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Tausendfüßler tanzte wie wild auf dem Deck herum, während er sang, und plötzlich geriet er zu weit auf die Pfirsichwölbung hinaus. Drei schreckliche Sekunden lang schwankte er über dem Abgrund hin und her und schwenkte verzweifelt die Beine, damit er wieder Halt fand und nicht rückwärts ins Leere stürzte. Doch ehe jemand hinzuspringen konnte, verlor er völlig das Gleichgewicht und rutschte ab. Tausendfüßler stieß noch einen Entsetzensschrei aus... und weg war er.
Seine Gefährten sprangen auf, spähten vorsichtig hinunter und sahen noch, wie der arme lange Tausendfüßler sich immer wieder in der Luft überschlug, kleiner und kleiner wurde und dann ganz verschwand.
«Seidenraupe, schnell, fang an zu spinnen!» schrie James.
Seidenraupe seufzte, denn sie war noch immer erschöpft -weil sie so viel Seidenschnur für die Möwen gesponnen hatte, aber sie machte sich sofort wieder an die Arbeit.
«Ich springe hinterher!» rief James, nahm das Ende Seidenschnur, das Seidenraupe schon produzierte, und band es sich um die Taille. «Ihr müßt Seidenraupe alle zusammen festhalten, damit ich sie nicht mit hinunterreiße, und nachher, wenn ich dreimal am Strick ziehe, dann zieht ihr mich wieder hoch», befahl er.
Dann sprang James unerschrocken vom Pfirsich hinunter und fiel und fiel und fiel, und Seidenraupe mußte sich gewaltig anstrengen, um ihre Seidenschnur genauso schnell immer länger und länger zu spinnen.
«Wir sehen alle beide niemals wieder!» jammerte Marienkäferchen. «Warum mußte das gerade jetzt passieren, wo wir alle so vergnügt waren!»
Spinne, Glühwürmchen und Marienkäferchen fingen an zu weinen.
Auch Regenwurm weinte. «Tausendfüßler ist mir ganz egal, aber den kleinen Jungen hab ich wirklich lieb», schluchzte er.
Grashüpfer spielte leise einen Trauermarsch auf seiner Geige, und als er wieder verstummte, waren sie alle miteinander, auch er selbst, in Tränen aufgelöst.
Plötzlich fühlten sie alle dreimal einen scharfen Ruck am Seil.
«Zieht!» schrie Grashüpfer. «Stellt euch alle hinter mich und zieht!»
Sie mußten mindestens eine Meile Seidenstrick hochziehen und arbeiteten wie besessen, bis endlich über der Pfirsichkuppe ein patschnasser James auftauchte, an den sich ein ebenso patschnasser Tausendfüßler mit allen seinen zweiundvierzig Beinen anklammerte.
«Er hat mich gerettet!» keuchte Tausendfüßler. «Er ist mitten im Atlantischen Ozean herumgeschwommen, bis er mich gefunden hat!»
«Mein lieber Junge, alle Hochachtung!» sagte Grashüpfer und klopfte James auf die Schulter.
«Meine Stiefel!» rief Tausendfüßler. «Schaut euch meine schönen Stiefel an! Alle ruiniert vom Salzwasser!»
«Sei still», sagte Regenwurm. «Du kannst froh sein, daß du überhaupt noch lebst.»
«Steigen wir noch immer auf?» fragte James.
«Ja», sagte Grashüpfer. «Und es wird allmählich dunkel.»
«Es muß bald Nacht sein.»
«Wir sollten alle hinunter in den Pfirsichkern gehen, damit wir es bis morgen früh warm haben», schlug Spinne vor.
«Ich finde, das wäre nicht klug», widersprach Grashüpfer. «Es ist sicherer, wenn wir alle hier oben bleiben und Wache halten, damit wir bereit sind, falls irgend etwas passiert.»