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Es ist sehr verwirrend, in ein Land verschlagen zu werden, wo ganz plötzlich jeder eine fremde Sprache spricht. 1948 hatte ich das Glück, für einen englischen Rundfunksender zu arbeiten, bei dem wir ausschließlich englisch sprachen. Doch sobald ich meinen Fuß vor die Tür des Senders setzte, begannen meine Probleme.
Viele meiner Kollegen tauchten in den tiefsten Teil des Sprachbeckens, ich dagegen war vorsichtiger und prüfte das Wasser erst einmal mit dem großen Zeh.
Mein erstes deutsches Wort war Bestimmt!
»Weckst du mich morgen früh?«
»Ja, mache ich.«
»Bestimmt?«
Es ist ein sehr nützliches Wort, eines, wie wir es im Englischen nicht haben.
Ein anderes großartiges deutsches Wort ist Na?
Es ist eine Frage, eine Kritik, eine Warnung oder ein Anzeichen von Unsicherheit. Ich liebe Vielzweckwörter.
Treffen sich zwei U-Boote im Urwald.
Sagt das eine zum anderen: »Na?«
Erwidert das andere: »Na und?«
Selbstverständlich gibt es viele Ähnlichkeiten zwischen der deutschen und der englischen Sprache. Ein finger ist ein Finger, eine hand ist eine Hand, ein arm ist ein Arm, und ein leg ist ein - hoppla! Hier fängt der Ärger an! Und dann der, die und das ...
1948 sollten wir eigentlich nicht mit deutschen Mädchen sprechen, aber natürlich taten wir es. Amerikanische Soldaten hatten das gleiche Problem, aber sie taten es auch.
Zwei Amis wollten sich unter die Deutschen mischen und Bier in einem Münchner Gasthaus trinken.
Um nicht entdeckt zu werden, kleiden sie sich wie Bayern, mit derben Schuhen, Socken, Lederhosen, Hosenträgern und Hüten, in denen Rasierpinsel stecken. Sie finden eine Kneipe, treten ein und bestellen Bier. 30 Minuten später schauen zwei amerikanische Militärpolizisten durch die Tür, sehen die beiden und nehmen sie auf der Stelle fest.
Wieso wussten sie, dass es sich um amerikanische Soldaten handelte? Weil es Schwarze waren!
Oder dieser:
»Liebst du mich wirklich?«, fragt das deutsche Mädchen, das mit dem britischen Soldaten tanzt. »Oder ist das deine Pistole?«
Ein anderer britischer Soldat betritt eine Drogerie.
»Ich möchte kaufen Nivea Creme.«
»Fünfundvierzig Pfennige«, sagt die Verkäuferin.
»Ah!«, sagt der Soldat. »Fuunf-und-veerzisch — ist das for die Pfeife?«
»Ja«, nickt die Verkäuferin, »aber auch fürs Gesicht.«
Gewöhnlich waren Barkeeper unsere ersten deutschen Kontakte. Jeder kennt den alten Witz von dem Engländer, der einen »Dry Martini« bestellt und drei Wermut serviert bekommt. Ich habe das häufig gesehen.
Noch komischer war die junge Frau, die entschlossen war, um jeden Preis Deutsch zu lernen. Als sie eine Schale mit Erdnüssen auf der Theke sieht, bittet sie den Barmann, ihr das deutsche Wort für »peanuts« zu sagen. »Penis«, sagte er, ohne mit der Wimper zu zucken.
An dieser Stelle sollte ich erwähnen, dass wir in jener Zeit allesamt unschuldige und prüde Menschen waren. Wir machten alle das Gleiche wie alle anderen auch, aber wir redeten nicht darüber. Selbst Ehepaare sprachen vom männlichen Anhängsel als »dein ... hmm ...«.
Wobei mir einfällt, dass das weibliche Gegenstück wahrscheinlich genauso bezeichnet wurde.
Kein Wunder also, dass die junge Frau, die mit dem Barmann sprach, keinen Schimmer hatte, wie das englische Wort für »Öhh ... hmm« lautete, vom lateinischen Begriff ganz zu schweigen. Also betrat sie ganz unbefangen einen deutschen Lebensmittelladen und verlangte »Ein Pfund Penis!«. Sie wäre wohl höchst überrascht gewesen, wenn sie eines Tages bekommen hätte, was sie bestellt hatte.
Es gab weitere Beispiele für »Besatzungshumor«. Den größten Spaß machte es, deutsche Redewendungen wortwörtlich ins Englische zu übersetzen.
»You are me a stamp!«, war die erste Übersetzung dieser Art, die ich hörte.
Später kamen »It is me completeley sausage!«, »You are heavy on wire«, »Equal goes it loose«, »Goes it you well?« — »Yes. Thank you for the after-question.«.
Oder in einem Restaurant:
»Medium oder durch, Sir?«
»I always like a bloody steak.«
»And some fucking chips, too?«
Eine große Quelle des Vergnügens war das Wort »Fahrt«, denn im Englischen bedeutet fart Furz.
Noch heute lachen britische Besucher über Ein- und Ausfahrt an der Autobahn, und sie fragen sich, ob das mit der Qualität der Speisen zu tun hat, die in einigen Raststätten verkauft werden.
Als ich eines Tages mit meinem Bruder, der zu Besuch war, durch Hamburg spazierte, zeigte er plötzlich unter brüllendem Gelächter auf ein Schild.
»Was ist los?«, fragte ich ihn.
»Sieh mal, was da steht! Spark-arse (Blitzarsch)!« johlte er, während ihm die Lachtränen übers Gesicht liefen.
Er hatte bis dahin noch nie eine Sparkasse gesehen! Da verwundert es nicht, dass viele von uns die Sprache nie richtig gelernt haben.