51925.fb2 Charlie und der gro?e gl?serne Fahrstuhl - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 5

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Menschen vom Mars

Im Innern des Raumhotels bewegte man sich nicht schwebend. Dafür sorgte der Schwerkrafterzeuger. Nachdem das Kopplungsmanöver triumphal zum Abschluss gebracht worden war, konnten also Herr Wonka, Charlie, Großvater Josef und Herr und Frau Bucket ohne weiteres aus dem großen gläsernen Fahrstuhl in die Halle des Hotels spazieren. Großvater Georg, Großmutter Georgine und Großmutter Josefine jedoch, die seit über zwanzig Jahren keinen Fuß mehr auf den Boden gesetzt hatten, waren unter keinen Umständen bereit, sich ausgerechnet jetzt umzugewöhnen. Wenn sie also nicht mehr schweben konnten, dann zurück ins Bett. Alle drei ließen sich augenblicklich fallen und bestanden darauf, dass sie mit dem Bett ins Raumhotel geschoben wurden.

Charlie schaute sich in der riesigen Eingangshalle um. Den Boden bedeckte ein dicker, grüner Teppich. Zwanzig riesige Kronleuchter hingen glitzernd von der Decke herab. An den Wänden waren wertvolle Gemälde und überall standen große, weich gepolsterte Sofas herum. Am anderen Ende der Halle reihten sich die Türen von fünf Fahrstühlen. Die Gruppe betrachtete stumm und staunend all diesen Luxus. Keiner wagte zu sprechen. Herr Wonka hatte sie darauf hingewiesen, dass jedes Wort, das sie äußerten, von der Bodenkontrolle in Houston mitgehört werden würde; sie sollten also gefälligst ihre Zunge hüten. Ein ganz leises Summen drang von unten herauf, aber das machte die Stille nur noch gespenstischer. Charlie griff nach Großvaters Hand und hielt sich daran fest. Ihm gefiel das alles nicht so recht. Sie waren in die größte, jemals von Menschen gebaute Maschine eingedrungen, die der Regierung der Vereinigten Staaten gehörte. Und wenn man sie entdeckte und festnahm, wozu es ja doch schließlich kommen musste, was blühte ihnen dann? Lebenslang Gefängnis? Ja, oder noch Schlimmeres.

Herr Wonka schrieb unterdessen etwas auf einen kleinen Block und hielt ihn dann hoch. HAT JEMAND HUNGER? stand darauf.

Die drei alten Leute im Bett ruderten mit den Armen und nickten und klappten den Mund auf und zu. Herr Wonka drehte den Zettel um. Auf der Rückseite stand: IN DEN KÜCHEN DIESES HOTELS STAPELN SICH DIE FEINSTEN DELIKATESSEN - HUMMER, STEAKS, EIS, DER GRÖSSTE SCHMAUS ALLER ZEITEN ERWARTET UNS!

Plötzlich dröhnte eine gewaltige Stimme aus einem irgendwo im Raum verborgenen Lautsprecher. «ACHTUNG!», dröhnte die Stimme, und Charlie zuckte zusammen. Großvater Josef ebenfalls. Alle zuckten zusammen, sogar Herr Wonka. «ACHTUNG DIE ACHT AUSLÄNDISCHEN ASTRONAUTEN! HIER SPRICHT RAUMKONTROLLE HOUSTON, TEXAS, USA! SIE HABEN UNBEFUGT AMERIKANISCHEN BESITZ BETRETEN! SIE HABEN ANWEISUNG, SICH UNVERZÜGLICH ZU ERKENNEN ZU GEBEN! SPRECHEN SIE!»

«Psssst!», flüsterte Herr Wonka mit dem Finger an den Lippen.

Ein paar Sekunden lang war es entsetzlich still. Niemand rührte sich, bis auf Herrn Wonka, der immerzu «Pssst - pssst!» machte.

