51926.fb2 Charlie und die Schokoladenfabrik - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 28

Charlie und die Schokoladenfabrik - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 28

27. Micky Schießer wird per Fernsehen gesendet

Micky Schießer war noch begeisterter als Großvater Josef, als er sah, daß man richtige Schokolade durchs Fernsehen senden konnte.

«Herr Wonka, können Sie auch andere Dinge auf die gleiche Art und Weise durch die Luft senden? Zum Beispiel Flocken fürs Frühstück?» rief er.

«Um Himmels willen, sprich mir nicht von Flocken, ich kann Flocken nicht ausstehen!» antwortete Herr Wonka. «Weißt du, woraus Frühstücksflocken gemacht werden? Aus den geringelten kleinen Spänen, die du im Bleistiftspitzer findest!»

«Aber könnten Sie auch Frühstücksflocken durchs Fernsehen senden, wenn Sie wollten?» fragte Micky Schießer.

«Natürlich!»

«Und Leute? Könnten Sie einen richtigen lebendigen Menschen auf diese Art von einem Ort zum andern senden?» wollte Micky Schießer wissen.

«Einen Menschen! Bist du verrückt?» erwiderte Herr Wonka.

«Geht es oder geht es nicht?» fragte Micky Schießer.

«Lieber Himmel, Kind, ich weiß nicht... Ich vermute, es geht... Ja, warum eigentlich nicht?... Aber ich würde es wahrscheinlich nicht riskieren... Wer weiß, was dabei herauskommt... »

Aber Micky Schießer war schon unterwegs. Als Herr Wonka sagte: «... Ich vermute, es geht... Ja, warum eigentlich nicht?» machte Micky Schießer auf dem Absatz kehrt und stürzte zu der Kamera hin. Im Laufen rief er: «Seht mich an! Ich bin der erste Mensch auf der Welt, der durchs Fernsehen gesendet wird!»

«Halt! Nein, nein, nein!» schrie Herr Wonka.

«Micky! Halt! Komm sofort zurück! Du wirst in eine Million Stückchen zersplittert!» rief seine Mutter.

Aber Micky Schießer war nicht mehr zu bremsen. Die Umpa-Lumpas liefen rechts und links davon, als Micky Schießer sich auf die Kamera stürzte. «Wiedersehn, bis nachher!» schrie er, packte den Hebel, riß ihn herunter und sprang vor die große Linse.

Es gab einen gewaltigen Blitz.

Und dann tiefe Stille.

Frau Schießer wollte auch zur Kamera laufen... aber nach ein paar Schritten blieb sie wie angewurzelt stehen. Sie stand da und starrte... und starrte... und starrte... und dann schrie sie: «Er ist weg, er ist weg!»

«Lieber Himmel, er ist tatsächlich weg!» rief jetzt auch Herr Schießer.

Herr Wonka trat zu Frau Schießer hin und legte sanft die Hand auf ihre Schulter. «Wir können nur das Beste hoffen», sagte er. «Wir können nur hoffen, daß Ihr kleiner Sohn bei dieser Reise keinen Schaden nimmt.»

«Micky! Wo bist du?» Frau Schießer hielt sich den Kopf mit beiden Händen.

«Das kann ich dir genau sagen! Er fliegt, in eine Million klitzekleine Stückchen aufgesplittert, über unseren Köpfen durch die Luft!» antwortete Herr Schießer.

«Sprich nicht davon!» jammerte Frau Schießer.

«Wir müssen den Bildschirm beobachten», sagte Herr Wonka. «Ihr Sohn kann jeden Augenblick durchkommen.» Herr und Frau Schießer, Großvater Josef und Charlie und Herr Wonka versammelten sich vor dem Fernsehgerät und starrten angespannt auf den Bildschirm. Nichts rührte sich.

«Er braucht aber elend lange für das kurze Stück Weg!» sagte Herr Schießer und wischte sich die Stirn.

«Hoffentlich bleibt nichts von ihm zurück», murmelte Herr Wonka.

«Was meinen Sie damit?» fragte Herr Schießer scharf.

