39103.fb2 Meister Martin der K?fner und seine Gesellen - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 4

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Wie Meister Martin sein Handwerk über alle andere erhob

Der Hochheimer perlte in den schmucken geschliffenen Trinkgläsern und erschloss den drei Alten Zunge und Herz. Zumal wusste der alte Spangenberg, bei hohen Jahren noch von frischem Lebensmut durchdrungen, manchen lustigen Schwank aus froher Jugendzeit aufzutischen, so dass Meister Martins Bauch weidlich wackelte und er vor ausgelassenem Lachen sich ein Mal über das andere Tränen aus den Augen wischen musste. Auch Herr Paumgartner vergaß mehr als sonst den ratsherrlichen Ernst und tat sich gütlich mit dem edlen Getränk und dem lustigen Gespräch. As nun Rosa wider eintrat, den saubern Handkorb unter dem Arm, aus dem sie Tischzeug langte, blendendweiß, wie frisch gefallener Schnee; als sie, mit häuslicher Geschäftigkeit hin und her trippelnd, den Tisch deckte und ihn mit allerlei würzreichen Speisen besetzte, als sie mit holdem Lächeln die Herren einlud, nun auch nicht zu verschmähen, was in der Eil bereitet worden, da schwieg Gespräch und Gelächter. Beide, Paumgartner und Spangenberg, wandten die leuchtenden Blicke nicht ab von der lieblichen Jungfrau, und selbst Meister Martin schaute, zurückgelehnt in den Sessel, die Hände zusammengefaltet, ihrem wirtlichen Treiben zu mit behaglichem Lächeln. Rosa wollte sich entfernen, da sprang aber der alte Spangenberg rasch auf wie ein Jüngling, fasste das Mädchen bei beiden Schultern und rief, indem die hellen Tränen ihm aus den Augen rannen, ein Mal über das andere:»O du frommes holdes Engelskind - du herziges liebes Mägdlein«, dann küsste er sie zwei-, dreimal auf die Stirne und kehrte auf seinen Platz zurück. Paumgartner brachte Rosas Gesundheit aus. -»Ja«, fing Spangenberg an, als Rosa hinaus gegangen,»ja, Meister Martin, der Himmel hat Euch in Eurer Tochter ein Kleinod beschert, das Ihr gar nicht hoch genug schätzen könnet. Sie bringt Euch noch zu hohen Ehren, sei es auch welchem Stande es wolle, möchte nicht Euer Eidam werden?«-»Seht Ihr wohl«, fiel Paumgartner ein,»seht Ihr wohl, Meister Martin, dass der edle Herr von Spangenberg ganz so denkt wie ich? - Ich sehe schon meine liebe Rosa als Patrizierbraut mit dem reichen Perlenschmuck in den schönen blonden Haaren.«-»Liebe Herren«, fing Meister Martin ganz verdrießlich an,»liebe Herren, wie möget ihr denn nur immer von einer Sache reden, an dich ich zur Zeit noch gar nicht denke. Mein Rosa hat nun das achtzehnte Jahr erreicht, und solch ein blutjunges Ding darf noch nicht ausschaue nach dem Bräutigam. Wie es sich künftig fügen mag, überlasse ich ganz dem Willen des Herrn, aber so viel ist gewiss, dass weder ein Patrizier noch ein anderer meiner Tochter Hand berühren wird als der Küper, der sich mir als den tüchtigsten geschicktesten Meister bewährt hat. Vorausgesetzt, dass ihn meine Tochter mag, denn zwingen werde ich mein liebes Kind zu nichts in der Welt, am wenigsten zu einer Heirat, die ihr nicht ansteht.«Spangenberg und Paumgartner schauten sich an, voll Erstaunen über diesen seltsamen Ausspruch des Meisters. Endlich nach einigem Räuspern fing Spangenberg an:»Also aus Eurem Stande heraus soll Eure Tochter nicht freien?«-»Gott soll sie dafür bewahren«, erwiderte Martin.»Aber«, fuhr Spangenberg fort,»wenn nun ein junger, tüchtiger Meister aus einem edlen Handwerk, vielleicht ein Goldschmied oder gar ein junger wackrer Künstler um Eure Rosa freite und ihr ganz ausnehmend gefiele vor allen andern jungen Gesellen, wie dann?