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Lied der Seelöwen
Wer uns je zu nahe kam,
hält uns für erstaunlich zahm.
Wir fliehn nicht, wenn ein Schiff sich näh’rt,
wir schwimmen ihm entgegen.
Wir fühl’n uns durch Besuch geehrt,
Besuch kommt uns gelegen.
Wir zeigen gerne unsren Gästen,
wo man auf guten Fischgrund stößt
und wo man nach dem Mahl am besten
im warmen Sande döst.
Wer uns je zu nahe kam,
hält uns für erstaunlich zahm.
Wir schwimmen mit dem Gast im Kreise,
wir lehr’n ihn jeden Tauchertrick
und lachen nur dezent und leise
über sein Ungeschick.
Wir schlafen voller Glück und Wonne
auf Bänken, die der Mensch erbaut,
und aalen uns dort in der Sonne
und schnarchen manchmal sogar laut.
Der Mensch, so ohne Scheu und Scham,
ist er nicht erstaunlich zahm?
Er flieht nicht, wenn wir näher kommen,
nein, ER schwimmt uns entgegen.
Er wirkt nicht ängstlich, nicht beklommen:
Kommt ihm Besuch gelegen?