38261.fb2 Gott stirbt am Nil - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 14

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XIV

Und so hob Zeinab am nächsten Morgen vor Sonnenaufgang den Tonkrug hoch und schüttete sich sauberes Nilwasser über ihren Kopf und ihren Körper. Sie wusch ihre Brüste und flüsterte dreimal hintereinander: »Ich bezeuge, daß es keinen Gott gibt außer Allah und daß Mohammed der Gesandte Allahs ist.« Das Wasser floß über ihren Bauch und ihre Hüften, und sie wusch sich und sagte dreimal das Glaubensbekenntnis auf. Sie trocknete ihr langes, schwarzes Haar, flocht zwei Zöpfe daraus, zog eine saubere galabeya an, bedeckte Kopf und Schultern mit dem schwarzen Tuch, ging mit ängstlichen, zögernden Schritten zur Tür und stieß sie langsam auf.

Die Morgenröte begann sich über dem Horizont auszubreiten, aber die Sonne war noch nicht am Himmel. Sie schaute in die Richtung, wo sie aufgehen würde, und sagte mit sanfter Stimme zehnmal hintereinander den ersten Koranvers auf. Dann ging sie auf das Eisentor zu. Sie fürchtete sich noch, aber ihre Schritte waren ruhig und fest. Als sie vor dem Tor stand, begann ihr Körper zu zittern, aber nicht mehr, weil sie Angst hatte oder unsicher war, sondern aufgrund starker Erregung. Jetzt wußte sie, was sie tun mußte. Ihr Herz schlug schnell, ihre Brust hob und senkte sich, ihr Körper spannte sich erwartungsvoll. Ihre Beine unter der langen galabeya zitterten, und ihre großen schwarzen Augen blickten zum Himmel in Erwartung einer außerordentlichen Erscheinung, damit sich Gottes Wille erfülle.

Der Bürgermeister riß überrascht seine blauen Augen auf, als sie auftauchte. Er hatte Zeinab sofort an ihrem Gesicht und ihren Augen, an ihrem aufrechten Gang erkannt. Er rieb sich die Augen, und seine Stimme klang erstaunt:

»Wer hat dich geschickt, Zeinab?«

»Allah hat mich geschickt.«

»Warum kommst du heute?«

»Weil es Gottes Wille ist«, sagte sie wie zu sich selbst.

Der Bürgermeister lächelte, stieg aus dem Bett und ging in das Badezimmer. Er putzte sich die Zähne, wusch sich, dann betrachtete er sein Gesicht im Spiegel und lächelte wieder. Lachen stieg in ihm hoch. Mit halblauter Stimme sagte er zu sich selbst: »Du Teufel, du Sohn des Teufels! Du bist ein schlauer Bursche, Haj Ismail!«

Er verließ das Badezimmer und suchte seine Armbanduhr, die auf einem kleinen Tisch lag. Sie zeigte sechs Uhr an. Er grinste und sagte leise zu sich: »Noch nie ist eine Frau so früh am Morgen zu mir gekommen. Ich muß erstmal eine Tasse Tee trinken, das wird mich wecken.«

Zeinab stand noch an derselben Stelle. Er ging auf sie zu und sagte wie zu einem Kind: »Hör mal, Zeinab. Ich möchte eine Tasse Tee trinken. Weißt du, wie man Tee macht?«

»Ja, Herr«, antwortete sie, und ihre Stimme verriet, daß sie ihm gefallen wollte.

»Komm mit mir! Ich werde dir den Weg in die Küche zeigen. Ich möchte, daß du mir Tee kochst, während ich ein Bad nehme.«

Zeinab seufzte erstaunt, als sie die Waschbecken aus weißem Porzellan sah, die glänzenden Wasserhähne, die buntgestrichenen Wände, die Vorhänge und den Herd, der so leicht anzuzünden war. Verträumt starrte sie auf den Kessel, der pfiff, als das Wasser kochte, auf die buntbedruckten und bemalten Tassen und die Silberlöffel. Alles war so neu für sie, so unbekannt, sie schien eine andere Welt betreten zu haben. Sie glaubte jetzt in Allahs Königreich zu sein, pries seinen Namen und stimmte sein Lob an. Wenn sie etwas in die Hände nahm, zitterten sie. Ihr Herz schlug schnell, ihre Beine schwankten.

