77756.fb2 Ganz Deutschland lacht!. 50 deutsche Jahre im Spiegel ihrer Witze - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 36

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Peter Jamin.Dichter, Denker, Kritiker: Wortwechsel mit Pointen

Haben Journalisten, Dichter und Schriftsteller Humor?

Sicher, schnell sind Namen wie Kästner, Tucholsky oder Ringelnatz zur Hand. Und auch unter den noch lebenden Autoren finden wir manchen mit ausgesprochen humoresker Ader. Denken wir nur an Kishon, Loriot, Dahl oder Hacke. Doch wer den Witz und das Witzige sucht, muss sich schon ein wenig mühen, oder um es mit dem deutschen Film- und Fernsehkomiker und Kabarettisten Dieter Hallervorden zu sagen: »Deutscher Humor ist ja ein echter Schlankmacher: Man muss meilenweit laufen, bis man ihn trifft.«

Schon Deutschlands erster Bundeskanzler Konrad Adenauer erkannte den Ernst der Lage, als er feststellte: »Mit kleinen Jungen und Journalisten soll man vorsichtig sein. Die schmeißen immer noch einen Stein hinterher.«

Ein Reporter fragt den Berufstaucher: »Und was halten Sie vom Rauchen am Arbeitsplatz?«

Von Joachim Ringelnatz stammt die Erkenntnis: »Humor ist der Knopf, der verhindert, dass uns der Kragen platzt.«

Der französische Zeichner und Schriftsteller Jean-Jacques Sempe liegt mit ihm auf gleicher Wellenlänge: »Für mich ist alles Ernste lustig und alles Lustige ernst. Humor ist meine Waffe gegen alles Unerträgliche im Leben.«

Vielleicht sind beide ja beim deutschen Ur-Humoristen, dem Schriftsteller, Zeichner und Maler Wilhelm Busch, in die Schule gegangen. Der stellte fest: »Was man ernst meint, sagt man am besten im Spaß.«

Der Starkritiker einer Zeitung verpasst in einem kleinen Provinzstädtchen seinen Anschlusszug. Wie er so überlegt, was man machen könnte, kommt ihm die Idee, in die Oper zu gehen. Er bekommt tatsächlich noch eine Karte für die erste Reihe im ausverkauften Haus. Der Tenor ist allerdings ein total abgesungener Mann. Der Kritiker mag ihm kaum zuhören. Als das Solo beendet ist, erhält der Sänger jedoch donnernden Applaus und Bravorufe: »Da Capo! Da Capo!« Der Kritiker ist entsetzt. Nachdem der Tenor unter großen Mühen nochmals sein Solo gesungen hat und das Publikum es ihm wieder mit brausendem Applaus dankt, wendet er sich an seinen wild klatschenden Nachbarn: »Na hören Sie mal, der Mann ist doch grottenschlecht! Wieso wollen die Leute den noch mal hören?«

Darauf der Nachbar: »Wie schlecht er ist, wissen wir schon lange. Aber heute machen wir ihn fertig!«

Der Musikkritiker der >Rheinischen Post< in Düsseldorf, Wolfram Goertz, entfaltete auf einer ganzen Zeitungsseite, wie man schreiben muss, dass Leser lächeln oder sich kringeln; er stellte fest: »Die journalistische Entstehung des Witzes und des Witzigen scheint aller Konstruktion zu widerstehen. Das Witzige komme doch, denkt mancher, von innen, aus der Phantasie, der Eingebung, aus der Momentattacke. Mag sein. Dennoch glaube ich fest, dass man witzig schreiben kann, wenn man will. Nun wird mancher jaulen und mich des Übermuts oder gefährlichen Leichtsinns zeihen. Rechtens. Ernste Themen behandle man mit Würde. Die Steuerreform beispielsweise bedarf jener Form der Analyse, wie sie die werten Kollegen tausendmal besser beherrschen als ich.«

Da ist der Leser baff, dass es immer noch so viele Witze, zum Beispiel über die Musikkritik und die Kritiker, gibt:

Die kürzeste Zeitungskritik: »Claudia M. gab im Wiener Musikvereinssaal ein Konzert am Klavier. Warum?«

Schreibt ein Kritiker: »Was ist die Gemeinsamkeit von Kondom und Dirigent? — >mit< ist sicherer, >ohne< schöner...«

Fragt ein Musikkritiker einen anderen: »Kennst du die Geschichte, in der ein Dirigent mit 'nem Strick in den Wald geht?« »Nein, aber sie fängt ganz gut an ...«

Es wird eine Radioansage zur Sendung von Peter I. Tschaikowskis >Nussknackersuite< verlesen. Die Kollegen versuchen vorher, den Ansager zu verwirren: »Dass du aber nicht >NussKACKERsuite< sagst!«

Der Ansager reißt sich zusammen: »Meine Damen und Herren, hören Sie nun die Nussknackersuite — von Peter Scheißkowski!«

Der folgende Witz ist auch für andere Berufe geeignet:

