembert, und gleich darauf: »Holzkopf, da drüben läuft er doch!«

Meine List bewährt sich, dachte der Maître. Überall im Gewölbe sprangen Dubletten des Nabellosen umher, Fabrio, Lisetta, Lenka, heillose Verwirrung stiftend. Von Anfang an war ihm klar gewesen, dass sie des Nabellosen ebenso wie Hezilows bei lebendigem Leibe habhaft werden mussten. Nur wenn er beweisen, unzweifelhaft beweisen konnte, dass Flor nicht aus der gläsernen Mutter entsprungen, der Magister kein Erleuchteter, sondern ein teuflischer Blender und Schinder war, nur dann wäre der Bann wirklich gebrochen und der Satansspuk vorbei.

Und nicht zuletzt, dachte d’Alembert, war das Maskenspiel, die foppende Vervielfachung des Nabellosen, seine persönliche Revanche für den dreistesten Kunstgriff des Lumpenteufels, der ihn selbst durch alle Fieberträume verfolgt und verzaubert hatte, die Millionen winziger Homunkel hinter dem Prismenglas. Aber alle Schläue, alle Schliche wären vergebens, wenn sie die Puppen überwältigten, doch der Puppenmacher unbehelligt bliebe.

D’Alemberts Unbehagen wuchs. Sein ganzer Plan basierte auf der sicheren Erwartung, dass Hezilow hier unten im Gewölbe zusammen mit seinen Lumpenkerlen ertappt und überwältigt würde. Aber wie er sich auch umschaute, vom Puppenmacher war kein Barthaar und keine Schwertspitze mehr zu sehen.

Auch das Bild der kopfüber Gehenkten ging ihm nach, und es verfolgte ihn noch immer, als er sein weiß gelacktes Wams aufknöpfte. Die Aufgeknüpften, dachte er, wie sie über den Glasballons schaukelten und das Leben aus ihren Leibern rann, leuchtend rot und sämig weiß. Weiberblut und spermium. Unter seinem Wams, direkt auf der Haut, trug er das hirschlederne Futteral mit den zwölf Wurfmessern, das Petrusco Bandinello ihm vor zwanzig Jahren zugeeignet hatte: »Die Bestien zu bändigen ist Artistik«, so der Legendäre, »Artistik aber ist Aufschub, mon jeune ami, und irgendwann muss jeder Bändiger sich dem so kunstvoll hinausgeschobenen Kampf stellen.« Bandinello hatte davon geträumt, die Ungeheuer, die er ein Leben lang dressiert und zu Ritualen der Unterwürfigkeit gezwungen hatte, bei seinem allerletzten Auftritt vor den Augen seines Publikums zu töten, dachte d’Alembert, indem er das erste Wurfmesser aus dem Futteral zog. Er sah über die Schulter zurück, doch Markéta saß nicht mehr hinter ihm. Vergeblich versuchte er sich zu entsinnen, ob sie vorhin schon, zusammen mit Lisetta und Lenka, am Seil hinabgeklettert war oder zu irgendeinem späteren Zeitpunkt. Sie sucht den Nabellosen, dachte er, und ihren Bader, wog das Messer in seiner Hand und warf es mit einer eleganten, tausendmal erprobten Gebärde hinab. Mit zusammengekniffenen Augen verfolgte er den Flug der wirbelnden Waffe und zog schon das nächste Messer hervor, als zwanzig Schritte unter ihm Oblion zu Boden ging, die Klinge bis zum Heft in seinem Lumpenherz.

Ein Wurfmesser nach dem anderen zog d’Alembert aus dem Hirschfutteral, mit gleichmäßigen Bewegungen. Er zielte und warf, traf und tötete, erleichtert, dass das Verderben, das er Hezilows Häschern sandte, seinen Geist von den Bildern ablenkte, die dort hinten im Gewölbewinkel seines Bewusstseins lauerten.

