38227.fb2
Epilog
In den Tiroler Bergen im Jahre 1530
Vor einigen Jahren war er schon einmal hier gewesen. War zurückgekehrt in sein Heimatdorf. Seine Tante hatte ihn sofort wiedererkannt, ihn in ihre Arme geschlossen, ihn geherzt, an seiner Brust geweint. Und das, obwohl Philipp das Dorf mit drei Jahren verlassen hatte.
Seine Rückkehr war nur von kurzer Dauer gewesen. Er hatte sich nicht wohlgefühlt, war unruhig geblieben, Albträume hatten ihn geplagt. Nun hoffte er, nach allem, was geschehen, nach allem, was er erledigt hatte, darauf, dass sein unsteter Geist endlich fand, wonach er seit fünfundzwanzig Jahren suchte.
Es stand noch, das Haus seines Vaters. Zwischenzeitlich hatte eine andere Holzfällerfamilie dort gewohnt, doch sie alle waren vor zwei Jahren fortgezogen, hatten ihr Glück in Italien gesucht. Nun war es also wieder leer und wartete darauf, vom Sohn seines Erbauers bezogen zu werden. Philipp hatte kaum mehr Erinnerungen an dieses Haus, das, etwas abseits vom Dorf, am Waldesrand unweit einer rauschenden Klamm stand. Doch als er es nun erblickte, wurde ihm warm ums Herz. Er glaubte, ja, er wusste, dass er nun endlich angekommen war.
Vorsichtig, fast andächtig öffnete er die einfach behauene, aber massive Holztüre.
Sein Herz raste vor freudiger Erwartung.
Er war endlich bereit.
Er war bereit anzukommen.
Doch das, was er dann im Dunkel des Raumes erkannte, was ihn da anblickte, ließ seine Kinnlade mit einem Male nach unten fallen.
Damit hatte er niemals, niemals in seinem Leben gerechnet.
Zunächst glaubte er zu träumen.
Er rieb sich ungläubig die Augen, doch als er sie wieder öffnete, stand es noch immer da und blickte ihn hoffnungsvoll an, dieses so vertraute Wesen.
»Ahnte ich es doch, dass ich eher hier sein würde als du. Ja, so schnell wirst du mich nicht los, Philipp«, sagte der Zwerg Vinsebeck und versuchte, seinem Freund auf die Schulter zu klopfen, doch er reichte nicht heran. Stattdessen schlang er, wie ein kleines Kind, beide Ärmchen um Philipps Oberschenkel und verharrte in dieser Position.
Auch Philipp blieb regungslos stehen. Er war so überrascht, dass er nicht wusste, ob er nun weinen oder lachen sollte. Unbeholfen hob er eine Hand und klopfte dem kleinen Mann freundschaftlich auf den Kopf.
»Schön, dich zu sehen, Vinsebeck.«