«-»Zeigt mir«, erwiderte Martin, indem er den Kopf in den Nacken warf,»Zeigt mir, lieber junger Gesell, würde ich sprechen, das schöne zweifudrige Fass, welches Ihr als Meisterstück gebaut habt, und wenn er das nicht könne, würd ich freundlich die Tür öffnen und ihn höflichst bitten, doch sich anderswo zu versuchen.«-»Wenn aber«, sprach Spangenberg weiter,»wenn aber der junge Gesell spräche: „Solch einen kleinen Bau kann ich Euch nicht zeigen, aber kommt mit mir auf den Markt, schaut jenes stattliche Haus, das die schlanken Gipfel kühn empor streckt in die hohen Lüfte - das ist mein Meisterbau.«-»Ach, lieber Herr«, unterbrach Meister Martin ungeduldig Spangenbergs Rede,»ach, lieber Herr, was gebt Ihr Euch denn für Mühe, mich eines andern zu überzeugen. Aus meinem Handwerk soll nun einmal mein Eidam sein, denn mein Handwerk halt ich für das Herrlichste, was es auf der Welt geben kann. Glaubt Ihr denn, dass es genug ist, die Bände aufzutreiben auf die Dauben, damit das Fass zusammen halte? Ei, ist es nicht schon herrlich und schön, dass unser Handwerk den Verstand voraus setzt, wie man die schöne Himmelsgabe, den edlen Wein, hegen und pflegen muss, damit er gedeihe und mit aller Kraft und Süßigkeit, wie ein wahrer, glühender Lebensgeist, uns durchdringe? Aber dann der Bau der Fässer selbst. Müssen wir, soll der Bau gelingen, nicht erst alles fein abzirkeln und abmessen? Wir müssen Rechenmeister und Messkünstler sein, denn wie möchten wir sonst Proportion und Gehalt der Gefäße einsehen. Ei, Herr, mir lacht das Herz im Leibe, wenn ich solch ein tüchtig Fass auf den Endstuhl bringe, nachdem die Stäbe mit den Klöbeisen und dem Lenkbeil tüchtig bereitet, wenn dann die Gesellen die Schlägel schwingen und klipp, klapp, - klipp, klapp, es niederfällt auf die Treiber, hei! Das ist lustige Musik. Da steht nun das wohl geratene Gebäude, und wohl mag ich ein wenig stolz umschauen, wenn ich den Reißler zur Hand nehme und mein Handwerkszeichen, gekannt und geehrt von allen wackren Weinmeistern, in des Fasses Boden einreiße. - Ihr spracht von Baumeistern, lieber Herr, ei nun, solch ein stattliches Haus ist wohl ein herrliches Werk, aber wär ich ein Baumeister, ginge ich vor meinem Werke vorüber und oben vom Erker schaute irgendein unsaubrer Geist, ein nichtsnutziger schuftiger Geselle, der das Haus erworben, auf mich herab, ich würde mich schämen ins Innerste hinein, mir würde vor lauter Ärger und Verdruss die Lust ankommen, mein eignes Werk zu zerstören. Doch so etwas kann mir nicht geschehen mit meinen Gebäuden. Da drinnen wohnt ein für allemal nur der sauberste Geist auf Erden, der edle Wein. - Gott lobe mir mein Handwerk.«-»Eure Lobrede«, sprach Spangenberg,»war recht tüchtig und wacker gemeint. Es macht Euch Ehre, wenn Ihr Eurer Handwerk recht hoch haltet, aber werdet nur nicht ungeduldig, wenn ich Euch noch nicht los lassen kann. Wenn nun doch wirklich ein Patrizier käme und um Eure Tochter anhielte? - Wenn das Leben einem so recht auf den Hals tritt, da gestaltet sich denn wohl manches ganz anders, als wie man es geglaubt.«-»Ach«, rief Meister Martin ziemlich heftig,»ach, wie könnt ich denn anders tun, als mich höflich neigen und sprechen: „Lieber Herr, wäret Ihr ein tüchtiger Küper, aber so“«-»Hört weiter«, fiel ihm Spangenberg in die Rede,»wen aber nun gar an einem schönen Tage ein schmucker Junker auf stolzem Pferde, mit glänzendem Gefolge, in prächtigen Kleidern angetan, vor Eurem Hause hielt und begehrt Eure Rosa zur Hausfrau?