Am ärgsten war der Anblick der Kreatur im mittleren Glasballon gewesen: ungewiss, ob Maid, ob Knabe, die Gestalt formlos, kochend rot, die Augen aufgerissen, der Mund geöffnet wie zu einem stummen Schrei. Durch gläserne Röhren waren die Säfte aus den beiden anderen Ballons in die Kugel der Kreatur geflossen, Weiberblut und spermium, wie es die finstere Lehre befahl. In der Stirn jenes Wesens aber klaffte ein fingerbreiter Spalt, der sich von der Nase lotrecht aufwärts zog. Und just als das Seil unter d’Alemberts letztem Axthieb entzweigegangen war, der Ballon mit grellem Scheppern zu Boden stürzte, in Fontänen von Splittern zerplatzte, die Kohleglut zischend erlosch, Qualm sich mit Wasserdampf zu wundersamen Wahngebilden mischte - just da irrte sein Blick zur Kreatur im mittleren Glasballon ab, und ihm war, als ob vor ihrer Stirn ein winzig kleines Menschlein schwebte, durchscheinend, ein bläulicher Engel, nur einen Lidschlag später schon verblasst.

Erschreckend, dachte d’Alembert nun, wie viele Gehilfen Hezilow in so kurzer Zeit um sich geschart hatte, weit mehr, als sein Futteral an Wurfmessern hergab. Noch einmal zielte er sorgsam, hob die Waffe und sandte den funkelnden Tod zu Unçerek hinab. Die Befreiten würden dafür sorgen, dass keiner ihrer Peiniger entkäme. Gezackte Glasscherben schwingend, tauchten sie aus dem Schatten der Säulen hervor, warfen sich auf die fliehenden Gesellen, schlitzten ihnen die Kehlen auf, noch während sie ihre Beute zu Boden rissen.

Nur vom Herrn dieser Hölle war kein Wärzlein, keine Stockspitze und kein Lumpensaum mehr zu sehen. Der Puppenmacher ist am Ende, dachte d’Alembert dennoch, auch wenn er selbst nicht dort unten bei seinen Puppen liegt. Auch nach Markéta, Lisetta und den Zwillingen hielt er vergebens Ausschau, und als Charles auch noch der »flammenblaue Engel« wieder in den Sinn kam, wuchs seine Sorge, dass der Magister sich doch noch herauswinden könnte, zu qualvollem Unbehagen.

Er beschloss zu landen. Erst wenn Hezilow vor der Majestät und ihrem Bastard kniet, dachte er wieder, erst wenn er eingesteht, dass alles schlau ersonnenes Blendwerk war - das Gold, der Nabellose, die Töpfe voll Homunkel -, erst dann ist der Lumpenteufel wahrhaftig besiegt.

83

Das Alchimistenlabor bot einen teils grauen-, teils mitleiderregenden Anblick. Überall reglose Körper am Boden, Lumpenkerle mit Wurfmessern in der Brust oder mit gezackten Schnitten durch die Kehle - tatsächlich war von Hezilows Gesellen nicht ein Einziger mehr am Leben. Zwischen den Leichen saßen die Befreiten auf Schemeln oder lagen der Länge nach im Staub, einander küssend und umarmend, dabei von unerhörten Qualen stammelnd, die der Lumpenteufel ihnen selbst oder ihren Leidensgefährten zugefügt hatte.

Nur Hezilow hielt sich noch immer verborgen. Lisetta und die Zwillinge waren ein halbes Dutzend unterirdischer Gänge abgelaufen, die vom Felsensaal strahlenförmig in alle Richtungen abzweigten, sich verästelten, in Treppen, Rampen, Schächte mündeten, doch von Hezilow und Flor fand sich nirgends eine Spur. Unabweisbar sah d’Alembert nun seinen Argwohn bestätigt: Sein Widersacher hielt ihn abermals zum Narren.

Er saß auf einem Schemel inmitten des Labors, die Ellbogen auf seine Knie, den Kopf in die Hände gestützt. Seit er von Hezilows Flugapparat abgestiegen war, empfand er wieder, wie sehr sein Leib vom Fieber verwüstet war. Er spürte ein Summen und Beben in jeder einzelnen Faser, so als ob er noch immer auf dem rüttelnden Untier säße.

Zweifellos hatte er diese Partie gegen Hezilow gewonnen, warum fühlte er dennoch nicht den schwächsten Triumph? Wieso hatte der Magister die Partie hier unten so bereitwillig verloren gegeben? Weshalb alle eigenen Figuren hingeopfert, Oblion, Täkie und zwei Dutzend ihrer gleichförmigen Kumpane? Warum die Befreiung der gegnerisch Gefangenen hingenommen - alles ohne Gegenwehr?

