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Mary Poppins - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 5

»Meine Liebe«, sagte Mister Schopf und lächelte zu den Kindern hinunter, während er Mary Poppins schuldbewußt ansah. »Es tut mir leid, aber ich fürchte, ich hab heut Geburtstag!«

»Tz, tz, tz«, machte Mary Poppins.

»Es fiel mir erst heute nacht ein, und mir blieb keine Zeit mehr, eine Postkarte zu schreiben und euch zu bitten, ein andermal zu kommen. Sehr bedauerlich, wie?« Und er blickte zu Jane und Michael hinunter.

»Ihr seid recht erstaunt, wie ich sehe«, stellte er fest. Und wirklich, beiden stand vor Staunen der Mund offen, weit genug, daß Mister Schopf, wäre er ein bißchen kleiner gewesen, leicht hätte hineinfallen können.

»Ich will es euch lieber erklären«, fuhr Mister Schopf in aller Gemütsruhe fort. »Seht ihr, das ist so: Ich bin ein lustiger Mensch und lache gern. Ihr beide werdet kaum glauben, wie vieles auf dieser Welt mir so schrecklich komisch vorkommt. Wirklich, ich muß fast über alles lachen.«

Bei diesen Worten begann Mister Schopf, hin und her zu schau-keln und sich beim Gedanken an seine eigene Lustigkeit vor Lachen zu schütteln.

»Onkel Albert«, rief Mary Poppins, und mit einem Ruck hörte Mister Schopf auf zu lachen.

»Oh, verzeih, meine Liebe. Wo bin ich doch stehengeblieben? Ach ja. Nun, das Sonderbare bei mir ist — schon recht, Mary, ich lach nicht mehr, wenn's irgend geht —, aber jedesmal, wenn mein Geburtstag auf einen Freitag fällt, bin ich ganz aus dem Häuschen. Einfach aus dem Häuschen!«

»Aber warum .. .?« begann Jane.

»Wieso denn ...?« fiel Michael ein.

»Na, seht ihr! Wenn ich an meinem Geburtstag lache, fülle ich mich so mit Lachgas, daß ich mich einfach nicht mehr auf dem Boden halten kann. Selbst wenn ich nur lächle, fängt es schon an. Der erste lustige Gedanke, und ich gehe hoch wie ein Ballon. Und solange ich nicht an etwas Ernstes denken kann, komme ich nicht wieder herunter.« Schon fing Mister Schopf wieder an, höchst vergnügt vor sich hin zu kichern, doch nach einem Blick auf Mary Poppins' Gesicht unterdrückte er sein Lachen und fuhr fort:

»Natürlich ist es peinlich, aber sonst nicht unangenehm. Euch beiden ist so etwas wohl noch nicht passiert?«

Jane und Michael schüttelten den Kopf.

»Nein? Das hab ich mir gedacht. Es scheint eine Spezialität von mir zu sein. Einmal — ich war am Abend im Zirkus gewesen — hab ich so gelacht, daß ich, ob ihr's glaubt oder nicht, ganze zwölf Stunden hier oben bleiben mußte, erst als die Uhr um Mitternacht den letzten Schlag tat, kam ich wieder herunter. Das geschah natürlich mit einem tüchtigen Plumps, denn es war ja nun Samstag und mein Geburtstag vorbei. Findet ihr das nicht merkwürdig? Urkomisch? Wie? Heute ist wieder Freitag und abermals mein Geburtstag. Und gerade heut kommt ihr beiden mit Mary Poppins zu Besuch. O Gott, o Gott, bringt mich bloß nicht zum Lachen, ich bitte euch!«

Aber obwohl Jane und Michael nichts Komisches getan, sondern ihn nur voll Staunen angestarrt hatten, fing Mister Schopf wieder an, laut zu prusten. Dabei sprang und tanzte er in der Luft herum, schwenkte die Zeitung in der Hand, und die Brille rutschte ihm von der Nase.

Es sah so lächerlich aus, wie er da in der Luft herumhopste, ein riesiger Luftballon, wobei er manchmal nach der Decke und manchmal im Vorbeistreifen nach der Gaslampe griff, daß Jane und Michael, wenn sie auch krampfhaft versuchten, artig zu sein, einfach nichts anderes tun konnten, als was sie taten. Sie lachten. Und wie lachten sie! Sie preßten mit aller Macht ihre Lippen zusammen, um nicht herauszuplatzen, aber umsonst. Schließlich wälzten sich beide auf dem Fußboden und schrien und quietschten vor Lachen.