Eine Teetasse glitt ihr durch die Finger und fiel auf den Boden. Sie schlug die Hände über der Brust zusammen und wich zurück an die Wand. Schwer atmend starrte sie auf die zersprungene Tasse, als hätte sie ein schreckliches Verbrechen begangen. Die Porzellanscherben leuchteten wie bunte Kristalle auf dem blütenweißen Boden. Der Bürgermeister stand unter der Dusche, als er hörte, wie die Tasse auf dem Boden aufprallte und ein lautes, erschrockenes Seufzen darauf folgte. Er lächelte und schäumte seine Brust und seinen Bauch mit einer duftenden Seife ein. Er dachte: »Wie erregend diese einfachen Mädchen sind, wie angenehm es ist, ihre jungfräulichen Körper zu umarmen, geradeso, als würde man eine frisch erblühte Rose pflücken. Wie ich die Künstlichkeit der Kairoer Frauen hasse, meine Frau mit ihrem unverschämten Blick zum Beispiel! Sie läßt sich durch nichts mehr einschüchtern oder erregen. Ob ich sie streichle, an mich ziehe oder beiße, ihr frigider Körper bebt nicht mehr.«

Er zog einen rosa Seidenpyjama an und ging aus dem Badezimmer in die Küche. Zeinab kauerte noch immer an der Wand, hatte die Hände über der Brust zusammengeschlagen, und ihre Lippen waren leicht geöffnet, als ringe sie nach Atem. Sie starrte auf die Porzellanscherben, die eben noch eine wunderschöne Tasse gewesen waren und deren Wert sie nie ermessen würde.

Sein Gesicht sah entspannt und gesund aus, und seine klaren blauen Augen sahen sie nachdenklich an, als prüfe er ein kostbares Schmuckstück. Ihr dichtes schwarzes Haar hing in zwei Zöpfen auf ihren Rücken. Das zarte und längliche Gesicht war von der Sonne gebräunt, die vollen Lippen hatten ein natürliches Rot und schimmerten wie eine Blume im Morgentau, und sie hatte schön geformte, feste Brüste. In ihren großen schwarzen Augen standen Tränen, wie bei einem Kind, das einen Schreck bekommen hat; ihre Schüchternheit reizte und erregte ihn.

Er trat an sie heran und sagte mit einem Lächeln auf den Lippen: »Weinst du, Zeinab?«

Sie senkte den Kopf und flüsterte kaum hörbar: »Sie ist mir aus der Hand gefallen. Verzeih mir, Herr.«

Sie wischte sich die Tränen mit der Hand fort. Er fühlte, wie sein Blut aufwallte, trat noch näher an sie heran und streckte eine Hand aus, mit der er ihr zärtlich die restlichen Tränen fortwischte.

»Du brauchst keine Angst zu haben, Zeinab«, sagte er leise. »Die Tasse und der, dem die Tasse gehört, sind dein.«

Er wollte sie in den Arm nehmen, besann sich jedoch anders. Sie würde sich nur noch mehr fürchten, es war besser, wenn er wartete, bis sie sich an ihre neue Umgebung gewöhnt hatte.

Inzwischen hatte Zakeya den Büffel zum Feld gebracht, ihn an das Wasserrad gebunden und begonnen, die Erde mit der Hacke umzugraben. Sie gab acht, denn sie wollte den Aufruf zum Mittagsgebet nicht überhören. Als Scheich Hamzawis Stimme schließlich ertönte, stand die Sonne hoch über ihrem Kopf und brannte auf sie nieder. Schweiß strömte aus ihren Haarwurzeln über ihren Hals, ihre Brust und ihren Rücken. Kaum war der Aufruf zum Gebet verhallt, warf sie die Hacke auf den Boden und ging zum nahen Fluß. Sie wusch sich Gesicht und Hals, verrichtete die rituellen Waschungen, dann kniete sie sich ans Ufer, warf sich mit inbrünstiger Hingabe nieder und verrichtete das Ritualgebet. Danach verharrte sie in der Kniestellung und sagte den ersten Koranvers zehnmal hintereinander auf. Sie hob die Hände zum Himmel und wiederholte dreißigmal: »O Gott, vergib mir!« Sie wartete einen Moment, dann legte sie ihr Gesicht in ihre Hände. Sogleich überfiel sie ein sonderbares Gefühl der Erleichterung, das dem Wunsch nach Schlaf ähnlich war. Ihre Lider wurden schwer, sie senkten sich über ihre Augen, und bald war sie neben dem Fluß fest eingeschlafen.