Weil der listige Magister wusste, dass das Spiel für ihn verloren war und er nur noch versuchen konnte, durch Flucht sein blankes Leben zu retten? Oder weil er sein Heil nun auf einem anderen Schauplatz suchen würde, beispielsweise am kaiserlichen Hof zu Prag?

Nur die Ruhe bewahren, mahnte sich d’Alembert, selbst wenn Hezilow durch einen der geheimen Schächte in die Oberwelt entfliehen konnte, war das Spiel gleichwohl für ihn verloren. Wie wollte er schließlich noch verhindern, dass seine abscheulichen Taten ruchbar wurden? Auch die gräflichen Gardisten würden ihm sicherlich nicht beistehen, wenn sie sehen müssten, dass ihre eigenen Freunde, Eltern oder Kinder unter dem Vorwand der Pestilenz verschleppt und hier unten auf teuflische Weise gepeinigt worden waren. Nicht einmal Don Julius, der allzu duldsame, allzu lenkbare Kaiserbastard würde dem Magister noch beispringen, dachte d’Alembert, wenn er die Aufgeknüpften hinten im Gewölbewinkel mit eigenen Augen sähe - selbst Julius müsste den Lumpenteufel dann fallen lassen, wenn nicht aus Moral oder Menschenliebe, so zumindest aus Furcht vor der väterlichen Majestät.

Lenka und Fabrio schlichen um den Drachen herum, der mit seiner schwarzen, unverkennbar aus Menschenhaar gewobenen Mähne einen schauerlichen Anblick bot. Unter der Behaarung war ledrige Haut zu sehen, die ein Gerippe feiner Knochen umspannte. Und d’Alembert dachte, dass Hezilow sicherlich den ganzen Apparat aus menschlichen Überresten gefertigt hatte, nicht nur die schwarze Mähne, zumindest entspräche das seinem lumpigen Stil. Denn am Ende, sagte sich der Maître, war Jurij Hezilow eben doch nur ein Puppenmacher, der aus Fäden und Fetzen plumpe Puppen schuf. Nein, der Magister war besiegt und geschlagen, und auch wenn er nun noch versuchte, durch wirre Flucht das Ende hinauszuzögern, so war seine Macht über Geist und Herz von Julius und der väterlichen Majestät doch ein für alle Mal verspielt.

Weiter hinten im Gewölbe bemerkte d’Alembert nun Markéta, die am Boden saß, den Rücken an eine Säule gelehnt. Neben ihr lag ein Alter rücklings hingestreckt, der gewaltige Bauch im Profil emporgewölbt, der kahle Kopf in ihren Schoß gebettet. Selbst aus zehn Schritten Entfernung erkannte d’Alembert, dass es der Bader sein musste.

Er erhob sich, ging auf wackligen Beinen zu ihnen hinüber und beugte sich über Sigmund Pichler, um ihn zu seiner Rettung zu beglückwünschen. Doch dann prallte d’Alembert wie von einer Faust getroffen zurück. In Pichlers Stirn klaffte ein fingerbreiter Spalt.

Er murmelte eine Floskel, die sein Mitgefühl und mehr noch seine Verstörung ausdrückte, wandte sich um und winkte Fabrio herbei.

»Bring mich nach draußen«, sagte er, »ich brauche frische Luft, sonst falle ich auch noch um.«

Seine eigenen Worte schienen ihm geschmacklos, kaum dass er sie ausgesprochen hatte. Er legte Fabrio einen Arm um die Schultern und schleppte sich durch ein Wirrwarr aus Toten und Verwundeten, Blutpfützen und Scherben, umgestürzten Becken und Tiegeln, aus denen Tinkturen in fieberbunten Farben flossen, auf der ansteigenden Straße dem Gewölbetor entgegen.

