77766.fb2 In Sachen Kain&Abel - читать онлайн бесплатно полную версию книги . Страница 31

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Erhöhter Einsatz

Wie in allen Ländern mit sprunghafter Wirtschaftsentwick­lung brechen auch in Israel Banken aller Größenordnungen zusammen. Manchmal kommt das Finanzministerium auf dem Weg über die Nationalbank einem in Schwierigkeiten gerate­nen Privatunternehmen zu Hilfe, teils um eine Kettenreaktion auf dem Geldmarkt hintanzuhalten und die wütende Öffent­lichkeit zu beruhigen, teils um andere Banken zum Zusam­menbruch zu ermutigen.

Stucks, unser pfiffiger Installateur, hat diesen Mechanismus durchschaut und entsprechende Konsequenzen daraus gezo­gen:

»Hallo. Kann ich Herrn Horowitz sprechen?«

»Am Apparat.«

»Ist das Herr Horowitz, der Gouverneur der Israelischen Na­tionalbank?«

»Ja.«

»Hier ist Stucks.«

»Wer?«

»Der Installateur Stucks. Herr Horowitz, ich bin in Schwie­rigkeiten.«

»Wie bitte?«

»Die Wirtschaftskrise bringt mich um, Herr Horowitz. Ich war immer ein ehrlicher Mann, fragen Sie die Leute, für die ich arbeite. Stucks ist ein Symbol der Zuverlässigkeit, Stucks ist ein Felsen. Aber seit diese Rezession begonnen hat, bin ich so nervös wegen der allgemeinen Lage, daß ich den Einsatz erhöht habe!«

»Welchen Einsatz?«

»Den von Wechsler. Wir spielen beinahe jeden Abend Poker, müssen Sie wissen. Gestern waren 400 Shekel in der Bank, ich hatte drei Könige und dachte mir: >Im Land herrschen Ar­beitslosigkeit und Inflation, also warum sollte ich nicht den vierten König kaufen?< Im selben Augenblick sagte Wechsler: >Diese 400 und noch 600!< Was bleibt mir übrig, als die An­zahlung von Steiner & Co. zu nehmen, 2000 Shekel für die Leitungsrohre, schließlich habe ich drei Könige in der Hand -«

»Warum erzählen Sie mir das alles, Herr Stucks?«

»Es ist eine Sache des öffentlichen Interesses, Herr Horowitz, Sie werden gleich sehen. Ich setze also die zweitausend She­kel, kaufe zwei Karten, der vierte König kommt nicht - und Wechsler hat drei As. Das ganze Geld ist weg. Ich sage Ih­nen, Herr Horowitz, die Regierung schafft eine Atmosphäre von solcher Unsicherheit, daß man nicht mehr klar denken kann.«

»Zweitausend Shekel sind kein horrender Betrag.«

»Ja, wenn es nur die zweitausend Shekel wären! Aber ich ziehe auch in anderen Partien die Zahlungen meiner Ge­schäftspartner heran. Bis jetzt sind es 12 000 Shekel.«

»Und was sagen die Geschäftspartner dazu?«

»Sie wissen noch nichts davon. Deshalb rufe ich Sie ja an, Herr Horowitz. Es ist noch nicht zu spät.«

»Was stellen Sie sich vor?«

»Zuerst einmal müssen wir warten, bis Ruhe eintritt. Wenn der Gouverneur der Bank von Israel keinen Skandal haben will, dann wird es keinen Skandal geben. Alles hängt von ei­ner ruhigen Entwicklung ab. Man kennt mich weit und breit als einen ehrlichen Menschen, Herr Horowitz. Sollte es sich herumsprechen, daß ich Geld veruntreut habe, werden alle Leute sagen: Um Himmels willen, wenn sogar Stucks so etwas tut, dann sind wir am Ende. Die öffentliche Moral steht auf dem Spiel, Herr Horowitz! Sie müssen sich Ihrer Verantwor­tung gewachsen zeigen.«

»Bin ich für Ihr Hasardieren verantwortlich?«

»Aber ich hatte drei Könige.«

»Tut mir leid, lieber Freund. Sie müssen sich selbst aus die­sem Schlamassel herausarbeiten.«

»Daran habe ich schon gedacht, Herr Horowitz. Es geht nicht. Mein Laden ist nur auf 6000 Shekel versichert. Das ist zu wenig. Aber wenn Sie meinen Geschäftspartnern sagen, daß Sie persönlich für alles haften, wäre das Problem gelöst. Andernfalls käme es zu einem fürchterlichen Skandal mit ge­richtlichen Klagen und Zeitungsartikeln und öffentlichem Ge­stank. Haben Sie Steiner schon einmal wütend gesehen? Sein Gesicht wird knallrot, die Adern auf seiner Stirn treten hervor -es ist ein furchtbarer Anblick.« »Das hätten Sie vorher bedenken sollen.« »Ich habe Sie nicht um Ratschläge gebeten, Horowitz, son­dern um Hilfe. Wenn Sie darauf bestehen, lasse ich meinen Laden auf Sie oder Ihre Frau überschreiben. Aber geben Sie mir 15 000 Shekel als Überbrückungshilfe!«

»Vorhin sprachen Sie doch von 12 000?«

»Am Sonntag spielen wir wieder.«

»Sie sind unverschämt!«

»Was bin ich? In einer Klemme bin ich, das ist alles. So et­was kann ja schließlich passieren. Und dann steht man als steuerzahlender Bürger da und die Regierung hilft einem nicht. Wollen Sie eine Panik unter der Bevölkerung hervorrufen? Überlegen Sie sich doch, mein lieber Herr Horowitz, was ge­schehen wird, wenn zehn oder zwölf erbitterte Auftraggeber über mich herfallen und ihr Geld zurückverlangen. Geschrei, Lärm, ein Auflauf, ein Überfallkommando, Polizei, Journa­listen, Rundfunk und Fernsehen - das hat uns in unserer angespannten politischen Lage gerade noch gefehlt. Und das wollen Sie, Herr Horowitz, provozieren!«

»Aber -«

»Soll ich vielleicht zum Islam übertreten?«

»Nein, natürlich nicht.«

»Dann schicken Sie mir morgen das Geld. Mit dem ersten Panzerwagen, den Sie finden. Gleich in der Früh. Womöglich in kleinen Scheinen.« »Und wie wollen Sie es zurückzahlen?« »Zurückzahlen? Ich habe geglaubt, es ist eine Subvention.« »Es ist ein Darlehen, das Sie zurückzahlen müssen.« »Dann werde ich es in Gottes Namen am Montag zurückzah­len. Dann werde ich eben am Sonntag den Einsatz nicht erhö­hen. Oder nur, wenn ich vier Könige habe.« »Das ist keine Lösung, Herr Stucks.« »Also gut. Vier As.«