«Ich möchte Sie ja nicht beunruhigen... aber es kommt manchmal vor, daß nur ungefähr die Hälfte von den klitzekleinen Stückchen den Weg in das Fernsehgerät findet. Ich weiß auch nicht wieso, jedenfalls kommt dann nur eine halbe Tafel Schokolade heraus - das ist uns erst letzte Woche bei unseren Versuchen passiert», sagte Herr Wonka.

Frau Schießer stieß einen Schreckensschrei aus. «Wollen Sie damit sagen, daß von Micky vielleicht nur die Hälfte wieder auftaucht?»

«Hoffen wir, daß es die obere Hälfte ist!» sagte Herr Schießer.

«Immer nur mit der Ruhe! Es geht schon los!» sagte Herr Wonka. «Achten Sie auf den Bildschirm!»

Der Bildschirm begann zu flimmern.

Ein paar Wellenlinien erschienen.

Herr Wonka drehte an einem Knopf, und die Wellenlinien verschwanden.

Langsam, langsam wurde der Bildschirm immer heller.

«Da kommt er!» schrie Herr Wonka.

«Und ist er heil und ganz?» fragte Frau Schießer.

«Das kann ich noch nicht erkennen», antwortete Herr Wonka.

Tatsächlich tauchte Micky Schießers Bild auf der Mattscheibe auf, zuerst ganz schwach, dann von Sekunde zu Sekunde klarer. Er stand da, winkte den Zuschauern zu und grinste vom einen Ohr bis zum anderen.

«Er ist ein Zwerg geworden!» rief Herr Schießer entsetzt.

«Micky, ist dir auch nichts passiert? Fehlt auch kein Stückchen von dir?» schrie Frau Schießer.

«Wird er nicht noch etwas größer?» rief Herr Schießer.

«Sag etwas, Micky! Sprich mit mir! Sag mir, daß dir nichts fehlt!» jammerte Frau Schießer.

Ein dünnes Stimmchen, so leise wie das Piepsen einer Maus, drang aus dem Fernsehgerät. «Hallo, Mama! Hallo, Papa! Schaut mich genau an! Ich bin der erste Mensch auf der Welt, der durchs Fernsehen gesendet wurde!»

«Schnell, nehmen Sie ihn heraus!» befahl Herr Wonka.

Frau Schießer griff zu und nahm die winzige Gestalt aus dem Bildschirm.

«Hurra!» rief Herr Wonka. «Er ist heil und ganz. Es ist ihm nichts passiert!»

«Das nennen Sie nichts passiert?!» fauchte Frau Schießer und zeigte mit dem Finger auf den klitzekleinen Jungen, der auf ihrer linken Handfläche herumlief und mit seinen Pistolen in der Luft herumfuchtelte.

Micky Schießer war nur noch zwei oder drei Zentimeter groß, nicht einmal so lang wie ein Streichholz.

«Er ist geschrumpft!» sagte Herr Schießer.

«Natürlich ist er geschrumpft», sagte Herr Wonka. «Was haben Sie erwartet?»

«Wie schrecklich!» jammerte Frau Schießer. «Was machen wir nun?»

«Wir können ihn so nicht zur Schule schicken! Er wird ja sofort zertreten und zermalmt!» sagte Herr Schießer.

«Er kann überhaupt gar nichts mehr tun!» sagte Frau Schießer.

«O doch! Ich kann immer noch fernsehen!» piepste Micky Schießer.

«Nie im Leben mehr!» brüllte Herr Schießer. «Ich schmeiße den Kasten auf der Stelle aus dem Fenster, wenn ich das Haus betrete. Ich habe genug vom Fernsehen!»

Als Micky Schießer das hörte, bekam er einen Wutanfall. Er stampfte auf der Hand seiner Mutter herum, versuchte, sie in die Finger zu beißen, und brüllte wie am Spieß. «Ich will fernsehen! Ich will fernsehen! Ich will fernsehen! Ich will fernsehen!»

«Gib ihn mal her», sagte Herr Schießer, und er steckte den klitzekleinen Micky in die Brusttasche seiner Jacke und stopfte sein Einstecktuch darüber. Das Quietschen und Piepsen drang durch den Stoff, und die Tasche beulte und bewegte sich, während der wütende kleine Gefangene zu entkommen versuchte.