«-»Hei, hei«, rief Meister Martin noch heftiger als vorher,»hei, hei, wie würd ich hastig, wie ich nur könnte, rennen und die Haustür versperren mit Schlössern und Riegeln - wie würd ich rufen und schreien: „Reitet weiter! Reitet weiter, gestrenger Herr Junker, solche Rosen wie die meinige blühen nicht für Euch, ei, mein Weinkeller, meine Goldbatzen mögen Euch anstehen, das Mägdlein nehmt Ihr in den Kauf - aber reitet weiter! Reitet weiter!“«- Der alte Spangenberg erhob sich, blutrot im ganzen Gesicht, er stemmte beide Hände auf den Tisch und schaute vor sich nieder.»Nun«, fing er nach einer Weile an,»nun noch die letzte Frage, Meister Martin. Wenn der Junker vor Eurem Hause mein eigner Sohn wäre, wenn ich selbst mit ihm vor Eurem Hause hielte, würdet Ihr da auch die Tür verschlissen, würdet Ihr da auch glauben, wir wären nur gekommen Eures Weinkellers, Eurer Goldbatzen wegen?«-»Mitnichten«, erwiderte Meister Martin,»mitnichten, mein gnädiger Herr, ich würde Euch freundlich die Tür öffnen, alles in meinem Hause sollte zu Eurem und Euers Sohnes Befehl sein, aber was meine Rosa betrifft, da würde ich sprechen: „Möchte es doch der Himmel gefügt haben, dass Euer wackrer Herr Junker ein tüchtiger Küper hätte werden können, keiner auf Erden sollte mir dann solch ein willkommener Eidam sein als er, aber jetzt!“ - Doch, lieber würdiger Herr, warum neckt und quält Ihr mich denn mit solchen wunderlichen Fragen? - Seht nur, wie unser lustiges Gespräch ganz und gar ein Ende genommen, wie die Gläser gefüllt stehen bleiben. Lassen wir doch den Eidam und Rosa Hochzeit ganz beiseite, ich bringe Euch die Gesundheit Euers Junkers zu, der, wie ich höre, ein schmucker Herr sein soll.«Meister Martin ergriff sein Trinkglas, Paumgartner folgte seinem Beispiel, indem er rief:»Alles verfängliche Gespräch soll ein Ende haben und Euer wackrer Junker hoch leben!«Spangenberg stieß an und sprach dann mit erzwungenem Lächeln:»Ihr könnet denken, dass ich im Scherze zu Euch sprach, denn nur ein frecher Liebeswahnsinn könnte wohl meinen Sohn, der unter den edelsten Geschlechtern seine Hausfrau erkiesen darf, dazu treiben, Rang und Geburt nicht achtend, um Eure Tochter zu freien. Aber etwas freundlicher hättet ihr mir doch antworten können.«-»Ach, lieber Herr«, erwiderte Meister Martin,»auch im Scherz konnt ich nicht anders reden, als wie ich es tun würde, wenn solch wunderliches Zeug, wie Ihr es fabeltet wirklich geschähe. Lasst mir übrigens meinen Stolz, denn Ihr selbst müsst mir doch bezeugen, dass ich der tüchtigste Küper bin auf weit und breit, dass ich mich auf den Wein verstehe, dass ich an unseres in Gott ruhenden Kaisers Maximillian tüchtige Weinordnung fest und getreulich halte, dass ich alle Gottlosigkeit als ein frommer Mann verschmähe, dass ich in mein zweifudriges Fass niemals mehr verdampfe als ein Lötlein lautern Schwefels, welches Not tut zur Erhaltung, das alles, ihr lieben Herrn, werdet ihr wohl genüglich kosten an meinem Wein.«Spangenberg versuchte, indem er wieder seine Platz einnahm, einheitres Gesicht anzunehmen, und Paumgartner brachte andere Dinge aufs Tapet. Aber wie es geschieht, dass die einmal verstimmten Saiten eines Instruments sich immer wieder verziehn und der Meister sich vergebens müht, die wohltönenden Akkorde, wie sie erst erklangen, aufs neue hervorzurufen, so wollte auch unter den drei Alten nun keine Rede, kein Wort mehr zusammen passen. Spangenberg rief nach seinen Knechten und verließ ganz missmutig Meister Martins Haus, in das er fröhlich und guter Dinge getreten.