52010.fb2 James und der Riesenpfirsich - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 27

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Kapitel 27

James Henry Trotter und seine Gefährten hockten sich dicht aneinandergedrängt oben auf das Pfirsichdeck.

Die Nacht senkte sich herab. Wolkengebirge ragten rundum auf; geheimnisvoll drohend und erdrückend. Es wurde dunkler und dunkler. Ein blasser, zunehmender Mond stieg über den Wolkenspitzen auf und warf geisterhaftes Licht. Der Riesenpfirsich schwebte sanft schaukelnd durch die Lüfte, und die Hunderte von weißen Seidenschnüren und die Hunderte von weißen Möwen schimmerten silbern im Mondlicht.

Kein Laut war zu hören. Eine Reise auf einem Riesenpfirsich ist etwas ganz anderes als eine Reise mit dem Flugzeug. Das Flugzeug donnert dröhnend durch den Himmel und verscheucht mit seinem Lärm alles, was in den großen Wolkengebirgen kreucht und fleucht. Deshalb sehen Leute, die mit dem Flugzeug reisen, auch niemals irgend etwas... Aber der Riesenpfirsich war ein leiser Reisender, der lautlos flog. Und während des langen, stillen Nachtfluges hoch über dem Meer sahen James und seine Freunde deshalb Dinge, die noch nie zuvor jemand gesehen hatte.

Auf einer großen weißen Wolke entdeckten sie eigentümliche hagere Dinger, ungefähr zweimal so groß wie Menschen. Sie waren zuerst nicht leicht zu erkennen, weil sie beinahe so weiß wie die Wolke selbst waren. Erst als der Riesenpfirsich näher segelte, zeigte sich, daß die «Dinger» offensichtlich lebendige Geschöpfe waren. Sie sahen aus, als beständen sie aus Watte, Zuckerguß und feinen langen weißen Haaren, aus weißen, geisterhaften Schwaden, genau wie Gespenster.

«Ooooooooooooooh!» hauchte Marienkäferchen. «Die gefallen mir aber gar nicht.»

«Psssst!» flüsterte James. «Sonst hören sie uns! Das müssen Wolkenmänner sein.»

«Wolkenmänner!» murmelten sie alle und rückten schutzsuchend enger zusammen.

«Ich bin bloß froh, daß ich blind bin und sie nicht sehen kann», flüsterte Regenwurm. «Vielleicht würde ich sonst laut schreien.»

«Ich hoffe nur, sie drehen sich nicht um und sehen uns», stammelte Spinne.

«Meinst du, sie würden uns auffressen?» fragte Regenwurm.

«Sie würden dich auffressen», antwortete Tausendfüßler und grinste. «Sie würden dich wie eine Salami in dünne Scheiben schneiden und aufessen.»

Der arme Regenwurm zitterte vor Furcht am ganzen Leibe.

«Was machen sie da oben auf der Wolke?» fragte Grashüpfer leise.

«Ich weiß nicht», wisperte James.

Die Wolkenmänner standen alle beieinander und machten gleichzeitig die gleichen eigentümlichen Gesten. Sie rissen mit den Händen Fetzen aus der Wolke und drückten daraus dicke weiße Murmeln zusammen, die sie auf einen Haufen hinter sich warfen.

Alles ging lautlos und geheimnisvoll vor sich. Der Haufen Murmeln wurde immer höher und höher. Bald hatten sie mindestens so viel wie eine ganze Lastwagenladung.

«Die müssen verrückt sein!» sagte Tausendfüßler. «Vor denen braucht man sich nicht zu fürchten.»

«Sei still, du Landplage!» flüsterte Regenwurm. «Sie fressen uns alle auf, wenn sie uns sehen!»

Zum Glück waren die Wolkenmänner viel zu beschäftigt, um den Riesenpfirsich zu bemerken, der hinter ihnen still und leise näher segelte.

Dann sahen die Reisenden auf dem Riesenpfirsich, wie plötzlich ein Wolkenmann die langen Arme reckte, und hörten ihn rufen: «Okay, Jungens, das genügt! Holt die Schaufeln!»

Alle anderen Wolkenmänner stießen schrille Freudenschreie aus, sprangen auf und ab und fuchtelten mit den Armen in der Luft herum. Dann packten sie große Schaufeln, stürzten sich auf den Haufen Murmeln und schaufelten sie eiligst über den Wolkenrand ins Leere. Dabei sangen sie:

Wir sind die Wolkenmänner im weichen Wolkenbett, wir schicken Schnee und Hagel und finden das sehr nett.

«Es sind Hagelkörner!» flüsterte James aufgeregt. «Sie haben Hagel gemacht, und jetzt schmeißen sie ihn den Menschen unten auf der Erde auf die Köpfe!»

«Hagel?» sagte Tausendfüßler. «Das ist unmöglich. Jetzt ist Sommer; im Sommer gibt es keinen Hagel.»

«Sie üben vielleicht für den Winter», meinte James.

«Das glaube ich nicht», antwortete Tausendfüßler laut.