»Unerhört!« sagte Mary Poppins. »So ein Benehmen . . .!«

»Ich kann nichts dafür, ich kann nichts dafür!« ächzte Michael und rollte dabei ans Kamingitter. »Es ist so schrecklich komisch. O Jane, ist es nicht komisch?«

Jane antwortete nicht, denn mit ihr geschah etwas Merkwürdiges. Beim Lachen spürte sie, wie sie immer leichter wurde, als werde sie mit Luft vollgepumpt. Es war ein höchst seltsames und dabei köstliches Gefühl, das sie immer mehr zum Lachen brachte. Plötzlich gab es einen tüchtigen Ruck, und sie spürte, wie sie in die Luft stieg. Verblüfft sah Michael sie durchs Zimmer schweben. Mit einem kleinen Bums stieß ihr Kopf an die Decke, und dann schwebte sie an ihr entlang, bis sie bei Mister Schopf landete.

»Hoppla!« sagte der und sah ganz überrascht aus. »Erzähl mir bloß nicht, du hättest heute auch Geburtstag.« Jane schüttelte den Kopf.

»Also nicht? Dann muß das Lachgas ansteckend sein. He — halt, aufgepaßt! Der Kaminsims!« Das galt Michael, der sich plötzlich vom Boden gelöst hatte, und nun, brüllend vor Lachen, durch die Luft schoß. Ums Haar hätte er beim Vorbeistreifen die Porzellanfiguren vom Kaminsims gefegt. Mit einem Schwupp landete er direkt auf Mister Schopfs Knie.

»Willkommen!« sagte der und schüttelte Michael herzlich die Hand. »Das finde ich wirklich nett von dir, wirklich sehr nett, daß du zu mir heraufkommst, da ich nicht zu dir hinunter kann

— wie?« Dann blickten er und Michael einander an, warfen den Kopf zurück und schrien vor Lachen.

»Du denkst sicher, ich hätte die schlechtesten Manieren der Welt«, sagte Mister Schopf zu Jane und wischte sich die Augen. »Aber du stehst ja immer noch und solltest schon längst sitzen

— eine so hübsche, junge Dame wie du. Leider kann ich dir hier oben keinen Stuhl anbieten, doch ich hoffe, du sitzt auch auf der Luft ganz bequem. So wie ich.«

Jane versuchte es und fand, daß es sich hier in der Luft ganz behaglich sitzen ließ. Sie nahm ihren Hut ab und legte ihn neben sich. Auch er schwebte ohne jeden Halt frei im Raum.

»So ist's recht«, sagte Mister Schopf. Dann wandte er sich um und schaute zu Mary Poppins hinunter.

»Hallo, Mary, wir sind untergebracht. Nun kann ich mich endlich um dich kümmern, meine Liebe. Ich möchte dir sagen, es macht mich sehr glücklich, dich und meine beiden jungen Freunde hier zu begrüßen — warum blickst du so finster drein, Mary? Ich glaube gar, du bist nicht ganz einverstanden mit — hm, mit alledem?«

Er deutete auf Jane und Michael und sagte schnell: »Sei nicht bös, liebe Mary! Du weißt doch, wie das mit mir ist. Ich muß sagen, mir ist nie der Gedanke gekommen, meine beiden jungen Freunde hier könnten angesteckt werden. Nicht im Traum, Mary! Ich hätte sie wohl doch besser an einem anderen Tag eingeladen oder versuchen sollen, an etwas recht Trauriges zu denken oder an etwas ...«

»Ich muß gestehen«, sagte Mary Poppins steif, »so etwas ist mir in meinem Leben noch nicht begegnet! Und in deinem Alter, Onkel...«

»Mary Poppins, Mary Poppins«, fiel Michael ein. »Bitte, komm herauf! Denk doch an irgend etwas Lustiges, dann ist es ganz leicht.«

»Ja, komm nur, Mary!« versuchte Mister Schopf sie zu überreden.

»Hier oben sind wir so allein ohne dich«, rief Jane und streckte Mary Poppins die Arme entgegen. »Denk doch an etwas Lustiges.«

»Oh, sie hat das gar nicht nötig«, seufzte Mister Schopf. »Sie kann jederzeit heraufkommen, sie braucht nicht einmal zu lachen, und das weiß sie auch.«

Er betrachtete Mary Poppins, wie sie da unten am Kamin stand, mit einem rätselhaften und heimlichen Blick.