«Oh, Herr Wonka, wie kann er wieder wachsen?» jammerte Frau Schießer.

«Hmmmm...» Herr Wonka strich sich den Bart und starrte nachdenklich an die Decke. «Ich gebe zu, es ist ein bißchen kompliziert. Aber kleine Jungen sind äußerst gelenkig und elastisch. Sie dehnen und strecken sich wie verrückt. Ich schlage also vor, wir stecken ihn in eine Spezialmaschine, mit der ich sonst die Elastizität von Kaugummi prüfen lasse. Vielleicht kriegen wir ihn damit wieder so hin, wie er vorher war.»

«Oh, vielen Dank, Herr Wonka!» sagte Frau Schießer.

«Bitte sehr, nicht der Rede wert, meine Liebe», sagte Herr Wonka.

«Was meinen Sie, wie weit er sich dehnen läßt?» fragte Herr Schießer.

«Wer weiß? Vielleicht Meilen», sagte Herr Wonka. «Es wird sich zeigen. Natürlich wird er dabei schrecklich dünn. Alles, was man auseinanderzieht, wird dünn.»

«Sie meinen, wie Kaugummi?» fragte Herr Schießer.

«Genau.»

«Wie dünn wird er dabei?» fragte Frau Schießer besorgt.

«Keine Ahnung», antwortete Herr Wonka. «Aber das ist ja auch egal, weil wir ihn ja schnell wieder herausfüttern. Wir brauchen ihm nur eine dreifache Portion von meiner wundervollen Super-Vitamin-Schokolade zu geben. Sie enthält große Mengen von Vitamin A, Vitamin B, Vitamin C, Vitamin D, Vitamin E, Vitamin F, Vitamin G, Vitamin I, Vitamin J, Vitamin K, Vitamin L, Vitamin M, Vitamin N, Vitamin O, Vitamin P, Vitamin Q, Vitamin R, Vitamin T, Vitamin U, Vitamin V, Vitamin W, Vitamin X, Vitamin Y und Vitamin Z! Die einzigen beiden Vitamine, die sie nicht enthält, sind das Vitamin S - weil einem davon schlecht wird - und das Vitamin H, weil einem davon Hörner aus dem Kopf wachsen wie den Ochsen. Dafür enthält diese Schokolade aber auch noch ein wenig von dem seltensten und geheimnisvollsten Vitamin auf der Welt... dem Vitamin Wonka.»

«Und wie wirkt das?» fragte Herr Schießer mißtrauisch.

«Davon wachsen seine Zehen, bis sie so lang wie seine Finger sind.»

«Um Himmels willen!» rief Frau Schießer entsetzt.

«Seien Sie nicht dumm. Das ist äußerst nützlich. Dann kann er mit den Füßen Klavier spielen.»

«Aber Herr Wonka...»

«Keine unnötigen Debatten, bitte!» Herr Wonka drehte sich um und schnippte dreimal mit den Fingern. Sofort erschien ein Umpa-Lumpa. «Halte dich genau an dieses Rezept», sagte Herr Wonka und gab dem Umpa-Lumpa ein Stück Papier, auf das er in aller Eile ausführliche Anweisungen geschrieben hatte. «Der

Junge steckt in der Jackentasche seines Vaters. Jetzt ab mit dir! Auf Wiedersehen, Frau Schießer! Auf Wiedersehen, Herr Schießer! Und machen Sie bitte nicht so besorgte Gesichter! Es wird alles wieder gut!» Die Umpa-Lumpas an der schwarzen Kamera am anderen Ende des Raumes schlugen schon leise ihre kleinen Trommeln und fingen an, sich alle im selben Rhythmus zu wiegen.

«Jetzt singen sie wieder!» sagte Herr Wonka. «Man kann es ihnen, fürchte ich, nicht abgewöhnen.»