«Psssst!» mahnten alle, und James flüsterte sehr besorgt: «Um Himmels willen, mach nicht solchen Lärm, Tausendfüßler!»

Tausendfüßler lachte schallend. «Die hören nichts! Die Trottel sind fast wie Türpfosten! Paßt mal auf!»

Und ehe ihn jemand daran hindern konnte, legte er die Vorderfüße wie einen Trichter an den Mund und brüllte zu den Wolkenmännern hinüber: «Vollidioten! Knallköpfe! Was macht ihr da, ihr Hampelmänner?»

Die Wirkung ließ nicht lange auf sich warten. Die Wolkenmänner wirbelten herum wie von der Tarantel gestochen, ließen ihre Schaufeln fallen und gaben einen überraschten Laut von sich, als sie den großen goldenen Ball sahen, der da noch keine fünfzehn Meter entfernt an ihnen vorbei schwebte. Sie standen ganz reglos da, wie große weiße haarige Statuen, vom Mondlicht übergossen.

Die Passagiere auf dem Pfirsich waren vor Entsetzen wie gelähmt, nur Tausendfüßler nicht. Sie starrten zu den Wolkenmännern hinüber und fragten sich, was nun wohl passieren würde.

«Jetzt haben wir sie auf dem Hals, und du bist schuld daran, du ekelhafte Landplage!» zischte Regenwurm Tausendfüßler empört zu.

«Ich habe keine Angst vor denen!» schrie Tausendfüßler, und um das allen noch einmal zu beweisen, richtete er sich in seiner ganzen Größe auf, hopste auf dem Pfirsich herum und tippte sich beinahe gleichzeitig mit allen seinen zweiundvierzig Beinen an die Stirn.

Das brachte die Wolkenmänner natürlich in Wut. Sie brüllten vor Zorn und fingen an, den Riesenpfirsich mit Hagelkörnern zu bombardieren.

«Vorsicht!» schrie James. «Werft euch flach aufs Deck!»

Es war wirklich ihr Glück, daß sie auf James hörten! Ein großes Hagelkorn kann einen genauso schlimm verletzen wie ein Stein... und diese Wolkenmänner konnten werfen!

Die Hagelkörner pfiffen wie Pistolenkugeln durch die Luft, und James hörte, wie sie sich mit einem gräßlichen saftigen Geräusch in das Pfirsichfleisch bohrten... patsch... patsch... patsch... oder klirrend von Marienkäferchens Panzer abprallten... ping... ping... ping... denn das arme Marienkäferchen konnte sich nicht so platt wie die anderen auf den Boden drücken. Knack! machte es, als ein Hagelkorn Tausendfüßler genau auf die Nase traf. Und noch einmal Knack!

«Au!» schrie Tausendfüßler. «Au! Hört auf!»

Die Wolkenmänner dachten nicht daran aufzuhören.

James sah, wie sie wie ein Haufen haarige Gespenster auf ihrer Wolkenbank herumrannten, Hagelkörner von dem großen Haufen holten, an den Wolkenrand liefen, den Riesenpfirsich damit bewarfen und wieder neue herbeischleppten.

Und als ihr Vorrat zu Ende war, machten sie sich im Handumdrehen neue Hagelkörner, indem sie einfach wieder Fetzen aus der Wolke rissen. Und diesmal formten sie viel dickere Hagelkörner; manche waren so groß wie Fußbälle! «Runter in den Tunnel, oder sie bringen uns um!» schrie James.

Es gab ein ziemliches Gedränge, aber eine halbe Minute später waren sie alle unten im Pfirsichstein in Sicherheit.

Zitternd vor Angst lauschten sie darauf, wie die Hagelkörner weiter auf den Pfirsich knallten.

«Ich bin halb tot!» ächzte Tausendfüßler. «Ich bin von oben bis unten voller Wunden!»

«Geschieht dir recht», bemerkte Regenwurm.

«Würde einer von euch bitte so gut sein und mal nachsehen, ob mein Panzer gesprungen ist?» bat Marienkäferchen.

«Wir brauchen Licht!» rief Grashüpfer.

«Ich kann nicht!» jammerte Glühwürmchen. «Sie haben mir die Birne kaputtgeschmissen!»

«Schraub dir eine neue ein!» drängte Tausendfüßler.

«Seid mal alle einen Augenblick still!» sagte James. «Hört mal! Ich glaube, sie bombardieren uns nicht mehr.»

Alle verstummten und lauschten. Es war tatsächlich nichts mehr zu hören! Es klatschten keine Hagelkörner mehr gegen den Pfirsich.

«Wir sind an ihnen vorbeigesegelt!»

«Die Möwen sind mit uns weitergeflogen!»

«Hurra! Klettern wir hinauf und schauen nach!»

Vorsichtig kletterten alle den Tunnel hinauf, James vornweg. Langsam schob er den Kopf aus der Tunnelöffnung und schaute sich um.

«Die Luft ist rein! Keine Wolkenmänner in Sicht!» rief er.