Zwei Musiker unterhalten sich. Fragt der eine: »Was ist der Unterschied zwischen einem Kritiker und einem Eunuchen?« Der andere Musiker kennt die Antwort nicht. »Da gibt's keinen. Beide wissen genau, wie man es machen muss, können es aber nicht.«

Musikkritiker Goertz schaffte es, bei seiner Suche nach dem Witz keinen Witz zu erzählen und trotzdem witzig und unterhaltend zu sein, um schließlich festzustellen: »Privat, im Gespräch, starre ich oft in die Luft - nach der Devise >Dumm gucken, schlau denken<. Doch was einmal im Kopf brütet, kommt irgendwann heraus. Die Pointe ist dann Zange und Baby zugleich. Hurra, wieder ein Witz!«

Der Philosoph Friedrich Nietzsche wird gern zitiert, wenn es um die Theorie zum Witz geht: »Der Witz ist das Epigramm auf den Tod eines Gefühls.«

Der amerikanische Schriftsteller Will Rogers, der von 1879 bis 1935 lebte, stellte vorsorglich fest: »Ich mache keine Witze. Ich beobachte lediglich die Regierung und berichte die Tatsachen.«

Sein britischer Kollege Samuel Taylor Coleridge warnte allerdings vor den Folgen: »Kein Geist ist in Ordnung, dem der Sinn für Humor fehlt.«

»Gott sei Dank, dass der Spaß nicht totzukriegen ist in dieser mürrischen Welt«, jubelte der Schriftsteller Wilhelm Raabe.

Schriftsteller können über alles schreiben, Dichter würden über alles schreiben, wenn es sich in wenigen Sätzen ausdrücken ließe, und Journalisten schreiben über alles. Karl Kraus beschäftigte sich schon auf die ihm eigene Art mit den Schreibern; von ihm stammen diese nachdenklich-witzigen Erkenntnisse:

»Journalisten schreiben, weil sie nichts zu sagen haben, und sie haben etwas zu sagen, weil sie schreiben.«

»Der Satiriker richtet die Welt ein, wie der Bittere den verdorbenen Magen: Er hat nichts gegen das Organ.«

Der >Kress-Report<, das Klatsch- und Karriere-Blatt der Kommunikationsbranche, pflegt den Witz auf der ersten Seite, oben links. Wie die >Süddeutsche Zeitung<, Deutschlands intellektuellste Glosse, das >Streiflicht<. Der Kress-Report lässt beim Witz kein Thema aus:

Was unterscheidet Männer von Schweinen?

Schweine werden, wenn sie betrunken sind, nicht zu Männern.

Auch in den Tageszeitungen finden wir gelegentlich Witze. In der >Bild< lesen die Käufer regelmäßig den »Witz des Tages«. Und sogar das Feuilleton der >Frankfurter Allgemeinen Zeitung< hat keine Berührungsängste, wenn es um Witziges geht. Das wird dann allerdings zu einem Ereignis, über das die Leser mailen und erzählen. Mich erreichte ein >FAZ<-Witz per E-Mail. Die Zeitung, hinter der immer ein schlauer Kopf sitzen soll, zitierte den Schriftsteller Michel Houellebecq:

Treffen sich ein Masochist und ein Sadist. Sagt der eine: »Bitte, quäl mich.«

Erwidert der andere: »Nein.«

Immer wieder wurden in der Vergangenheit auch Journalisten, Schriftsteller und Dichter selbst zu Figuren des Witzes oder der amüsanten Anekdote. Mit einigen möchten wir diese Exkursion zum Witz der Autoren schließen:

Der Schriftsteller Mark Twain führte eine Dame zu Tisch. Liebenswürdig, wie er war, machte er ihr ein Kompliment: »Wunderbar sehen Sie heute aus, gnädige Frau!« Leider handelte es sich um eine affektierte Person, denn sie erwiderte ihm schnippisch: »Schade, dass ich Ihnen dieses Kompliment nicht zurückgeben kann!«

Mark Twain ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und erwiderte: »Machen Sie es wie ich — lügen Sie!«

Der Philosoph Antoine Arnauld unterhielt sich auf einer Abendgesellschaft stundenlang mit einer hübschen, aber vom Geist weitgehend unberührten Dame. Später wurde er gefragt, wie er es fertig brächte, solch seichtem Geplauder so lange zuzuhören. »Wieso zuhören?«, erwiderte er. »Ich schaue zu!«

Thomas Mann, noch jung und unbekannt, gab einem Münchener Kunstfreund einige Novellen zum Lesen. Der junge Schriftsteller hoffte, durch diesen gefördert zu werden. Doch der Angesprochene zeigte kein Interesse.

»Ich dachte, Sie seien ein Kunstkenner«, sagte Thomas Mann enttäuscht.

»Das schon. Aber Sie sind kein Dichter!«, erwiderte der Kunstfreund.