«WER... SIND... SIE?», dröhnte eine Stimme aus Houston und die ganze Welt hörte mit. «ICH WIEDERHOLE... WER... SIND SIE?», rief die ungeduldige, zornige Stimme und fünfhundert Millionen Menschen hockten vor ihren Fernsehgeräten und warteten auf eine Antwort von den geheimnisvollen Fremden im Innern des Raumhotels. Das Fernsehen konnte sie nicht im Bild zeigen, weil sich keine Kamera am Schauplatz befand. Die Fernsehzuschauer mussten sich mit dem Ton begnügen und sahen weiter nichts als das Äußere des Riesenhotels auf der Umlaufbahn, aufgenommen natürlich von Shuckworth, Shanks und Showler, die in der Transportkapsel dichtauf folgten. Eine halbe Minute lang wartete die Welt auf eine Antwort.

Aber es kam keine Antwort.

«SPRECHEN SIE!», dröhnte die Stimme. Sie wurde lauter und lauter, steigerte sich zu einem schrecklichen, furchterregenden Gebrüll, dass Charlie fast das Trommelfell zerplatzte: «SPRECHEN SIE! SPRECHEN SIE! SPRECHEN SIE!» Großmutter Georgine schoss unter die Bettdecke. Großmutter Josefine steckte sich die Finger in die Ohren. Großvater Georg vergrub das Gesicht in den Kissen. Herr und Frau Bucket, beide wie versteinert, lagen einander wieder einmal in den Armen. Charlie umklammerte fest Großvater Josefs Hand, beide blickten unverwandt auf Herrn Wonka und baten ihn mit den Augen, nun doch endlich etwas zu unternehmen. Herr Wonka stand ganz still da, und obwohl sein Gesicht ruhig wirkte, kann man ganz sicher sein, dass sein schlaues Erfindergehirn auf Hochtouren lief wie ein Dynamo.

«DIES IST IHRE LETZTE CHANCE!», dröhnte die Stimme. «WIR FRAGEN SIE NOCH EINMAL... WER... SIND... SIE? ANTWORTEN SIE UNVERZÜGLICH! FALLS SIE NICHT ANTWORTEN, SEHEN WIR UNS GEZWUNGEN, SIE ALS GEFÄHRLICHE FEINDE ZU BETRACHTEN. WIR WERDEN DANN DEN NOTGEFRIERSCHALTER BETÄTIGEN, WORAUFHIN DIE TEMPERATUR IM RAUMHOTEL AUF MINUS HUNDERT GRAD CELSIUS SINKEN WIRD. SIE ALLE SIND DANN AUF DER STELLE TIEFGEFROREN. ICH GEBE IHNEN NOCH FÜNFZEHN SEKUNDEN ZUM ANTWORTEN. DANACH WERDEN EISZAPFEN AUS IHNEN. EINS... ZWEI... DREI...»

«Großvater!», flüsterte Charlie, während die Stimme weiterzählte. «Wir müssen irgendetwas tun! Schnell!»

«SECHS!», zählte die Stimme. «SIEBEN! ACHT!... NEUN!... »

Herr Wonka hatte sich nicht gerührt. Er schaute unverwandt geradeaus, immer noch vollkommen beherrscht und vollkommen ausdruckslos. Charlie und Großvater starrten ihn entsetzt an. Da sahen sie plötzlich die winzigen Zwinkerfältchen eines Lächelns um seine Augenwinkel auftauchen. Mit einem Ruck wurde er lebendig. Er fuhr auf den Zehenspitzen herum, hüpfte ein paar Schritte durch den Raum und stieß dann wie in rasender Wut einen sozusagen unirdischen Schrei aus:

«FIMBO FIESIE!»

Der Lautsprecher hörte auf zu zählen. Es wurde still.

Überall auf der Welt wurde es still.

Charlies Augen waren auf Herrn Wonka geheftet. Der schickte sich an, weiterzusprechen. Schon holte er tief Luft. «FINGO FÖDI!», schrie er. Er schrie es mit so viel Kraft, dass er von der Anstrengung auf die Zehenspitzen gehoben wurde.