Der kleine Charlie nahm Großvater Josefs Hand, und so standen die beiden ganz allein neben Herrn Wonka in dem langen, leeren, hell erleuchteten Saal und hörten sich das Lied der Umpa-Lumpas an:

«Für den, der Kinder gerne hat, gibt es noch einen guten Rat -der wäre: Laßt sie niemals an den Fernseh-Flimmerkasten ran! (Am besten wär's, in allen Fällen den Kasten gar nicht aufzustellen.) Doch vielfach achtet man nicht drauf und läßt den Dingen ihren Lauf: der halbe Tag, die halbe Nacht wird vor dem Bildschirm zugebracht. Natürlich zieht es Kinder immer zu jeder Art von Bildgeflimmer. Wenn sich nur irgendwas bewegt, schon sind sie davon angeregt und sind bereit, sich voll Vertrauen den größten Blödsinn anzuschauen. Es staunt das Kind, es starrt und stiert und ist schon ganz hypnotisiert. -Es treten - viel scheint nicht zu fehlen -ihm fast die Augen aus den Höhlen.O ja, dann sind sie <brav> und <nett>,sie klettern nicht aufs Fensterbrettund streiten nicht und sind nicht wild -sie starren unverwandt aufs Bild.Da kann Mama die Haushaltssachenin aller Ruhe fertig machenund kann die freie Zeit benutzenzum Tellerwaschen, Schuheputzen...Doch habt ihr niemals recht bedacht,was das aus euren Kindern macht?Die Sinne nehmen schweren Schaden,und der Verstand wird überladen.Die Phantasie wird nicht geübt,die Kraft zu denken wird getrübt,und schließlich wird der Kinderkopfmit lauter Plunder vollgestopft!Was wird, so könnte man sich fragen,denn aber dafür vorgeschlagen?Mal angenommen, es gelingt,daß man das Ding beiseite bringt,damit das Kind nicht fernsehn kann -womit beschäftigen wir es dann?Die Antwort will uns leicht erscheinen:Was machten sie denn sonst, die Kleinen?Was hielt sie damals denn auf Trab,als es das Fernsehn noch nicht gab?Ihr habt's vergessen? Wißt's nicht mehr?Dann hört noch einmal alle her:Sie lasen nämlich! Ja, sie lasen!Von Rittern auf dem grünen Rasen,von Drachen, Königen und Elfen,von Bärenfängern und von Wölfen,von Schmugglern, die mit schweren Schätzenbei Nacht durch dunkle Wälder hetzen, von Kapitänen, Segelschiffen,von Inseln und Korallenriffen,von Riesenhaien, Riesenwalenund fürchterlichen Kannibalen...So war das - früher gab es immerviel Bücher in dem Kinderzimmer,am Boden und im Kinderbettund oben auf dem Bücherbrett.Die Kleinen hatten ihre Märchenvom Osterhasen und vom Bärchen,vom Hans im Glück, der Vogelschuleund von der grauen Regenjule,vom Tischleindeckdich und vom Mond,vom Schloß, in dem Dornröschen wohnt,vom Ruprecht und vom Nikolaus,von Onkel Fuchs und Tante Maus.Wie wußte man in früherer Zeitin Märchenbüchern gut Bescheid!Nehmt unsern Rat! Es ist am besten,ihr trennt euch von den Flimmerkästenund an der Stelle, gleich darauf,baut ein Regal für Bücher aufVerzichtet auf die bösen Blicke,Revolver, Messer, Ketten, Stricke,das Schreien, Stöhnen und das Schießen.Bald wird das Kind sich neu entschließen,die alten Dinge abzustreifen,nach einem schönen Buch zu greifen.Und hat es damit erst begonnen,dann haben wir schon halb gewonnen:Es wird von sich aus interessiert -was dann allmählich dazu führt,daß es die neue Welt entdeckt,die in den schönen Büchern steckt.Es lernt und staunt und ändert sich -kaum ist ihm mehr erinnerlich, wie's damals seine Zeit verlor vor dem verrückten Flimmerrohr. PS: Was nun den Micky anbelangt, um den ein jeder von euch bangt: Wir wollen tun, was an uns liegt, daß er die alte Größe kriegt, mit Sorgfalt, Umsicht und Geduld -wenn nicht, hat er alleine schuld.»