52064.fb2 Mary Poppins - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 10

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>Ganz schwindlige wiederholten die Höflinge und starrten die Kuh an.

>Das ist es ja eben, Euer Majestät, das ist es. Ich kann nicht aufhören!< jammerte die Kuh kläglich.

>Kannst nicht aufhören? Unsinn!< sagte der König wütend. Sofort hörst du auf! Ich, der König, befehl es dir!<

>Sofort hörst du auf! Der König befiehlt es dir<, wiederholten die Hofschranzen.

Die Rote Kuh strengte sich an. Sie gab sich solche Mühe, mit dem Tanzen aufzuhören, daß ihr die Muskeln und Rippen aus dem Leib traten. Aber es half nichts. Sie mußte noch heftiger weitertanzen vor den Stufen des königlichen Throns.

>Ich habe mir alle Mühe gegeben, Euer Majestät. Aber es geht nicht. Ich habe nun schon volle sieben Tage getanzt. Und konnte nicht schlafen und nur sehr wenig fressen. Ein oder zwei Weißdornbüschel — das war alles. So kam ich her, um Euren Rat zu erbitten.<

>Hm — sehr sonderbar<, sagte der König, schob seine Krone ein wenig beiseite und kratzte sich am Kopf.

>Sehr sonderbar<, wiederholten die Hofschranzen und kratzten sich ebenfalls.

>Wie fühlt man sich dabei?< fragte der König.

>Sehr komisch<, erwiderte die Rote Kuh. >Und doch<, sie machte eine Pause, als suchte sie nach Worten, >ist es eher ein angenehmes Gefühl. Als ob es mich innerlich zum Lachen reizte.<

>Erstaunlich!< sagte der König. Er stützte das Kinn in die Hand, blickte nachdenklich auf die Rote Kuh und überlegte, was hier wohl am besten zu tun sei.

Plötzlich sprang er auf und rief: >Grundgütiger Himmel!< >Was ist?< riefen die Hofschranzen.

>Aber seht ihr denn nicht?< Vor Aufregung ließ der König das Zepter fallen. >Was war ich doch für ein Dummkopf, daß ich es nicht eher bemerkt habe. Und was für Dummköpfe seid ihr!< fuhr er wütend die Hofschranzen an. >Seht ihr nicht, daß sich auf ihrem Horn eine Sternschnuppe verfangen hat?<

>Wirklich, da ist sie!< riefen die Hofschranzen, die jetzt alle den Stern bemerkten. Und während sie hinsahen, kam es ihnen vor, als würde der Stern immer heller.

>Da stimmt etwas nicht!< sagte der König. >Nun, ihr Herren, wäre es nicht besser, ihr würdet das Ding da wegnehmen, damit diese — hm — Dame mit dem Tanzen aufhören und endlich frühstücken kann? Der Stern ist schuld, Madam, der Stern zwingt Sie zum Tanzen<, sagte er zur Roten Kuh. >Also los, dich meine ich.< Und er gab dem Oberhofmeister einen Wink. Der pflanzte sich mutig vor der Roten Kuh auf und begann, an dem Stern zu ziehen. Der Stern wollte aber nicht abgehen. Die Höflinge stellten sich nun alle in einer Reihe auf, bis sie schließlich eine lange Kette bildeten. Ein jeder faßte seinen Vordermann um den Leib, und nun begann zwischen den Schranzen und dem Stern eine Art Tauziehen.

>Vorsicht, mein Kopf!< bat flehentlich die Rote Kuh. >Fester ziehen!< rief der König.

Sie zogen fester. Sie zerrten, bis ihre Gesichter himbeerrot anliefen. Sie zerrten, bis sie nicht mehr konnten und alle rückwärts fielen, einer auf den andern. Der Stern rührte sich nicht. Er blieb fest am Horn stecken.

>Ttt, ttt, ttt!< machte der König. >Sekretär, hol das Lexikon und sieh nach, was dort über Kühe steht, die Sterne auf den Hörnern tragen.<

Der Sekretär kniete nieder und suchte unter dem Thron herum. Nach einem Weilchen tauchte er mit einem großen, grünen Buch wieder auf, das immer dort aufbewahrt wurde für den Fall, daß der König etwas wissen wollte.

Er blätterte in den Seiten.

>Hier ist nichts darüber zu finden, Euer Majestät, bis auf die Geschichte von der Kuh, die über den Mond sprang, und die kennt Ihr genau.<

Der König rieb sich das Kinn, weil ihm das beim Nachdenken half. Er seufzte unmutig und sah die Rote Kuh an. >Alles, was ich sagen kann, ist: Du versuchst es am besten auch.<

>Was soll ich versuchen?< fragte die Rote Kuh.

>Über den Mond zu springen. Es könnte helfen. Der Versuch lohnt sich, so oder so.<

>Ich?< fragte die Rote Kuh mit einem gekränkten Blick.

>Natürlich du — wer sonst?< sagte der König ungeduldig. Er hatte es eilig, zum Barbier zu kommen.

>Majestät<, bat die Rote Kuh, >bitte vergeßt nicht, daß ich ein ehrbares und hochangesehenes Tier bin, und daß mir von Kind auf eingeprägt wurde, Springen sei keine Beschäftigung für eine Dame.<

>Verehrteste<, sagte der König. >Sie kamen hierher, um meinen Rat einzuholen, und den habe ich Ihnen gegeben. Möchten Sie ewig so weitertanzen? Möchten Sie ewig hungrig bleiben? Möchten Sie in Zeit und Ewigkeit nicht mehr schlafen?<

Die Rote Kuh dachte an den frischen, saftigen Geschmack des Löwenzahns. Sie dachte an das Wiesengras und wie weich es sich darauf ruhte. Sie dachte an ihre vom Tanzen ermüdeten Beine und wie schön es wäre, alle viere auszustrecken. Und sie sagte sich: Einmal ist keinmal, schließlich kann es nichts schaden, und niemand — außer dem König — braucht es zu wissen.