«FINGO FÖDI

DAFU GÖDI

DUBIS BLÖDI!»

Wieder wurde es still.

Als Herr Wonka erneut zu sprechen anfing, schossen die Wörter schnell und scharf hervor wie Kugeln aus einem Maschinengewehr. «SUNK-SUNK-SUNK-SUNK-SUNK-SUNK!», schrie er. Das Echo wurde immer noch einmal von den Wänden der Hotelhalle zurückgeworfen. Es hallte um die ganze Welt.

Herr Wonka drehte sich jetzt um und blickte zum anderen Ende der Halle, wo die Lautsprecherstimme hergekommen war. Er ging ein paar Schritte darauf zu, wie jemand, der ein vertrauliches Wort mit seinen Zuhörern reden möchte. Und diesmal sprach er denn auch viel ruhiger und leiser, die Worte kamen langsamer, aber jede Silbe hatte einen stählernen Unterton:

«KIRASUKU MALIKEMLEM,

WIRHIER WEISE, DUDA PLEMPLEM!

ALIPENDA KUKURUPÖPFT,

HOOSE FELLT WENNICH GEZUKNÖPFT!

FUNIKIKA KANDADÄPPA,

WIRHIER STÄRKA, DUDA SCHLÄPPA!

POPOKOTA KIRIHEITSEN,

SÄR GÄFÄHRLICH DU UNS REITSEN!

KATIKATI MONDSTERN SARS,

FANFANISCHA VENUS MARS!»

Herr Wonka hielt mit dramatischer Gebärde ein paar Sekunden inne. Dann holte er gewaltig Atem und schrie gellend und mit wilder, Furcht erregender Stimme:

KITIMBIBI SUNK!

FIMBOLIESI SUNK!

GUGUMIESA SUNK!

UMIKAKA SUNK!

ANAPOLALA SUNK! SUNK! SUNK!

Alles dies übte auf die Welt unten eine elektrisierende Wirkung aus. Im Kontrollraum zu Houston, im Weißen Haus zu Washington, in Palästen und Hochhäusern und Berghütten von Amerika bis China und Peru - die fünfhundert Millionen Menschen, die diese wilde und Furcht erregende Stimme diese merkwürdigen und rätselhaften Worte schreien hörten, zitterten vor Angst vor ihren Fernsehapparaten. Einer guckte den anderen an und alle fragten: «Wer sind die? Was für eine Sprache war das? Wo kommen die her?»

Im Arbeitszimmer des Präsidenten im Weißen Haus stand alles starr und gespannt da: Vizepräsidentin Tibbs, die Kabinettsmitglieder, die Oberbefehlshaber des Heeres und der Marine und der Luftwaffe, der Schwertschlucker aus Afghanistan, der Chefberater in Finanzfragen und Frau Taubsypuss, die Katze. Alle fürchteten sich sehr. Der Präsident selbst freilich behielt seinen kühlen, klaren Kopf.

«Tante Tibbs!», rief er. «Ach, Tante Tibbs, was machen wir denn jetzt bloß?»

«Ich hole dir ein schönes Glas warme Milch», sagte Tante Tibbs.

«Das Zeug ist mir widerlich», antwortete der Präsident. «Zwing mich bitte nicht, es zu trinken!»

«Dann ruf den Chefdolmetscher», meinte Tante Tibbs.

«Her mit dem Chefdolmetscher!», sagte der Präsident. «Wo ist er?»

«Zur Stelle, Herr Präsident», meldete sich der Chefdolmetscher.

«Was war das für eine Sprache, die diese Kreatur da oben im Raumhotel ausgespuckt hat? Nun mal fix! Eskimosprache?»

«Eskimosprache nicht, Herr Präsident.»

«Ah! Dann war es Tagalog! Entweder Tagalog oder Ugro.»

«Tagalog nicht, Herr Präsident. Ugro auch nicht.»

«War's dann aber vielleicht Tulu? Tungus oder Tupi?»

