52010.fb2 James und der Riesenpfirsich - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 22

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Kapitel 22

In ein paar Minuten war alles bereit.

Es war jetzt ganz still auf Deck. Niemand war zu sehen... niemand außer Regenwurm.

Das heißt, nur ein halber Regenwurm. Wie eine große, dicke, saftige rosa Wurst lag er unschuldig in der Sonne, so daß alle Möwen ihn sehen konnten. Seine andere Hälfte baumelte in den Tunnel, und Grashüpfer und Marienkäferchen hielten ihn fest, um ihn mit einem Ruck herunterzuziehen, sobald James das Zeichen gab.

James kauerte dicht neben Regenwurm im Tunneleingang, hielt eine Seidenschlinge in der Hand und wartete auf die erste naschhafte Möwe.

Tief unten im großen hohlen Pfirsichstein beleuchtete Glühwürmchen den Raum, damit Seidenraupe und Spinne bei der Arbeit sehen konnten.

Auch Tausendfüßler hockte dort unten und trieb die beiden zu noch größerer Eile an. Manchmal drang seine Stimme schwach aus der Tiefe herauf: «Spinn, Seidenraupe, spinn schneller, du Faulpelz, oder wir werfen dich den Haien zum Fraß vor!»

«Da kommt die erste Möwe!» flüsterte James. «Halt ganz still, Regenwurm, ganz still. Grashüpfer, Marienkäfer... fertig machen zum Ziehen!»

«Bitte, paß auf, daß sie mich nicht aufspießen!» bettelte Regenwurm.

«Ja, ja, natürlich. Pssssst...!»

Aus den Augenwinkeln heraus beobachtete James, wie die Möwe auf den Riesenpfirsich herunterstieß, und plötzlich war sie so nahe, daß James ihre kleinen schwarzen Augen und ihren geschwungenen Schnabel genau sah.

Und der Schnabel stand schon offen, um ein ordentliches Stück Fleisch aus Regenwurms Rücken zu picken!

«Runter!» schrie James.

Grashüpfer und Marienkäferchen zogen mit einem gewaltigen Ruck an Regenwurms Schwanz, und Regenwurm verschwand wie weggezaubert im Tunnel. Im gleichen Augenblick hielt James die Seidenschlinge hoch, und die Möwe flog direkt hinein. Die Schlinge war so geschickt geknüpft, daß sie die Möwe wohl gefangenhielt, ihr aber nicht den Hals zuzog.

«Hurra!» schrie Grashüpfer und steckte den Kopf aus dem Tunnel. «Bravo, James!»

Die Möwe flog auf, und James ließ sie ungefähr fünfzehn Meter hoch aufsteigen, ehe er die Seidenschnur um den Pfirsichstengel wickelte.

«Die nächste, bitte!» schrie er und sprang zurück in den Tunnel. «Hinauf mit dir, Regenwurm! Mehr Seidenschnur, Tausendfüßler!»

«Das gefällt mir gar nicht!» jammerte Regenwurm. «Sie hätte mich beinahe doch erwischt! Ich habe sogar den Luftzug gespürt, als sie über mich hinweggeflogen ist!»

«Pst! Da kommt schon die nächste!»

Sie fingen auch die zweite Möwe.

Und die dritte, und die vierte.

Die Möwen stießen herab, und James fing eine nach der anderen und band sie am Pfirsichstengel fest.

«Einhundert Möwen!» schrie er und wischte sich den Schweiß von der Stirn.

«Mach weiter, James, mach weiter!»

«Zweihundert Möwen!»

«Dreihundert Möwen!»

«Vierhundert...!»

Die Haifische schienen zu ahnen, daß ihre Beute ihnen doch entgehen sollte, denn sie stürzten sich noch wütender als zuvor auf den Riesenpfirsich, der allmählich immer tiefer im Wasser versank.

«Fünfhundert Möwen!» schrie James.

«Seidenraupe sagt, die Seide ginge ihr gleich aus!» brüllte Tausendfüßler von unten herauf. «Sie sagt, sie kann bald nicht mehr! Und Spinne auch nicht!»

«Sie müssen weitermachen!» antwortete James. «Sie können jetzt nicht aufhören!»

«Wir heben uns!» schrie jemand.

«Nein, das sind bloß die Wellen!»

«Ich hab's genau gespürt!»

«Schnell noch eine Möwe, schnell!»

«Seid still! Da kommt wieder eine!»

Das war die Möwe fünfhunderteins, und kaum hatte James sie gefangen und am Pfirsichstengel festgebunden, da hob sich der ganze Riesenpfirsich plötzlich langsam aus dem Wasser.

«Festhalten! Jetzt geht's los!»

Doch dann stieg der Riesenpfirsich nicht weiter. Er hing einfach da.

Er schwankte und schaukelte und kam nicht hoch. Der Riesenpfirsich berührte mit der Unterseite gerade noch die Wellen. Er hing da wie die Schale einer haarscharf ausbalancierten Waage, bei der ein winziges Antippen genügt, damit sie sich in die eine oder die andere Richtung senkt.

«Nur noch eine einzige Möwe, dann schaffen wir's!» schrie Grashüpfer, der aus dem Tunnel lugte. Nun kam der große Augenblick. Möwe fünfhundertundzwei wurde gefangen und an den Pfirsichstengel gebunden.

Und dann...

Langsam... langsam...

Majestätisch...

Wie ein gewaltiger goldener Ball...

Unter einem weißen Baldachin aus fünfhundertundzwei weißen Möwen...

Erhob sich der Riesenpfirsich tropfend aus dem Meer und stieg gen Himmel.