»Na schön«, sagte sie endlich, »es ist zwar recht albern und würdelos, aber da ihr schon da oben seid und wie's scheint, nicht mehr herunter könnt, ist es wohl besser, ich komme auch hinauf.«

Sprach's, legte die Hände an die Seite und schwebte, zur Überraschung von Jane und Michael, ohne jedes Lachen, ja ohne den Schimmer eines Lächelns, durch die Luft und setzte sich neben Jane. »Wie oft hab ich dir schon gesagt, du sollst deinen Mantel ausziehen, wenn du ins warme Zimmer kommst«, sagte sie kühl, knöpfte Jane den Mantel auf und legte ihn ordentlich neben den Hut in die Luft.

»Recht so, Mary! So ist's recht«, sagte Mister Schopf befriedigt, während er sich selbst hinunterbeugte und seine Brille auf den Kaminsims legte. »Nun haben wir es uns endlich bequem gemacht... «

»Es gibt so eine Bequemlichkeit und so eine!« erklärte Mary Poppins und zog geringschätzig die Luft durch die Nase.

»Nun können wir endlich Tee trinken«, fuhr Mister Schopf fort und tat, als habe er ihre Bemerkung gar nicht gehört. Aber plötzlich machte er ein bestürztes Gesicht.

»Du meine Güte!« rief er, »wie schrecklich! Jetzt fällt es mir erst ein — der Tisch steht dort unten, und wir sind hier oben. Was machen wir? Wir hier — und er dort! Das ist ja eine Tragödie — eine ganz schreckliche! Aber ach, es ist trotzdem so komisch!« Er hielt sich das Taschentuch vors Gesicht und prustete hinein.

Obwohl Jane und Michael nur ungern auf Kuchen und Törtchen verzichteten, mußten sie mitlachen, so ansteckend wirkte Mister Schopfs Heiterkeit.

Er trocknete sich die Augen.

»Da gibt es nur eins«, sagte er. »Wir müssen an etwas Ernsthaftes denken. An etwas Trauriges, etwas sehr Trauriges. Nur so kommen wir wieder hinunter. Achtung! — eins, zwei, drei! An etwas sehr Trauriges, wenn ich bitten darf!«

Sie dachten und dachten, das Kinn in die Hand gestützt.

Michael dachte an die Schule und daran, daß er eines Tages würde hingehen müssen. Aber selbst das schien ihm heute ein Spaß, und er mußte lachen.

Jane dachte: In vierzehn Jahren bin ich erwachsen. Aber das kam ihr keineswegs traurig vor, eher schön und beinahe lustig. Unwillkürlich mußte sie lachen bei der Vorstellung, sie wäre eine erwachsene Jane mit langen Röcken und einer Handtasche.

»Da war doch die arme, alte Tante Emilie«, dachte Mister Schopf laut. »Sie wurde von einem Omnibus überfahren. Traurig! Wirklich traurig! Schrecklich traurig! Arme Tante Emilie! Aber ihr Regenschirm wurde gerettet. Ist das nicht komisch?« Und ehe er sich's versah, krümmte und schüttelte er sich vor Lachen und prustete los beim Gedanken an Tante Emilies Regenschirm.

»Das führt zu nichts!« rief er und putzte sich die Nase. »Ich geb's auf. Und meine jungen Freunde hier verstehen sich, scheint es, auch nicht besser aufs Traurigsein als ich. Mary, kannst du nicht helfen? Wir möchten so gern unsern Tee trinken.«

Noch heute wissen Jane und Michael nicht recht, was dann geschah. Genau wissen sie nur eins: Als sich Mister Schopf an Mary Poppins um Hilfe gewandt hatte, begann plötzlich der Tisch unten auf seinen Beinen hin und her zu wackeln. Gleich darauf schwankte er beängstigend. Und dann kam der ganze Tisch unter dem Klirren des Porzellans durchs Zimmer gesegelt, wobei die Kuchen von den Platten herunter aufs Tischtuch rutschten. Mit einer graziösen Wendung landete der Tisch vor ihnen, und zwar so, daß Mister Schopf jetzt obenan saß.