»Entschuldigen Sie«, sagte Thomas Mann, »da haben wir uns wohl beide geirrt!«

Der Leiter der Romanredaktion des >Prager Tagblatts< war kein Freund von Ordnung. In all den Jahren seiner Tätigkeit war es ihm nie gelungen, das märchenhafte Chaos seiner Redaktionsstube zu sortieren. Eingesandte Manuskripte verschwanden meist sogleich zwischen ihresgleichen, unauffindbar in alle Ewigkeit. Dennoch hat dieser Redakteur 1918 das Blatt gerettet.

Am Ende des Ersten Weltkrieges wollte die tschechische Bevölkerung keine deutsche Zeitung mehr in ihrem Lande dulden. Man verwüstete die Redaktionen. Auch das >Prager Tagblatt< wurde von einer Horde gestürmt. Ein paar Männer zertrümmerten als erstes die Tür der Romanredaktion. Als sie jedoch das grauenhafte Chaos dort sahen, rief einer: »Da waren wir schon!« Und der ganze Zug drehte ab.

George Bernhard Shaw schrieb einmal folgende Kritik über eine >Hamlet<-Aufführung: »Seit Jahrzehnten streiten sich die Gelehrten, wer der wirkliche Autor des >Hamlet< ist — Shakespeare oder Bacon. Zum erstenmal sind wir nun in der Lage, die Streitfrage klären zu können! Man öffne die Gräber der beiden Männer. Derjenige von ihnen, der sich gestern Abend während der Aufführung in seinem Grabe umgedreht hat, ist der Autor.«

Frage an Radio Eriwan: »Stimmt es, dass der Dichter Majakowski Selbstmord begangen hat? Wenn ja, was waren seine letzten Worte?«

»Es stimmt wirklich, Majakowski hat Selbstmord begangen. Seine letzten Worte waren: >Nicht schießen, Genossen!<«

Frage: »Wer war der erste Dichter?«

Antwort: »Nebel, denn es steht geschrieben: >Dichter Nebel lag auf der Erde.<«

»Fritzchen, nenn' mir einmal einen berühmten Dichter!« »Achilles.«

»Aber Fritz! Achilles war doch kein Dichter!« »Wieso, der ist doch wegen seiner Verse bekannt...«

Eisig Meier Dick, der bekannte jiddische Romanschriftsteller, erhielt eines Tages von einem jungen Schriftsteller Besuch. Der legte ihm einen Roman vor und erbat den Rat des prominenten Kollegen, was er nun, um das Buch an den Mann zu bringen, tun könne.

»Mein lieber Freund«, sagte Dick, »du sollst mit dem Werke vierzig Jahre ohne Unterlass von Stadt zu Stadt und von Haus zu Haus gehen.«

»Und nach vierzig Jahren?«, fragte der Schriftsteller neugierig. »Dann wirst wissen«, erwiderte Dick, »was es heißt, ein jiddischer Schriftsteller< zu sein!«

Der eine ist Schriftsteller geworden und der andere Busfahrer. Sagt der Schriftsteller: »Du, ich bin inzwischen so bekannt geworden, ich veröffentliche meine Werke in sechs Sprachen.« Darauf der Busfahrer: »Hast du es gut. Ich bin inzwischen so bekannt geworden, ich zahle Alimente in sechs Währungen.«

Ein Mann kommt in die Kneipe und geht zum Wirt: »Hey Wirt, du sagst doch immer, du hast schon alles gesehen. Wetten, ich kann dir was zeigen, was du noch nie gesehen hast?« Sagt der Wirt: »Niemals. Ich habe schon alles gesehen.« Der Mann greift in seine Tasche, holt einen Zwerg heraus und stellt ihn auf die Theke. Der Zwerg geht auf und ab und sagt: »Hallo, mein Name ist Simmel. Ich bin wirklich der Schriftsteller, selbst wenn ich nur50 cm groß bin. Ich bin der Schriftsteller Simmel!« Der Wirt guckt, schüttelt den Kopf und sagt: »Das habe ich ja noch nie gesehen, das ist ja Wahnsinn. Der Simmel! 50 cm groß! Sag mal, wo hast du den denn her?«

Sagt der Mann: »Ich verrate dir ein Geheimnis. Draußen steht doch die große Eiche. In der Eiche ist ein Astloch. In dem Astloch ist eine Lampe. Wenn du die reibst, hast du einen Wunsch frei.« Der Wirt rennt sofort zu der Eiche, findet die Lampe und reibt sie. »Du hast einen Wunsch frei«, sagt die Lampe. Der Wirt überlegt nicht lange und sagt: »Ich hätte gerne 100 Millionen in kleinen Scheinen.«

Es gibt einen Knall, und vor dem Wirt liegen 100 Ferkel mit einer Zitrone im Maul. Verblüfft geht der Wirt zurück zu dem Mann in der Kneipe und sagt: »Ich glaube, die Lampe hat einen Hörfehler. Ich wollte 100 Millionen in kleinen Scheinen, und die Lampe gibt mir 100 Zitronen in kleinen Schweinen.«

Sagt der Mann: »Denkst du etwa, ich wollte einen 50 cm großen Simmel?«