Lisetta stolperte ihnen in den Weg, im rußigen Lumpenhemdchen, die dünnen Haare zu dürftigen Goldlocken gelegt. »Maître d’Alembert, ich fleh Euch an - habt Ihr nicht Flor gesehen?«

Er schüttelte den Kopf, und die kleine Zofe blieb zurück. »Als Nächstes muss ein Bote nach Vargasz reiten«, sagte er zu Fabrio, »zur Poststation, wo der Kurier wartet.«

Der Syrakuser nickte, auch über diesen Punkt hatten sie hundertmal gesprochen. »Aber was ist mit Hezilow, Maître? Wenn er zurückkommt oder sich doch noch hier versteckt hält, irgendwo in der Burg?«

Abermals schüttelte d’Alembert den Kopf, schweigend ging er weiter, auf die schmalen Schultern des Knaben gestützt. Er würde mit Julius sprechen, auf der Stelle zu ihm gehen und auf einer Unterredung bestehen. Selbst wenn Julius sich durch nichts anderes mehr lenken ließe, seine Drohung mit dem verzehrenden väterlichen Zorn hatte noch nie versagt, nicht ein einziges Mal in zwanzig Jahren. Es wird Zeit, sagte sich der Maître, allerhöchste Zeit, dass ich Stock und Peitsche wieder in die Hände nehme, die Bändigung des Bastardsohns.

Ganz kurz und sehr beunruhigend sah er den bläulichen Engel vor sich, wie er vor der klaffenden Stirn jener Kreatur schwebte. Was wäre aber, dachte er, wenn Hezilow kein bloßer Betrüger wäre, wenn er tatsächlich die Geheimnisse kannte, wie sich Gold aus Dreck erzeugen ließe und lebendige Menschen aus Tiegel und Pelikan? Wenn er den Nabellosen wahrhaftig erschaffen hätte, nicht nur mit Lug und Blendwerk zum PseudoHomunkel dressiert? Ach was, unsinnige Sorgen, sagte sich d’Alembert gleich darauf wieder, Hezilow ist ein schlauer Betrüger, nichts anderes. Gewiss wäre alles sehr viel einfacher, wenn wir den Lumpenteufel und seinen Nabellosen in Gewahrsam hätten, aber ich werde ihm die Augen schon öffnen, seine Furcht vor der väterlichen Wut schüren, dann muss Julius dem Magister abschwören.

Unter derlei schwankenden Erwägungen erreichte d’Alembert endlich das Gewölbetor, stieß mit Fabrios Hilfe Riegel und Balken beiseite und zog beide Flügel auf. Sie traten hinaus auf den Hof, ihre Augen gegen die Nachmittagssonne beschirmend, die vom wolkenlosen Himmel schien. Und da erst, in diesem Augenblick, als er, von Licht übergossen, mit Fabrio über die Schwelle schritt, wurde d’Alembert bewusst, was für ein ungeheures Wagnis sie eingegangen waren.

Durch die Hölle gegangen und ins Licht zurückgekehrt. Mit einem Mal hielt er Fabrio in seinen Armen, ohne die mindeste Ahnung, wie es dazu gekommen war. Drei Zoll vor ihm schwebte das lächelnde Antlitz des Syrakusers, und d’Alembert wollte sich ihm eben entgegenneigen, als hinter ihnen, vom Gewölbe her, ein grässliches Stöhnen und Dröhnen ertönte. Das Malmen und Kreischen eines ungeheuren Untiers, das sich wie rasend aus den Tiefen der Unterwelt hervorgrub, in diesem Moment aus dem Gewölbetor schoss und in steiler, windgeschwinder Fahrt in den Winterhimmel stieg.

»Gehabt Euch wohl, Maître Weichkäs!«, kreischte der Puppenmacher hoch über ihren Köpfen, rittlings auf seinem Drachen hockend.

»Wird sich Magister Hezilow anderwärts Aquaster destillieren!« Vor ihm lag der Nabellose, seitlich über den Rumpf der Apparatur geworfen, ein schlaffes Bündel, tot oder in tiefem Schlaf.

D’Alembert und Fabrio sahen ihnen nach, wie sie über die Dächer der Burg hinwegschossen, der Maître förmlich niedergedrückt von der Gewissheit, übertölpelt und besiegt zu sein. In diesem Moment seiner tiefsten Demütigung hielt es selbst d’Alembert für möglich, dass Hezilow lebendige Kreaturen zu erschaffen vermochte, Knaben oder Drachen, aus Blut oder Mondsaft, Lehm oder Lumpen, ganz wie es dem teuflischen Puppenmacher beliebte.

» Vollendet den Stein.«