Wie sengend die Mittagssonne auch brannte, die dicken, festen Betonmauern vom Haus des Bürgermeisters konnte sie nicht durchdringen. Trotzdem fühlte er Hitzewellen in sich aufsteigen, als stünde er nackt unter der grellen, heißen Sonne. Er war noch mit seinem rosa Seidenpyjama bekleidet, saß im Lehnstuhl und las die Morgenzeitung. Auf einer der Seiten entdeckte er das Foto seines Bruders, und er blätterte schnell um und begann, die Gesellschaftsseite zu lesen. So erfuhr er, daß die Tänzerin Touba geschieden war, die Schauspielerin Noussa zum vierten Mal heiratete und der Sänger Abdel Rahman sich im Krankenhaus den Blinddarm herausnehmen ließ. Er blätterte weiter, um die Sportseite zu lesen, aber die Seiten verhedderten sich und sein Blick fiel erneut auf das Foto seines Bruders. Daher überflog er die Zeilen und erfuhr, daß eine Kabinettsumbildung stattgefunden und sein Bruder einen noch wichtigeren Ministerposten erhalten hatte. Er schnalzte verächtlich mit der Zunge. Niemand kannte seinen Bruder besser als er. Niemand wußte, wie dumm er war, wie schwer von Begriff, wenn auch ein richtiges Arbeitstier — genau wie ein Büffel, der sich mit verbundenen Augen im Kreis dreht und das Wasserrad bewegt, dachte er.

Er ließ die Zeitung fallen und schloß die Augen, und plötzlich fiel ihm ein, daß er seine Frau anrufen und sie fragen wollte, wie sein jüngster Sohn bei den Prüfungen abgeschnitten hatte. Er wollte gerade nach dem Telefon greifen, als er im Badezimmer Wasser fließen hörte. Da fiel ihm wieder ein, daß Zeinab am frühen Morgen in sein Haus gekommen war. Sie hatte inzwischen alles gewischt und geputzt bis auf das Badezimmer. Ein Gedanke durchzuckte ihn: »Warum nicht ins Bad gehen und es auf einen Versuch ankommen lassen?« Aber er verjagte ihn schnell. Sein Gefühl sagte ihm, daß Zeinab anders war als ihre einfache, willfährige Schwester Nefissa, in deren Gegenwart er sich unvorsichtiger und bedenkenloser verhalten hatte. Er wußte nicht, warum er so vorsichtig und zögernd, fast ängstlich mit Zeinab umging. Vielleicht, weil sie Nefissas Schwester war. Sicher, die Geschichte mit Nefissa war ein Geheimnis geblieben, aber man konnte nie wissen. Diesmal würde es vielleicht nicht so leicht zu verheimlichen sein. Er versuchte, sich seine Befürchtungen auszureden. Wer konnte herausfinden, was geschehen war? Er war über jeden Verdacht erhaben, er stand über dem Gesetz und über der Moral, die das Verhalten normaler Menschen regelten. Niemand in Kafr El Teen würde es wagen, ihn zu verdächtigen. An Allah mochten sie zweifeln, aber an ihm… unmöglich!

Doch dann fiel ihm ein, daß es in Kafr El Teen drei Männer gab, die fast alles über ihn wußten: der Polizeichef, der Scheich der Moschee und der Dorfbarbier. Ohne sie konnte er in Kafr El Teen nicht regieren. Sie waren seine Werkzeuge und seine Hilfen bei der Verwaltung des Dorfes. Aber sie kannten seine Geheimnisse. Er verließ sich darauf, daß sie sie nicht ausplaudern würden, obwohl er im Grunde davon überzeugt war, daß er ihnen in keiner Hinsicht trauen konnte. Er brauchte nur eine Sekunde lang die Augen abzuwenden, dann würden sie ihn reinlegen oder versuchen, aus ihm rauszuholen, was rauszuholen war. Aber er behielt sie im Auge, und er wußte, wie man ihnen beibrachte, daß er sogar ihren Schlaf überwachte und sie ihren Kopf aufs Spiel setzten, falls sie es wagten, ihn zu hintergehen oder aufzubegehren.