>Wie hoch, denkt Ihr, ist es?< fragte sie laut und tanzte schon wieder. Der König sah zum Mond hinauf. >Mindestens eine Meile, schätze ich.<

Die Rote Kuh nickte. Das dachte sie auch. Einen Augenblick überlegte sie sich's noch, dann aber war sie entschlossen.

>Ich hätte nie gedacht, daß man mir je so etwas zumuten würde. Springen — noch dazu über den Mond! Aber — ich will's ver-suchen.<

Sie machte vor dem Thron ihre schönste Verbeugung.

>Brav!< sagte der König, erfreut bei dem Gedanken, daß er nun doch noch rechtzeitig zum Barbier käme. >Folge mir!<

Er ging in den Garten voraus, und die Rote Kuh und die Hofschranzen folgten.

>So<, sagte der König, als er den großen Rasenplatz erreicht hatte, >wenn ich dir mit der Pfeife das Zeichen gebe — dann spring!<

Er zog seine große, goldene Pfeife aus der Tasche und blies leicht hinein, um sich zu überzeugen, daß kein Staub darin war. Die Rote Kuh umtanzte ihn mit gespannter Aufmerksamkeit.

>Jetzt — Eins!< rief der König.

>Zwei!<

>Drei!<

Dann ertönte schrill das Pfeifensignal.

Die Rote Kuh holte einmal tief Atem und setzte an zu einem gewaltigen Sprung. Die Erde blieb unter ihr zurück. Sie sah, wie die Gestalten des Königs und der Hofschranzen kleiner und kleiner wurden, bis sie zuletzt ganz verschwanden. Sie selber schoß in den Himmel hinauf. Die Sterne wirbelten um sie herum wie goldene Teller, und geblendet von einem scharfen Licht, fühlte sie auf einmal die kalten Mondstrahlen auf ihrer Haut. Sie schloß die Augen, während sie über den Mond hinwegflog, und als der verwirrende Glanz hinter ihr lag und sie den Kopf zur Erde niederbeugte, spürte sie, wie der Stern von ihrem Horn glitt. Laut aufrauschend flog er davon und rollte die Milchstraße hinunter. Und ihr war, als ginge von ihm, während er in der Dunkelheit verschwand, ein herrlich klingender Ton aus, der in den Lüften widerhallte.

Kurz darauf war die Rote Kuh wieder auf der Erde gelandet. Zu ihrer Überraschung stellte sie fest, daß sie nicht im Garten des Königs stand, sondern auf ihrer alten Löwenzahnwiese.

Und das Tanzen hatte aufgehört! Ihre Füße waren so ruhig, als wären sie aus Stein, und sie wandelte gelassen einher wie jede andere ehrbare Kuh. Geruhsam und friedlich bewegte sie sich über die Wiese und köpfte auf dem Weg zum Roten Kalb ihre golden leuchtenden Soldaten.

>Schön, daß du wieder da bist!< rief das Rote Kalb. >Ich war so allein!<

Die Rote Kuh gab ihm einen Kuß und begann behaglich zu fressen. Dies war die erste richtige Mahlzeit seit einer Woche. Und als ihr Hunger endlich gestillt war, hatte sie ganze Regimenter aufgefressen. Danach ging es ihr wieder besser. Sie begann auch bald wieder ihr Leben so zu führen wie bisher. Anfangs genoß sie den stillen, regelmäßigen Tageslauf und war froh, daß sie frühstücken konnte, ohne zu tanzen, daß sie sich ins Gras legen und des Nachts schlafen konnte, anstatt bis in den Morgen vor dem Mond zu scharwenzeln. Aber nach einer Weile fühlte sie sich unbehaglich und unzufrieden. Ihre Löwenzahnwiese und ihr Rotes Kalb waren ja ganz schön, aber sie sehnte sich nach etwas anderem und kam nicht darauf, was es war. Schließlich wurde ihr klar, daß sie ihren Stern vermißte. Sie war so ans Tanzen und an das glückliche Gefühl gewöhnt, das der Stern in ihr erweckt hatte, daß sie sich nach dem Matrosentanz sehnte und danach, ihren Stern wieder am Horn zu tragen.

Sie grämte sich und verlor den Appetit, ihre Laune war abscheulich. Und oft genug brach sie ohne jeden ersichtlichen Grund in Tränen aus. Schließlich kam sie zu meiner Mutter und erzählte ihr die ganze Geschichte und fragte sie um ihren Rat.

>Lieber Himmel !< sagte meine Mutter zu ihr. >Du glaubst doch nicht, meine Liebe, daß nur einmal ein Stern vom Himmel gefallen ist! Wie ich höre, fallen jede Nacht wer weiß wieviel Sterne. Aber sie fallen natürlich auf die verschiedensten Plätze. Du kannst nicht erwarten, daß in einem Leben zwei Sterne auf die gleiche Wiese fallen.<

>Du glaubst also — wenn ich ein Stückchen umherwandere.. .?< begann die Rote Kuh, und ein glückliches, begieriges Leuchten erwachte in ihren Augen.

>Ich an deiner Stelle — ich würde mir einen Stern suchen gehen<, sagte meine Mutter.