«Auf gar keinen Fall Tulu, Herr Präsident. Und ich bin auch ganz sicher, dass es weder Tungus noch Tupi war.»

«Nun stehen Sie nicht da herum und erzählen, was es nicht war, Sie Dummkopf!», sagte Tante Tibbs. «Sagen Sie ihm, was es war!»

«Jawohl, Fräulein Vizepräsidentin, jawohl», sagte der Chefdolmetscher und fing an zu zittern. «Glauben Sie mir, Herr Präsident», fuhr er fort, «es war eine Sprache, die ich noch niemals gehört habe.»

«Aber ich dachte, Sie kennen jede Sprache auf der Welt?»

«Kenne ich auch, Herr Präsident.»

«Lügen Sie mich nicht an, Chefdolmetscher. Wie können Sie jede Sprache auf der Welt kennen, wenn Sie diese nicht kennen?»

«Es ist keine Sprache von dieser Welt, Herr Präsident.»

«Quatsch!», schrie Tante Tibbs. «Ein bisschen davon habe ich sogar verstanden.»

«Diese Leute, Fräulein Vizepräsidentin, mit Verlaub, haben offenbar versucht, ein paar von unseren einfacheren Wörtern zu lernen, alles Übrige jedoch ist eine Sprache, die noch nie zuvor auf der Erde vernommen wurde.»

«Was, was, was!», rief der Präsident. «Wollen Sie damit etwa sagen, die... die könnten von... von... irgendwo anders herkommen?»

«Genau, Herr Präsident.»

«Zum Beispiel woher?», fragte der Präsident.

«Wer weiß?», sagte der Chefdolmetscher. «Aber haben Sie nicht bemerkt, Herr Präsident, dass sie die Wörter Venus und Mars benutzten?»

«Natürlich habe ich das bemerkt», sagte der Präsident. «Aber was hat das damit zu tun?... Ah! Jetzt weiß ich, worauf Sie hinauswollen! Du liebe Zeit! Menschen vom Mars!»

«Und von der Venus», fügte der Chefdolmetscher hinzu.

«Das», sagte der Präsident, «könnte Ärger geben.»

«Und ob!», sagte der Chefdolmetscher.

«Er hat nicht mit Ihnen geredet», fuhr Tante Tibbs ihn an.

«Was machen wir jetzt, General?», fragte der Präsident.

«In die Luft jagen!», rief der General.

«Sie wollen immer alles in die Luft jagen», sagte der Präsident ärgerlich. «Fällt Ihnen nicht mal etwas anderes ein?»

«Ich jage gern was in die Luft», sagte der General. «Macht so schönen Krach. Rumm-bumm!»

«Seien Sie nicht dumm!», sagte Tante Tibbs. «Falls Sie diese Leute in die Luft jagen, erklärt Mars uns den Krieg! Und Venus noch dazu!»

«Sehr richtig, Tante Tibbs», sagte der Präsident. «Wir würden weggepustet wie Pusteblumen, allesamt! Die würden uns zerstampfen wie Kartoffeln!»

«Ich nehme es mit denen auf!», rief der Oberbefehlshaber des Heeres.

«Halten Sie den Mund!», fuhr Tante Tibbs ihn an. «Sie sind entlassen.»

«Hurra!», riefen alle anderen Generäle. «Das haben Sie gut gemacht, Fräulein Vizepräsidentin.»

Tante Tibbs sagte: «Mit diesen Kerlen müssen wir sachte umgehen. Der da eben gesprochen hat, der war außerordentlich wütend, das konnte man ja hören. Wir müssen höflich zu ihnen sein, ihnen Honig ums Maul schmieren, ihnen gute Laune machen. Das fehlte uns gerade noch, dass wir von Marsmenschen überfallen werden! Sie müssen mit ihnen sprechen, Herr Präsident. Sagen Sie Houston, wir brauchen noch eine direkte Funkverbindung zum Raumhotel! Und Beeilung bitte!»