Er mußte mehrmals schlucken. Er hatte einen bitteren Geschmack im Mund, und es war ihm danach, auszuspucken, als wollte er den Haß loswerden, der seit jeher auf ihm lastete. Er verabscheute die drei Männer, er verachtete sie. Die Erkenntnis, daß er auf sie angewiesen war, machte alles noch schlimmer. Aus dem Grund war er gezwungen, so manchen Abend mit ihnen zu verbringen, zu plaudern und zu scherzen und sich sogar einzureden, daß sie seine Freunde waren, und schlimmer, vielleicht sogar seine einzigen Freunde.

Er erhob sich aus dem Lehnstuhl, ging in das Badezimmer und spuckte in das Waschbecken, dann spülte er mehrmals seinen Mund aus, um den bitteren Geschmack loszuwerden. Er sah in den Spiegel, und sein Blick fiel auf Zeinab, die die Badewanne so gründlich reinigte, daß sie wie Alabaster glänzte. Ihre bodenlange galabeya war naß und klebte an ihrem Körper, so daß sich ihre Brüste und Schenkel deutlich abzeichneten. Ihm war, als sähe er sie nackt vor sich. Er fühlte, wie ihm das Blut in die Lenden stieg, und konnte den Blick nicht von dem jungen Körper abwenden.

Zeinab hob den Kopf. Sie fing den sonderbaren Blick aus den blauen Augen des Bürgermeisters auf, wich ängstlich einen Schritt zurück und drückte sich schutzsuchend an die Wand. Dabei rutschte sie auf den nassen Fliesen aus und fiel der Länge nach zu Boden.

Bevor sie wieder aufstehen konnte, hatte er bereits einen Arm um ihre Taille gelegt und sie hochgezogen. Seine Fingerspitzen berührten ihre Brust, und er fühlte, wie seine Hand zitterte, als er sie streichelte und ihre Brust umfaßte.

Sie stieß einen erstickten Schrei aus, vor Schmerz über den harten Griff, mit dem er ihre empfindliche, unberührte Brust anfaßte, vor Angst, die eiskalt durch sie hindurchfuhr, und vor Lust, eine sonderbare, unbekannte Lust, die an Ekstase grenzte, eine befreiende Ekstase, als sei ihr eine schwere Last vom Herzen genommen. Sie konnte sich jetzt in Gottes Hände geben, ihm ihren Körper und ihre Seele ausliefern, ihr Gelöbnis einhalten und ihre Erleichterung darüber genießen.

Seine Hände glitten über ihre Beine, zogen das nasse Gewand über ihre Schenkel. Mit heiserer Stimme flüsterte er ihr leise und begehrlich ins Ohr: »Zieh deine galabeya aus, Zeinab, sonst wirst du dich erkälten.«

Seine Hände fuhren über ihre Schenkel und ihren Bauch, er versuchte, ihr Kleid hochzuziehen, aber es war naß und klebte an ihrer Haut. Er riß so heftig daran, daß es mit einem lauten Geräusch platzte. »Meine galabeya«, stieß sie hervor. »Es ist meine einzige galabeya

Er zog ihr das zerrissene Kleid aus, drückte sie fest an sich und flüsterte: »Ich werde dir tausend galabeyas kaufen.«

Mit einer Hand öffnete er den Wasserhahn und ließ das warme Wasser über ihren nackten Leib fließen. Er reinigte sie vom Staub und Schmutz der Arbeit, und seine flinken Hände wuschen ihr Haar, ihre Schultern, ihren Bauch, ihre Hüften und ihre Brüste.

Mit einem weichen Handtuch, das nach Jasmin duftete, trocknete er sie ab, wie eine Mutter ihr Kind abtrocknen würde. Wortlos ließ sie sich von ihm zum Bett tragen.